Die Schattenseherin: Roman (German Edition)
zwei Männer, die ausholten und Neil die Faust mitten ins Gesicht schlugen. Sowohl Cale als auch Caes hörten befriedigt das laute Knacken, als Neils Nase brach, und bevor der Nephilim sich von dem Angriff erholen konnte, schlug Cale noch einmal zu.
Neil ging keuchend zu Boden, blieb aber bei Bewusstsein. Cale stürzte sich auf ihn, doch diesmal hatte sein Gegner ihn erwartet und rammte Cale die Faust in den Magen. »Wozu?«, hustete der und presste seinen Ellbogen gegen Neils Kehle. Der Nephilim versuchte, sich zu wehren, aber Cale stemmte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Hals seines ehemaligen Freundes.
Neil antwortete nicht, sondern wehrte sich nur stumm gegen Cales Angriffe. Seltsamerweise wurde Cale mit jedem Schlag stärker, schien es ihm.
› Das Tor‹, raunte Caes. › Das Tor zur Hölle gibt dir Kraft – und ich wusste all die Jahre nicht, wo es sich befindet‹, frohlockte der Dämon in Cale. Der hob den Kopf, um das Tor zu sehen, aber alles, was sich ihm präsentierte, war eine klaffende schwarze Spalte im Gestein.
Dieser eine Moment der Unachtsamkeit kostete Cale die Oberhand in seinem Kampf gegen Neil. Der Nephilim blickte auf Cales nackte Brust – und schlug zu. Seine Faust landete genau auf der Rune, und Cale spürte, wie alle Kraft aus ihm wich. Einen solchen Schmerz hatte er noch nie verspürt; es war, als würde das Leben direkt aus der verletzten Rune aus Cale fließen.
Er presste die Hand darauf und spürte Blut herausströmen. Blut und noch etwas anderes. Und während er begriff, dass er dabei war, zu sterben, explodierte das Licht direkt vor ihm.
Neunzehntes Kapitel
Abschied
Gerade als Zoe die Halle vor dem Höllentor betreten hatte, sah sie ein gleißendes Licht, das sie blendete. Desmond vor ihr ging zu Boden, und kurz darauf sah Zoe nichts mehr. Sie spürte nur das Licht um sich herum, warm, einhüllend, wie ein Sonnenstrahl am Morgen. Die Kälte fiel von ihr ab, und sie breitete in einer instinktiven Geste die Arme aus. Sie wollte mehr von dieser Wärme, mehr von der Ruhe, die darin lag. Selbst die Sorge um Cale wurde für einen winzigen Moment gedämpft.
Die Ruhe hielt nicht lange an. Das Licht zog sich zusammen, ballte sich zu der Figur einer Frau, die direkt über Cale schwebte, den Blick auf dessen Brust gerichtet. Ihre Haut war hell, fast weiß, und die roten, kurzen Haare erinnerten Zoe an reines Kupfer. Die Frau war nackt, ihr Körper schlank mit kleinen, festen Brüsten. Sie legte den Kopf schief und hob ihn dann, um auf die beiden Männer zu blicken, deren Rücken Flügel zierten und die sich gegenseitig im Kampf umklammert hatten, der durch das Auftauchen der Frau unterbrochen worden war. Beide starrten sie an, als sie die Beine ausstreckte und ihre Füße auf den Boden stellte.
»Luzifer«, murmelte einer der Männer, den Zoe nun als Uriel erkannte. »Morgenstern.«
Zoe hob angesichts des Namens die Braue. Luzifer? Der Teufel sollte eine androgyne Frau sein, die sich gerade aus Licht geformt hatte? Allerdings schien das auch nicht abwegiger zu sein als alles, was sie bisher miterlebt hatte.
Luzifer ging langsam über den Boden auf Uriel zu. Sie lächelte – es war kaum wahrzunehmen, aber Zoe stand nah genug bei den beiden, um es zu sehen.
Der Moment schien stillzustehen. Keiner sprach. Doch plötzlich ertönte ein Schrei. Der große Mann bei Cale richtete sich auf, einen Dolch in der Hand, den er aus einer Scheide an seinem Gürtel gezogen hatte, und holte aus. Sein Arm fuhr hinab und schlitzte die Haut an Luzifers nacktem Arm auf. Das hübsche Gesicht des ersten Engels verzog sich nicht einmal. Sie hob nur den verletzten Arm und sah unbewegt auf das hervorperlende Blut. Sie bewegte die Finger in einer zierlichen Geste, und der Hüne wurde in die Luft gerissen und mehrere Meter über dem Boden gegen die Wand gepresst. Der Dolch rutschte ihm dabei aus den Fingern, und Zoe konnte nur noch sehen, wie durch den Fall einige der Blutstropfen auf der Schneide durch die Luft geschleudert wurden und ihren Mund trafen. Sie konnte nicht schnell genug reagieren, schluckte reflexartig – und verstand dann erst, was sie getan hatte.
Die Reaktion kam unmittelbar, und zum ersten Mal war sie sanft und friedlich. Zoe sah ein Ende.
Er tritt an ihre Seite und streicht ihr das Haar über die Schulter, bis es weich über ihren nackten Oberkörper fällt. Ein Fauchen ertönt, das vertraute Geräusch von Flammen, und sie wappnet sich. Aber als er beginnt, die Flammen durch
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