Die Schattensurfer (German Edition)
Nacho galoppierte hechelnd neben ihm her.
Und plötzlich sah Luan den silbern gleißenden Lichtschein. Das Licht strahlte aus einer Einfahrt, direkt vor ihm.
Luan erschrak. Das mussten Garmal-Sammler sein. Das silberne Licht. Pablo hatte davon erzählt. Entsetzt schwang Luan zur Seite. Das Skateboard kippte. Er hatte es nicht mehr unter Kontrolle. Luan stürzte. Er überschlug sich und donnerte mit dem Knie gegen eine Blechtonne. Benommen rollte er sich dahinter.
Im nächsten Augenblick glitt das silberne Licht hinaus auf die Straße. Luan tastete neben sich, hoffte, das zottelige Fell zu spüren, aber er griff nur in eine leere Konservendose. Scharfes Blech drückte in seine Hand. Mit den Fingern fühlte er etwas Schmieriges. Wo war Nacho geblieben? Zitternd spähte Luan an der Tonne vorbei. Er wagte nicht zu atmen.
Auf der Straße sah er eine Gruppe schwarz gekleideter Menschen. Alle trugen bodenlange Mäntel. Die Kapuzen hatten sie weit ins Gesicht gezogen. Unter ihren schwarzen Mänteln strahlte silbernes Licht. Ihre Gesichter sahen aus wie Masken, regungslos erstarrt, wie in Wachs gegossen. Ganz langsam bewegte sich die Gruppe. Die Menschen schienen über den Boden zu gleiten, als würden sie ihn nicht berühren. In der Mitte der Gruppe schwebte ein schwarzer Kessel. Aus seinem Inneren dampfte silbernes Licht, so rein und hell, dass Luan nicht hineinzusehen wagte. Das konnte nur Garmal sein.
Pablo hatte ihm von den Garmal-Sammlern erzählt. Sie waren unnahbar. Man durfte ihnen nicht begegnen. Es war lebensgefährlich, sie zu stören.
Schweigend zogen die Garmal-Sammler weiter. Luan drückte sich hinter die Tonne. Er spannte alle Muskeln an. Gleich hätte er es geschafft.
In diesem Moment sprang etwas Schwarzes, Zotteliges auf die Garmal-Sammler zu. Begeistert bellte Nacho die Garmal-Sammler an. Wie ein Teppichklopfer wedelte sein Schwanz.
Die Garmal-Sammler beachteten den Hund nicht. Sie glitten einfach weiter. Nur der Letzte drehte sich um. Sein Umhang und die Kapuze verrutschten. Da sah Luan: Es war eine Frau. Ihre silbergrau durchzogenen Haare reichten fast bis zu den Hüften. Die Garmal-Sammlerin streckte Nacho ihre Hand entgegen.
Nacho schlabberte mit seiner Waschlappenzunge darüber. Für einen Moment meinte Nacho ein Lächeln in dem wächsernen Gesicht zu erkennen. Und vorne auf dem Umhang zeichnete sich silber in silber wie mit einem Stempel geprägt eine Blume ab. Aber nur für einen winzigen Augenblick. Dann drehte sich die Frau mit einem Ruck um und folgte den anderen.
Die Gruppe glitt weiter. Endlich verschwand sie hinter der nächsten Kurve. Der silberne Lichtschein verlor an Kraft, bis er sich schließlich in der Dunkelheit aufgelöst hatte.
Luan atmete ganz tief. Er versuchte seinen Puls zu beruhigen. Doch der raste einfach weiter und seine Knie zitterten, wie von einem Presslufthammer angetrieben.
Nacho kam mit dem Skateboard zwischen den Zähnen zurück. Polternd ließ er es gegen die Tonnen fallen. Nachos dunkle Augen strahlten Luan an.
Luan zog sich an dem zotteligen Hund hoch. Mit wackeligen Beinen, als wäre es das erste Mal, stieg er auf das Skateboard und wollte so schnell wie möglich zurück ins Quartier der Schattensurfer. Doch wo er vorhin die abschüssige Straße mit sirrenden Kugellagern heruntergesaust war, musste er nun mühsam anschieben. „Das Ding bräuchte einen Motor.“
12 DIE IDEE MIT DEM BRETT
Natürlich kam Luan wieder als Letzter zum Frühstück. Die anderen lümmelten längst auf den Sofas und brüteten über ihren Hologrammen. Nele schien eine ausgezeichnete Idee zu haben, der niemand widersprach.
Dafür moserte Chris Luan an: „Hör mal zu, Mister Superhirn, wir sind hier zum Arbeiten, haben das weltbeste Projekt bekommen und du pennst bis Mittag. Das ist total asozial.“
Ein wenig vorwurfsvoll fügte Pablo hinzu: „Was hast du letzte Nacht mit Nacho angestellt? Der ist ja völlig fertig. Schläft den ganzen Vormittag.“
Luan schlang sein Toastbrot hinunter. Er wollte das Frühstück so schnell wie möglich beenden. Zwischen Brotkrümeln spuckte er sein Abenteuer von letzter Nacht hervor.
Die anderen starrten ihn an. Als Luan fertig erzählt hatte, sprang Nele auf und schrie: „Luan, du spinnst doch komplett! Du kannst nicht nachts alleine in der Schattenstadt herumlaufen. Das ist kein Vergnügungspark. Auch wenn du diesmal Glück gehabt hast, mach das nie wieder! Hast du mich verstanden? Nie wieder!“
Luan entschuldigte sich
Weitere Kostenlose Bücher