Die Schattensurfer (German Edition)
Frage. Was schlägst du denn vor?“, fragte Chris herausfordernd.
„Entschuldigung“, murmelte Luan. „Mir fällt heute gar nichts ein. Ich muss immer nur an den Golden Surfer denken.“
Und so verging der Tag, ohne dass eine geniale Idee darunter war. Auch am nächsten und übernächsten Tag hatten sie keinen Einfall, der alle begeisterte. Entweder fand Nele Chris’ Idee blöd oder Chris hackte auf Neles Idee herum. Pablo fiel wenig ein und wenn Emil es wagte, eine Idee vorzustellen, fielen alle über ihn her. Nick sprach in den drei Tagen kaum ein Wort.
Die Aufgabe war doch schwerer als erwartet.
Am meisten genoss Luan die Spaziergänge mit Pablo und Nacho. Jeden Abend begleitete Luan die beiden. Er begann sogar Nacho zu mögen. So ein echter Hund war gar nicht übel, auch wenn man ihn nicht abschalten konnte, wenn er nervte. Pablo führte Luan durch die geheimnisvolle Schattenstadt. Sie zogen immer größere Kreise und Pablo erklärte, wo es gefährlich war und wo sie sich einigermaßen sicher bewegen konnten. Am besten war es, niemandem zu begegnen. Sobald sie Schritte hörten, versteckten sie sich im nächsten Hauseingang, drückten sich hinter Tonnen oder huschten in Ruinen. Es gab jede Menge Gesindel und Banditen. Aber auf gar keinen Fall durfte man Garmal-Sammlern begegnen. Vor ihnen fürchteten sich sogar die Sipos. Wegen der Garmal-Sammler wagten sich die Sipos nicht in die Schattenstadt, wusste Pablo.
Luan und Pablo waren wieder einmal auf einem ihrer Spaziergänge unterwegs. Es war schon dunkel. Den ganzen Tag hatten sie nach neuen Ideen gesucht, aber außer einem Sahnetortenpark, in dem die Besucher mit Sahnetorten beworfen werden, Dinosaurierreiten und Bootsrennen in turboschnellen Badewannen war ihnen heute nichts eingefallen. Wer wollte sich schon mit Sahnetorten bewerfen lassen? Und auf einem Dinosaurier zu reiten, war sicher nicht aufregender als auf einem der zotteligen Weltraumschweine, die es längst im Lunapark gab. Pablo überlegte gerade, wie man einen See für die turboschnellen Badewannen anlegen könnte, da stolperte Luan über ein Brett. Er schlug mit den Händen auf den rissigen Asphalt.
„Blödes Teil“, schimpfte er und griff nach dem Brett. Wütend schleuderte er es fort. Das Brett donnerte auf den Boden. Es blieb aber nicht liegen, sondern fuhr surrend weiter und rollte schließlich langsam aus.
„Was ist das?“, fragte Luan.
Pablo zuckte die Schultern. Nacho war längst hinterhergesprungen und brachte das Brett zwischen den Zähnen zurück.
„Schau mal, das Brett hat unten Rollen“, sagte Luan und nahm es Nacho aus dem Maul. Mit den Fingern fuhr er über die Rollen. Sie surrten. Luan drehte das Brett um. Die Oberfläche war rau wie Schleifpapier. Skateboard 2000 stand in dicken weißen Buchstaben darauf. Auch wenn Luan nicht wusste, was das war, gefiel es ihm. Er nahm es mit nach Hause und zeigte seinen Fund den anderen.
„Das ist ein Spielzeug von früher“, erklärte Nele.
„Und wie haben die Kinder damit gespielt?“
„Sie haben sich daraufgestellt und sind damit gefahren. Durch die Stadt, durch den Park, überall sind sie damit gefahren“, erklärte Nele. Sie rückte ihre Brille zurecht.
Aufgeregt stellte Luan das Skateboard vor sich ab. Dann stieg er ganz vorsichtig mit dem rechten Fuß darauf und zog den linken nach. Luan flatterte mit den Armen wie ein Seiltänzer kurz vor dem Absturz.
„Ich kann’s, ich kann’s“, schrie er begeistert.
Nele schüttelte den Kopf. „Quatsch, du musst dich mit einem Fuß abstoßen. Du musst das Ding fahren.“
Unsicher blickte Luan zu Nele. Meinte sie das wirklich ernst? Nele nickte. Luan hob seinen hinteren Fuß und stieß sich vom Boden ab.
Mit surrenden Rollen glitt das Skateboard über den glatten Boden des Aufenthaltsraums. Viel zu schnell. Luan ruderte mit den Armen. Es half nichts. Luan kam aus dem Gleichgewicht. Das Skateboard fuhr einfach unter ihm hindurch und Luan donnerte auf seinen Hintern. Mann, tat das weh. Die Schattensurfer grölten. Selbst Pablo gluckste.
Luan kochte vor Ärger. Er würde es ihnen schon noch zeigen. Heimlich würde er üben, heute Nacht draußen, wenn alle schliefen. Nur Nacho dürfte mitkommen.
Es war kurz vor Mitternacht, als Luan mit seinem Skateboard die Straße vor dem Quartier der Schattensurfer hinunterfuhr. Die Rollen sirrten über den Asphalt. Der Boden war nicht so glatt. Hier draußen lief es viel besser, auch wenn seine Knie schrecklich zitterten.
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