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Die Schattensurfer (German Edition)

Die Schattensurfer (German Edition)

Titel: Die Schattensurfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wiest
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Möglichkeiten. Vor Luan stülpte sich mit einem Ploppen der nächste Buckel aus. Eine Schneefontäne spritzte in die Luft. Luan riss sein Board nach rechts. Der Schnee wurde härter. Er knirschte unter den Kanten. Und wieder knirschte es. Diesmal war es nicht sein Board. Luan warf einen Blick über die Schulter. Ein Sipo lächelte ihm zu, keine fünf Boardlängen entfernt. Er streckte seine Hand aus, bereit, Luan zu packen.
    Luan fuhr einfach zu langsam. Vor ihm lag ein großer Trichter. Er hielt darauf zu, wich keinen Millimeter aus. Und dann raste er direkt in den Trichter hinein.
    Sein Verfolger bremste im allerletzten Moment ab und schwang links um den Trichter.
    Genau in dem Augenblick, als Luan den tiefsten Punkt des Trichters erreicht hatte, stülpte sich dieser aus und katapultierte Luan in die Höhe. Wie ein Skispringer flog Luan davon und landete mit einem Vorsprung von gut 30 Metern. Er schlug hart auf. Seine Knie knirschten, aber er hatte wertvolle Meter gewonnen. Luan suchte die Piste nach weiteren Trichtern ab, stürzte sich in den nächsten und ließ sich erneut nach vorne schleudern. Luans Herz pumpte. Er hatte keine Kraft mehr. Seine Oberschenkel zitterten. Er konnte sich kaum noch auf dem Board halten. Er würde keinen weiteren Sprung mit einem Trichter durchstehen. Der Berg schien dies zu erkennen. Die Piste vor ihm neigte sich flacher. Die Buckel und Vertiefungen verschwanden fast völlig. Er verlor an Geschwindigkeit.
    Für die Sipos blieb die Piste steil und Luans Vorsprung schmolz wie Vanilleeis in der Sonne.
    Da piepste Luans ceeBand. Luan drehte sein Handgelenk und sah: Passwort korrekt. Zugang zum Zentralrechner des Golden Surfers genehmigt.
    Auf dem Display pulsierte der Berg immer noch mit all den Zahlen, Millimetern und Sekunden, aber jetzt konnte er die Zahlen selbst verändern. Er verschob den Wert für einen klitzekleinen Trichter vor ihm. Dahinter lag eine riesige Gletscherspalte. Luan zog den Trichter tiefer und tiefer. Ein letzter Sprung. Luan stürzte in den Trichter. Für einen Augenblick verschwand er darin vollkommen. Dann spürte er einen Schlag, als würden seine Oberschenkelmuskeln zerreißen. Wie eine Rakete schoss er heraus und flog über die Gletscherspalte. Er hatte keine Kraft mehr, die Landung durchzustehen. Er überschlug sich. Er stürzte. Der eisige Schnee war plötzlich überall. In seiner Nase, in seinen Ohren und unter dem T-Shirt. Er spuckte aus, wischte sich den Schnee vom Gesicht.
    Auf der anderen Seite der Gletscherspalte bremsten die vier Sipos scharf ab. Ruhig standen sie dort und lächelten. Sie wechselten kein Wort, als wüssten sie haargenau, was zu tun sei. Auch eine Gletscherspalte war in der Welt des Golden Surfers nicht von Ewigkeit. Sie würde sich gleich wieder auflösen, verändern, verschieben.
    Luan strampelte sich aus dem Schnee frei. Er tastete nach seinem linken Handgelenk. Beruhigt fühlte er die glatte Oberfläche des ceeBands. Er streifte den Schnee ab.
    Auf dem kleinen Display sah er, wie die Gletscherspalte, die ihn für den Augenblick von den Sipos trennte, langsam wieder zusammenwuchs. Luan rieb seine Hand am T-Shirt trocken, so gut es eben ging. Dann berührte er die Zahlen, die sein Display für die Gletscherspalte anzeigte. Er zog sie tiefer, immer tiefer und breiter hinüber zu den Sipos. Die standen einfach nur da und sahen den Rand der Gletscherspalte auf sich zukommen, wie ein riesiges Ungeheuer, das seinen Rachen aufriss und alles verschlang. Sie schenkten der Gletscherspalte keine Aufmerksamkeit. Sie schienen überzeugt, dass die Gletscherspalte vor ihnen stoppen würde. Bis zum letzten Augenblick standen die Sipos regungslos da. Und dann fielen sie einfach hinein, in den Schlund der Gletscherspalte, verschwanden darin, wie aufgefressen.
    Luan atmete nervös. Er musste nur noch die Zeit verändern. Er verlängerte die Dauer der Gletscherspalte auf eine halbe Stunde. Das würde reichen. Dann loggte er sich aus dem Zentralcomputer des Golden Surfers aus. Niemand sollte seine Spuren entdecken.
    Luan klopfte den restlichen Schnee ab. Er versuchte aufzustehen. Seine Beine zitterten. Die Muskeln brannten. Er konnte sich kaum aufrichten. Eine Ewigkeit verging, ehe er wieder auf den Füßen stand. Seine Knie schwammen. Es fühlte sich an, als würden seine Beine jeden Augenblick zusammenklappen. Zitternd tastete er nach seinem Board. Schob seine Füße vorsichtig darüber. Das schmatzende Geräusch der Magnetverriegelung beruhigte

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