Die Schattensurfer (German Edition)
funktioniert. So wie es später euer Protrektor für RUHL machen wird.“
Doktor Tornham hielt ein breites Stirnband hoch. Über ein Lichtkabel war es mit dem Computer verbunden.
„Dieses Stirnband überträgt die Gedanken an den Computer. Ein Übungsprotrektor ist eingebaut. Wir werden einen kleinen Test durchführen. Einer von euch darf das Stirnband aufsetzen und versuchen, all seine Gedanken zu notieren. Gleichzeitig wird der Übungsprotrektor die Gedanken aufzeichnen. Obwohl der Übungsprotrektor nicht auf euch eingestellt ist, arbeitet er einigermaßen genau. Wir werden die aufgezeichneten Gedanken vergleichen. Lasst euch von dem Ergebnis überraschen. Und das Beste dabei ist: Ihr erhaltet für diesen kleinen Test bereits 500 Punkte, die euch zur Kristallfeier gutgeschrieben werden. Na, wer möchte es als Erstes versuchen?“
Fast alle Finger schnellten hoch. Sansibar hatte ein komisches Gefühl. Sie musste an ihre Mutter denken, und genau diesen Gedanken wollte sie nicht mit der Maschine teilen. Ansonsten alles. Aber nicht, wenn sie an ihre Mutter dachte. Sie hatte doch nur dieses eine Bild von Mama.
„Moritz, du darfst anfangen“, sagte Doktor Tornham.
Moritz strahlte. Er riss seinen Stuhl um, als er aufsprang und nach vorne sauste.
Doktor Tornham lächelte nachsichtig. Er drückte Moritz das Stirnband auf den Kopf, brachte es in die richtige Position und startete den Computer.
„Und was ist? Merkst du etwas?“, rief Hannah.
Moritz schüttelte den Kopf.
„Du musst deinen Kopf schon stillhalten“, mahnte Doktor Tornham. „Der Übungsprotrektor ist nicht an dich angepasst. Er muss genau auf der richtigen Position sitzen, sonst kann er die Gedanken nicht genau lesen.“ Doktor Tornham rückte das Stirnband ein paar Millimeter nach links.
„Moritz, zur Kontrolle gibst du jetzt alle Gedanken mit der Tastatur in den Computer ein. Auf drei geht es los. Eins, zwei, drei!“
Moritz schnappte sich die Tastatur und legte los. Die Tasten klapperten. Moritz tippte rasend schnell.
Gespannt saß die Klasse da. Keiner sagte ein Wort. Niemand tuschelte.
Sansibar versuchte, den Gedanken an ihre Mutter zu verscheuchen, aber je mehr sie sich bemühte, umso stärker drängte sich das Bild mit dem orangefarbenen T-Shirt in den Vordergrund. Es wollte einfach nicht verschwinden.
Nach fünf Minuten unterbrach Doktor Tornham die tastenklappernde Stille: „Ich denke, das reicht für unseren kleinen Test.“
Moritz streifte das Stirnband ab und schüttelte die Finger aus.
„Kinder, lasst uns nun das Ergebnis ansehen. Was denkst du, Moritz, wie viele deiner Gedanken hast du aufgeschrieben?“
„Na alle. Ich habe alle Gedanken aufgeschrieben. Keiner ist mir durchgerutscht“, sagte Moritz. „Ich kann schnell genug tippen.“
„Bist du dir sicher?“
„Klar, ganz sicher.“ Moritz nickte. „Ich weiß doch, was ich denke.“
Doktor Tornham drückte den Ergebnisschalter. Ein kleines Hologramm leuchtete über dem Computer und zeigte: „45%. Gratulation, Moritz, du hast es geschafft, fast die Hälfte deiner Gedanken aufzuschreiben.“
„Das kann nicht sein. Ich habe alle Gedanken notiert“, beschwerte sich Moritz. „Welche Gedanken soll ich denn vergessen haben?“
Doktor Tornham ging zu Moritz und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Die Hälfte, das ist ein sehr guter Wert. Nicht viele schaffen das auf Anhieb. Was du vergessen hast, kann ich dir leider nicht sagen. Die Gedanken werden verschlüsselt. Das dient zu deinem eigenen Schutz. Nur du kannst sie abrufen, niemand sonst. Möchtest du sie sehen?“ Doktor Tornham reichte Moritz eine Bildschirmbrille. Hier, damit kannst du dir deine Gedanken alleine ansehen.“
Das Hologramm erlosch, als Moritz die Brille überstülpte. Plötzlich wurde Moritz bis über beide Ohren rot. Er stotterte und klang verwirrt: „Nein, nein, das habe ich nicht gedacht. Bestimmt nicht. Ich hatte mir ganz fest vorgenommen, nicht daran zu denken.“
„Das macht doch nichts, Moritz“, sagte Doktor Tornham. „Das geht jedem so. Aber deine Gedanken bleiben dein Geheimnis. Niemand außer dir kann sie ansehen. Gratuliere, Moritz. Du hast gerade 500 Punkte verdient.“
Sansibar verstand das nicht. Es ließ ihr keine Ruhe. Sie reckte ihre Hand in die Höhe und schnippte: „Aber wie helfen meine Gedanken RUHL, wenn nur ich sie sehen kann?“
„Gute Frage“, sagte Doktor Tornham. „Kein anderer Mensch kann auf deine Gedanken zugreifen, aber RUHL selbst nutzt sie für
Weitere Kostenlose Bücher