Die Schattensurfer (German Edition)
mich nicht verzichten. Darum lassen sie mich in Ruhe. Und ich sage es diesen Sesselpupsern vom Kristallamt auch jederzeit ins Gesicht: Ich halte von diesem ganzen Kristall-Unfug überhaupt nichts.“
Kalawesi blitzte Marc Bodin zornig an.
Marc ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und streckte sich in dem flauschigen Sessel. „Ja, früher war das so. Damals, als du den Lunapark gegründet hast, konnte man noch gegen RUHL sein und trotzdem gute Geschäfte machen. Aber heute funktioniert das nicht mehr. Und die Sache mit der Schattenstadt läuft nur, so lange du die Kinder unter Kontrolle hast. Kalawesi, die Zeiten haben sich geändert.“
Kalawesis mächtiger Körper zitterte, als er den Arm hob und zur Tür wies. Unter der Achsel zeichnete sich ein Schweißfleck auf seinem Samtjackett ab. „Marc, ich habe dir damals geholfen, als du auf der Flucht warst. Ich habe dir die Möglichkeit gegeben, die besten Projekte für den Lunapark zu programmieren. Ich habe dir immer vertraut. Aber wenn du nicht für meinen Lunapark kämpfen willst, dann werden sich unsere Wege trennen.“
Marc Bodin stand auf und sah Kalawesi mit großen Augen an: „Ich werde immer für den Lunapark kämpfen. Das verspreche ich dir. Ich mache mir nur Sorgen um dich.“
Kalawesi wischte mit dem Sakkoärmel über seine Stirn. Dann begann er zu lachen. Er breitete die Arme aus und sagte: „Komm schon her, du Mistkerl. Für einen Moment hatte ich wirklich gedacht, dass du dem Lunapark den Rücken kehrst. Aber zusammen sind wir einfach unschlagbar.“
Marc Bodin ging lächelnd auf Kalawesi zu. Kalawesi schlang seine Arme um Marc. Obwohl Marc Bodin nicht zierlich war, sah er an Kalawesis Brust wie ein gefangenes Vögelchen aus. „Niemals werde ich den Lunapark verraten“, murmelte Marc Bodin in Kalawesis durchgeschwitztes Samtjackett und Kalawesi klatschte ihm immer wieder seine riesigen Pranken auf den Rücken. Dann holte Kalawesi eine große Flasche Chambrottelixier aus dem verspiegelten Barschrank. „Lass uns unsere Freundschaft begießen.“
„Gerne“, lächelte Marc. „Aber nur ein Gläschen. Du weißt, ich vertrage nicht so viel.“
Kalawesi nahm zwei große Kristallpokale und goss sie randvoll.
Als Marc Bodin an diesem Abend Kalawesis Bungalow verließ, war die Sonne längst untergegangen. Bunte Lichter regierten den Lunapark und zauberten Kalawesis Traumwelt in den Himmel.
Draußen auf dem Parkplatz blieb Marc Bodin vor einem schwarzen Scooter stehen. Er zögerte einen Augenblick. Er schien nachzudenken. Dann atmete er tief durch und wählte auf seinem ceeBand 833 84 12 17. Während die Verbindung aufgebaut wurde, kontrollierte Marc im Rückspiegel seines Scooters die Frisur, zupfte hier und dort noch eine Strähne zurecht.
Der Gesprächspartner auf der anderen Seite ließ sich Zeit. Sehr viel Zeit. Marc wollte schon auflegen, da blitzte der kleine Bildschirm auf.
Ein Mann mit exakt geschnittenen blonden Haaren lächelte ihn an. Auf der Stirn des Mannes funkelte ein dunkelblauer Kristall. Er trug ein maßgeschneidertes schwarzes Jackett.
„Doktor Tornham“, sagte Marc Bodin und sah ganz ernst aus. „Ich möchte Ihnen eine Mitteilung machen.“
Der Mann mit den kurz geschnittenen Haaren deutete ein Nicken an und lächelte erwartungsvoll.
25 MEIN FREUND
In Luans Kopf drehte sich alles. Er fühlte sich wie in einer Waschmaschine. Das silberne Licht des Nullschaums strahlte ununterbrochen. Luan hatte keine Ahnung, wie spät es war und welcher Tag. Pablo hockte gegenüber auf dem Boden der Kugel. Er rieb sich die Augen. Sie waren rot und sahen müde aus.
„Habe Durst und Bärenhunger“, tippte Pablo auf seinen Kommunikator.
Luan nickte. Sein Magen rumorte und sein Mund fühlte sich trocken an wie Sandpapier.
Da öffnete sich die Tür ihrer Zelle wie aus dem Nichts. Die Garmal-Sammlerin mit den langen Haaren stand vor ihnen. In der Hand hielt sie ein Tablett. Zwei große Gläser Orangensaft standen darauf und eine Schüssel Wasser für Nacho. Daneben lagen drei Frühstückstuben in den Geschmacksrichtungen Marmelade, Galaxy und Wurst.
Eigentlich hasste Luan Frühstückspaste. Mama Berta hatte sie viel zu oft auf die Speisekarte gesetzt. Aber heute war es anders. Luan hätte einfach alles gegessen. Sein Magen knurrte lautlos.
Ohne in das wachsglatte Gesicht der Garmal-Sammlerin zu sehen, nahm Pablo die Paste mit Wurstgeschmack vom Tablett. Er schraubte den Deckel auf und
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