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Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Die Schattenseherin: Roman (German Edition)

Titel: Die Schattenseherin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Hunter
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zitterte. Vorsichtig zog er sie fester an sich, und Zoe drückte sich bereitwillig an ihn. Seine Worte hallten in ihr nach – er hatte es verhindern wollen? Sie hob den Kopf. »Hättest du ihn retten können?«, fragte sie ihn.
    Er mied noch immer ihren Blick, aber die Kraft seiner Umarmung hatte nicht nachgelassen. Langsam, sehr langsam nickte er. »Ihn, Ezekiel – wenn ich nur wüsste, wer es ist«, murmelte er, und Zoe konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er nicht nur zu ihr sprach.
    Er senkte den Kopf und blickte ihr zum ersten Mal, seit Beginn des Traumes, direkt in die Augen. Das rote Glühen darin wirkte nicht beängstigend – es hatte die Farbe von Glut, die kurz davor war, zu verlöschen. »Ich werde den Namen des Täters herausfinden, Zoe. Und dann wirst du mich auch endlich los sein. Ich verspreche es dir.«
    Zoe schüttelte den Kopf. In ihr stritten der Wunsch nach einem Ende dieser Mordserie, dem Wunsch nach Erklärung für Adrians Tod gegen die Angst, dass Cale sie nicht mehr in ihren Träumen aufsuchen würde. »Bleib«, war alles, was sie sagen konnte, und erstaunt sah er ihr ins Gesicht. Zoe beugte sich einfach vor und küsste ihn. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich küssten, aber anders als all die Male zuvor war dieser Kuss nicht von Lust oder Verlangen geprägt. Diesmal lag nur eine einzige Bitte in dieser Geste: Zoe bat ihn zu bleiben. Sie wollte ihn nicht gehen lassen.
    Als er den Kuss erwiderte, spürte sie eine ebenso verzweifelte Antwort. Er wollte bei ihr sein, mit ihr zusammen sein, aber etwas hielt ihn davon ab.
    Plötzlich schob er sie von sich; Angst flackerte in seinen Augen. »Du musst aufwachen«, sagte er heftig und sah sich gehetzt um. »Jetzt, Zoe, wach auf!«
    Und Zoe schlug die Augen auf.

Vierzehntes Kapitel
    Engel
    Er war mit einem Mal da, und seine Präsenz erfüllte die gesamte Wohnung. Cale hatte die Augen noch immer geschlossen, aber selbst durch seine Augenlider hindurch sah er das gleißende Licht, mit dem der Engel die Wohnung betreten hatte.
    Noch immer hörte er Zoes Stimme, spürte ihre Nähe und auch seine eigene Schuld und Verwirrung, weil sie einander begegnet waren, ohne dass er sie berühren konnte. Es musste mit dem Blut zusammenhängen, das sie von ihm getrunken hatte, aber Cale konnte sich nicht weiter damit beschäftigen, denn die unmittelbare Gefahr vor ihm löschte alles andere aus. Er erwartete halb, wieder seinen Angreifer aus der Gasse zu sehen, aber dieser Engel war anders. Sein Haar war blond, seine Schwingen waren kleiner und nur zwei an der Zahl, aber nichtsdestotrotz beeindruckend. Sie füllten den Raum, knisterten leise, wenn die Federn aneinanderrieben.
    Der Engel selbst starrte Cale an, und in seinem Blick lagen Triumph und reine Mordlust. »Habe ich dich endlich«, zischte er, und Feuer brannte mit einem Mal in seiner Handfläche.
    Cale, noch immer ein wenig desorientiert, saß auf dem Bett und rollte sich so schnell es ging zur Seite. Sein Schwung riss ihn vom Bett und ließ ihn hart daneben auf den Boden aufschlagen; keine Sekunde zu früh. Fauchend fraß der Feuerball aus der Hand des Engels sich in Desmonds Bett und hinterließ ein leise zischendes Loch, das bis auf den Boden reichte. Der Gestank von verbrannten Teppichfasern erfüllte die Luft und stach in Cales Nase.
    ›Raus hier‹ , brüllte Caes in seinem Kopf, und Cale spürte, wie der Dämon ihn in die Hölle ziehen wollte, um fliehen zu können, aber das Ziehen brach abrupt ab.
    »Du bleibst hier, bis ich habe, was ich will«, knurrte der Engel, und diesmal loderten Flammen in seinen beiden Händen.
    Cale unterdrückte einen Schrei und duckte sich abermals, als die prasselnden Kugeln die Wand hinter ihm zerfetzten. Noch aus der Hocke stieß er sich ab und umklammerte im Sprung die nackte Taille des Engels, der durch die Wucht des Aufpralls rückwärts taumelte. Cale richtete sich hastig auf und stieß dem Engel seinen Kopf unter das Kinn. Etwas Feuchtes traf ihn an der Stirn. Blut. Er hatte diesen geflügelten Schlächter verletzt. Es war kein großer Triumph, dennoch war es ein Triumph, und Cale durchströmte neue Zuversicht. Er lehnte sich zurück, holte aus, und seine Faust traf die gleiche Stelle, die auch sein Kopf schon getroffen hatte.
    Der Engel keuchte und wischte sich das Blut von der Lippe. Er wirkte noch zorniger und warf sich mit ausgestreckten Armen nach vorne. Seine Hände legten sich um Cales Hals, der darum kämpfte, wieder freizukommen.
    Cales

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