Die Schattensurfer (German Edition)
könnt ihr die Dunkle Mauer überwinden?“
Pablo nickte.
„Klar, haben wir doch schon erzählt“, sagte Luan genervt. Warum konnten die Garmal-Sammler sie nicht einfach in Ruhe lassen.
Makelo zeigte mit der Hand auf Lucilia. Er wies ihr das Wort zu. „Wir möchten euch ein Geschäft vorschlagen. Ihr erhaltet eure Freiheit zurück, wenn ihr für uns eine kleine Besorgung erledigt“, sagte sie. „Ihr besucht in Mallinport das Krankenhaus für Disinformie. Die Leute nennen es das Korrekturhaus. Kennt ihr es?“
„Klar, hab schon davon gehört“, sagte Luan. „Aber was sollen wir dort?“
Pablo sagte gar nichts und Nacho wedelte so aufgeregt mit dem Schwanz, als ginge es um ein neues Spiel.
„Im Krankenhaus für Disinformie sucht ihr das Medikamentenlager auf, im Untergeschoss, Raum U577.“ Die Augen von Lucilia zeigten keine Regung.
Luan nickte.
„Dort findet ihr Lamrag. Ihr nehmt den ganzen Vorrat. Alles“, sagte die Garmal-Sammlerin mit tonloser Stimme, aber trotzdem verstand Luan, dass dieser Auftrag von höchster Wichtigkeit war.
„Wissen die im Krankenhaus Bescheid, dass wir kommen? Habt ihr ein Rezept?“, fragte Pablo.
Luan hatte keine Ahnung, warum die Garmal-Sammler Lamrag haben wollten. Ausgerechnet Lamrag. Lamrag, das war ein Medikament, eine Droge, die hartnäckige Verweigerer dazu brachte, sich der Kristallprüfung zu unterziehen und alle Geheimnisse zu erzählen, die tief im Inneren verborgen lagen.
Die Garmal-Sammlerin fuhr sich über ihre langen Haare. „Nein. Niemand im Krankenhaus weiß Bescheid. Ihr müsst das Lamrag für uns stehlen.“
„Stehlen? Das ist verrückt, viel zu gefährlich. Wir sind doch keine Diebe“, regte sich Luan auf. Dann musste er an die Geldkarte der Köchin denken. Aber das war etwas völlig anderes. Er hatte sich das Geld doch nur geliehen. Luan biss sich auf die Lippe und fragte: „Wofür braucht ihr das Lamrag?“
Pablo stieß Luan in die Seite. „Reiß dich zusammen.“
Die Garmal-Sammlerin sah Makelo an. Nach seinem Nicken fuhr sie fort: „Lamrag besteht aus den gleichen Baustoffen wie Garmal. Rückwärts gelesen wird aus Lamrag Garmal. So ähnlich funktioniert es auch. Wir jagen es durch einen Umkehrreaktor und wandeln es in Garmal um. Medizinisches Lamrag hat höchste Reinheit. Daraus lässt sich erstklassiges Garmal gewinnen. Das schützt uns besser, als all die minderen Garmal-Reste, die wir mühsam in der Schattenstadt zusammenkratzen. Mit dem Lamrag aus dem Korrekturhaus sichern wir unsere Unabhängigkeit für Jahrzehnte.“
Pablo blies die Backen auf und ließ die Luft mit einem Seufzer entweichen. „Das Korrekturhaus ist ein Hochsicherheitsbereich. Es ist von der Außenwelt vollständig abgeriegelt. Da kann man nicht so einfach hineinspazieren. Das Medikamentenlager wird mit modernster Technik bewacht.“
Lucilia hob den Kopf, ohne Pablo anzusehen. „Ja, dieser Auftrag ist lebensgefährlich, aber wir brauchen Garmal. Oder willst du lieber den RUHL-Zentralcomputer zerstören, um unsere Freiheit zu bewahren?“
„Nein“, lachte Luan nervös. Niemand konnte den Zentralcomputer zerstören. Das war unmöglich.
Makelo blickte immer noch auf das Skateboard. Oder starrte er hindurch? Ohne die geringste Bewegung in seinem wachsweißen Gesicht sagte er: „Einer von euch beiden wird den Auftrag übernehmen.“
„Wir erledigen das zusammen“, sagte Pablo. „Wir sind ein Team.“
Makelo fuhr mit tonloser Stimme fort: „Der andere bleibt bei uns, sozusagen als Gast. Wenn das Garmal allerdings nicht in spätestens 24 Stunden hier ist, legen wir ihn auf Eis.“
„Nein, wir bleiben zusammen“, forderte Pablo. Wütend schlug er auf den Tisch.
Zwei Garmal-Sammler packten ihn von hinten.
Luans Gesicht glänzte kalkweiß vor Angst. Seine Gedanken produzierten nur Müll: Er wollte nicht als Geisel zurückbleiben. Er würde sich einfach vordrängen, schließlich hatten die Garmal-Sammler sein Skateboard. Luan wagte nicht, Pablo anzusehen. Aber einer musste schließlich gehen. Luan räusperte sich. In seinem Kopf fügte er zwei Worte zu einem Satz: Ich gehe. Doch sein Mund blieb stumm.
„Wenn ihr euch weigert, legen wir euch beide auf Eis. Jetzt. Sofort“, sagte Makelo und ließ das Skateboard noch einmal über den Tisch gleiten. Eine Brettlänge nach links, eine Brettlänge nach rechts.
„Ich“, rief Pablo mit rotem Kopf. Seine Hände waren ganz weiß. Die Garmal-Sammler hatten ihn so fest gepackt, dass kaum Blut durch seine Arme
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