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Die Schattensurfer (German Edition)

Die Schattensurfer (German Edition)

Titel: Die Schattensurfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Wiest
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wollte, trat Sansibar einfach drauf. Fluchend ließ er los. Luan fauchte: „Ich bin verletzt. Mich zu verpfeifen ist eine großartige Heldentat. Vielleicht bekommst du sofort einen gelben Kristall, einen uringelben. Ich gratuliere. Dir hat wohl jemand ins Gehirn gepinkelt.“
    Sansibar hockte sich vor Luan. Wie ein V kerbten sich ihre zusammengezogenen Augenbrauen auf der Stirn. Die lila Strähnen züngelten wie Flammen zwischen ihren Haaren hervor. Sie fuchtelte mit dem Zeigerfinger vor Luans Nase herum. „Jetzt pass mal auf, du Spinner. Ich will dich nicht verraten, aber du machst es mir nicht gerade leicht. Die Titelseite irgendeines Jahrbuchs bedeutet mir nichts. Verstehst du: gar nichts. Und jetzt streck bitte dein Bein aus, damit ich es mir ansehen kann.“
    Luan kochte. Diese bescheuerte Großzügigkeit fühlte sich fast noch schlimmer an als ein Verrat. Aber er war hilflos. Er konnte sich nicht dagegen wehren.
    „Wenn du meinst, Fräulein Oberschwester“, stänkerte Luan und versuchte ein arrogantes Lächeln. Aber es tat so weh das Bein auszustrecken, dass er nur ein verquollenes Grinsen zustande brachte.
    Sansibar nahm Luans Bein etwas oberhalb des Knöchels und mit der anderen Hand an den Zehenspitzen. Sie drehte den Fuß hin und her. Luan kam es vor, als würde sie seinen Fuß im Kreis herumdrehen, bis er abfiel. Dann drückte Sansibar auf den Knöchel. Luan jaulte.
    „Stell dich nicht so an“, forderte Sansibar. „Du hast Glück gehabt. Der ist nicht gebrochen, nur verstaucht.“
    „Na vielen Dank“, zischte Luan und biss die Zähne zusammen.
    „Ich hole einen Plasmaverband aus der Erste-Hilfe-Box des Scooters. Der kühlt und sorgt dafür, dass die Schwellung zurückgeht. Dann kannst du wieder aufstehen. Das geht ganz schnell.“
    Luan nickte. Tränen schossen ihm in die Augen, so sehr tat der bescheuerte Knöchel weh. Luan konnte nichts dagegen tun. Jetzt heulte er auch noch, ausgerechnet vor dieser Verräterin.
    „Warte hier. Ich bin gleich zurück“, befahl Sansibar in einem Flüsterton, der wie eine geschüttelte Colaflasche zischte. Dann drehte sie sich um und spurtete los.
    „Mach dir keine Sorgen. Ich laufe nicht weg“, rief Luan ihr grimmig nach. Stöhnend hielt er seinen Fuß. Sansibar war längst in der Dunkelheit verschwunden.
    Mit schweißnassen Fingern wischte Luan über sein ceeBand. Er musste Pablo erreichen. Vielleicht hatte es sein Freund längst zurück in die Schattenstadt geschafft.
    „Pablo, Hilfe! Ich liege hier im Hof. Knöchel verstaucht. Das Mädchen hat mich entdeckt“, tippte er in seinen Bildschirm.
    Doch das ceeBand schickte den Text nicht einmal ab. Es piepste nur beleidigt, so wie immer, wenn es keine Verbindung fand.
    Verdammt, er musste hier verschwinden. Vielleicht konnte er sich in der Lagerhalle verstecken. Mit den Händen versuchte er sich rückwärts zu ziehen. Dort drüben war eine Rampe, die in die Lagerhalle führte. Das war seine Chance. Wenn es sein musste, würde er sich auch in einem Fass Sauerkraut verstecken. Klappernd zog er sein Skateboard nach.
    Sansibar kam immer noch nicht zurück. Vielleicht suchte sie gar nicht nach der Erste-Hilfe-Box, sondern nach ihrer Freundin oder den Sipos.
    Luan spürte die Metallkante der Rampe unter seinem Po. Jetzt hatte er es gleich geschafft. Immer wieder drückte er sich mit den Händen ab und schob sich Stück für Stück die Rampe rückwärts hinauf. Schweiß lief ihm übers Gesicht. Er brannte in den Augen und schmeckte salzig und nach Dreck. Endlich hatte Luan die Ladeplattform erreicht. Das Tor stand weit offen. Ein rostiges Sauerkrautfass hinderte es am Zufallen. Der goldene Schriftzug Etzingers feines Sauerkraut glitzerte unter einer mückenverklebten Glühbirne.
    Gerade wollte sich Luan über die Schwelle drücken, im Dunkel der Lagerhalle untertauchen, da hetzte Sansibar um die Ecke. Verdutzt blieb sie dort stehen, wo er gerade noch gelegen hatte.
    „Luan, wo bist du?“, zischte sie viel zu laut über den Hof. Sie drehte sich um, suchte alle Richtungen ab.
    Luan lehnte sich zurück, wollte verschwinden, doch da hatte sie ihn schon entdeckt. In wenigen Schritten war Sansibar bei ihm.
    „Du Idiot“, murmelte sie. „Mit dem Knöchel schaffst du es nie. Wohin wolltest du überhaupt?“
    „Über die Mauer, zurück in die Schattenstadt“, murmelte Luan.
    „Die Mauer? Was ist hinter der Mauer? Was willst du dort?“, fragte Sansibar und schnappte sich Luans Bein. Sie streifte seinen Schuh ab und

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