Die Schattensurfer (German Edition)
Stimme: „Chris, Nick, zwei Wochen Hausarrest. Diese Unverschämtheit verbitte ich mir.“
Luan konnte es nicht fassen. Marc war es doch gewesen, der gestern vor Begeisterung glühte. Marc hatte gesagt, dass sie den Wettbewerb gewinnen würden. Ganz sicher. Was sollte dieser Auftritt. „Aber Marc, du hast doch …“, warf Luan zaghaft ein. Es wäre überhaupt kein Problem, den RainbowRider zu verbessern. Natürlich war er noch nicht fertig. Niemand hatte das behauptet. Aber immerhin hatten sie schon einen Prototyp gebaut.
„Luan, gerade von dir hätte ich mehr erwartet“, mischte sich Kalawesi ein und klang wie ein enttäuschter Vater.
„Aber der RainbowRider macht riesigen Spaß. Er ist verdammt cool. Jeder liebt ihn. Bitte, Kalawesi, probieren Sie ihn selbst aus. Das ist kinderleicht“, drängelte sich Pablo dazwischen. „Das schaffen auch Sie.“ Dabei sah Pablo auf Kalawesis Bauch, der sich unter dem lilafarbenen Samtanzug wölbte.
„Ja, Sie müssen den RainbowRider ausprobieren“, drängte Emil.
Kalawesi strich die leere Senftüte seiner Ratte glatt und legte sie auf den Tisch, parallel zur Kante. Er ließ sich Zeit. Viel Zeit. Erst als die Senftüte ganz genau ausgerichtet war, sagte er kalt: „Kinder, ihr habt wohl nicht verstanden, was Vergnügen heißt. Vergnügen findet im Lunapark statt. Dort wird Unmögliches wahr gemacht. Im Lunapark wird jeder Besucher zum Helden seiner Träume. Im Lunapark erlebt er fantastische Abenteuer.“
Die Schattensurfer nickten. Natürlich, da hatte Kalawesi recht. Wo war das Problem?
Ehe jemand diese Frage stellen konnte, donnerte Kalawesi los: „Aber Vergnügen findet nur im Lunapark statt, nirgendwo sonst.“ Kalawesi schlug mit der Faust auf den Tisch. Sein Gesicht leuchtete ketschuprot. „So hat es RUHL genehmigt. Was glaubt ihr, was passiert, wenn die Menschen mit euren Skateboards durch die Stadt rasen? Vergnügen wird unkontrollierbar. Warum sollten die Menschen noch in den Lunapark gehen, wenn es überall Vergnügen gibt? Eure Skateboards sind gefährlich und schädlich für die Gesellschaft. Vergnügen muss etwas Besonderes bleiben. Sobald es überall verfügbar ist, wie mit euren bescheuerten Brettern, ist der Reiz dahin. Habt ihr das verstanden?“
Kalawesi krachte seine Faust so fest auf den Tisch, dass die Platte ächzte.
Luan zuckte zusammen. So hatte er das noch gar nicht gesehen. Er dachte, es wäre toll, wenn Vergnügen immer und überall verfügbar wäre.
Doch Kalawesi war mit seiner Standpauke noch nicht fertig. Er brüllte: „Wer von euch Vollpfosten ist vorgestern Nacht mit diesen beknackten Brettern nach Mallinport geflogen?“
Die Schattensurfer schwiegen. Alle sechs sahen betreten zu Boden. Luan fühlte sich ertappt. Woher wusste Kalawesi Bescheid? Luan spürte den Druck der anderen. Er würde es zugeben müssen.
Kalawesis Stimme donnerte wie ein vorbeifahrender Güterzug: „Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid? Jahrelang bemühe ich mich um Geheimhaltung, gebe euch alle Freiheiten, damit ihr in Ruhe arbeiten könnt. Ich hole euch aus Mallinport heraus. Und das ist der Dank dafür? Ihr fliegt einfach nach Mallinport, so als wäre es ein Kindergartenausflug. RUHL hat bei mir eine offizielle Anfrage gestellt, eine Untersuchungskommission angedroht, ob ich wüsste, wer auf den fliegenden Brettern nach Mallinport eingedrungen ist. Natürlich habe ich nichts gesagt. Natürlich habe ich euch in Schutz genommen. Aber ist das euer Dank? Ich gebe euch alle Freiheiten und ihr benehmt euch wie die letzten Idioten. Ihr gefährdet den ganzen Lunapark.“
Kalawesis Worte lagen drohend in der Luft. Luan wollte Kalawesi nicht in Schwierigkeiten bringen. Ganz bestimmt nicht.
„Das tut mir leid“, murmelte Luan. „Ich war’s.“
Kalawesi starrte Luan an, als würde er ihm den Hals umdrehen wollen. Luan bekam kaum noch Luft. Ängstlich röchelte er.
„Wir könnten die Skateboards so programmieren, dass sie nur im Lunapark fahren können, nicht außerhalb“, drängte sich Nele dazwischen. „Wir bauen ein Fahrgeschäft mit wandernden Wänden auf. So ein bisschen wie ein Irrgarten, aber die Wände verändern den Irrgarten jeden Augenblick. Die Besucher rasen auf den Skateboards durch das Labyrinth, aber eben nur dort. Wie finden Sie das?“
Luan kochte vor Wut. Er hatte verstanden, dass sie vorgestern Nacht zu weit gegangen waren. Ja, sie hatten Mist gebaut. Aber das war noch lange kein Grund, den RainbowRider so einfach aufzugeben
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