Die Schattensurfer (German Edition)
drückte die Paste für Nacho aus der Tube. Luan nahm ein Glas Orangensaft und führte es an seine spröden Lippen. Herrlich, wie die kalte Flüssigkeit durch seine Kehle rann und das Sandpapiergefühl einfach wegschwemmte. Die Garmal-Sammlerin bedeutete Luan, er sollte sich Zeit lassen. Sie stellte das Tablett vor den Jungs ab. Dann trat sie einen Schritt zurück. Sie blieb im Türrahmen stehen und wartete.
Ruckzuck hatten die drei ihr Frühstück vertilgt. Das Galaxy-Frühstück fühlte sich in Luans Magen wie ein Klumpen Zement an, aber wenigstens war der Hunger betäubt.
Pablo rülpste lautlos.
Die Garmal-Sammlerin drehte sich um. Sie winkte Luan und Pablo, ihr zu folgen. Unbeholfen stolperte Luan über den wabbeligen Nullschaum des Kugelraums. Er erschrak, als er seinen Fuß auf dem Boden des Gangs aufsetzen hörte. Nachos Hecheln dröhnte in seinen Ohren. Die Schritte von Pablo und der Garmal-Sammlerin stampften über den Metallboden. Plötzlich war er wieder in einer Welt voller Geräusche. Seine Ohren klirrten.
„Pablo“, rief er, um sich des Klangs seiner Stimme zu versichern.
„Ja, bin hinter dir.“
Mit erhobenem Kopf schwebte die Garmal-Sammlerin voraus. Ihr schwarzer Mantel wehte wie eine Fahne. Nicht ein einziges Mal sah sie sich um.
Luan dachte für einen Augenblick daran zu fliehen. Wenn es darauf ankam, würden sie mit der Garmal-Sammlerin schon fertig werden. Gefährlich sah sie nicht aus. Aber wohin sollten sie fliehen? Luan hatte keine Ahnung, wo der Ausgang lag. Er musste an Sansibar denken. Hoffentlich war sie in Sicherheit.
Der Gang weitete sich wie ein Trichter. Selbst mit ausgestreckten Armen konnte Luan die Wände nicht mehr berühren. Vor einer Lichtschleuse blieb die Garmal-Sammlerin stehen. Kein einziges Wort hatte sie mit ihnen gesprochen. Sie legte ihre Hand auf den Scanner. Die Lichtstrahlen erloschen und gaben den Weg frei in einen stahlgrauen Raum. Die Wände, der Boden, der bonbonförmige Tisch und die sieben Stühle darum herum, alles war grau.
Die Garmal-Sammlerin trat ein. Wortlos deutete sie den Jungs, sich zu setzen.
„Was habt ihr mit uns vor?“, fragte Pablo.
Die Garmal-Sammlerin schien ihn zu überhören.
Surrend öffnete sich eine Tür auf der gegenüberliegenden Seite. Der große Garmal-Sammler von gestern schwebte herein, drei weitere folgten.
„Makelo, ich grüße dich“, sagte die Garmal-Sammlerin und verbeugte sich so tief, dass ihre Haare den Boden berührten.
Dieser nickte ihr zu: „Lucilia.“ Dann setzte er sich und schlug seinen schwarzen Mantel zu Seite. Der Panzer darunter glitzerte silbern. In den Händen hielt Makelo ein längliches Brett. „Das ist unser Skateboard“, schrie Luan und stieß Pablo aufgeregt mit dem Ellenbogen. Luan wollte aufspringen und das Skateboard nehmen. Doch der Garmal-Sammler neben ihm drückte ihn zurück auf den Stuhl.
Makelo stellte das Skateboard vor sich auf den Tisch. Er legte Zeigefinger und Mittelfinger darauf und schob es hin und her: „Wir Garmal-Sammler sind die einzigen, die RUHL seit Jahren erfolgreich trotzen. RUHL und seine Sipos haben keine Chance gegen uns.“
In sein glattes Gesicht kerbte sich für einen winzigen Augenblick der Anflug von Traurigkeit. Doch im nächsten Moment war es wieder faltenlos wie eine Wachstuchdecke. „Mit Garmal können wir RUHL widerstehen. Aber die Garmal-Vorkommen in der Schattenstadt schwinden. Jede Woche fallen unsere Funde kleiner aus. Die meisten Plätze sind längst ausgebeutet.“
Luan verstand überhaupt nichts. „Wofür braucht ihr dieses Garmal?“, rief er dazwischen.
„Garmal“, sagte Makelo und zog dabei das zweite „a“ ganz lang. „Garmal verschließt unsere Gedanken vor RUHL. Garmal schützt uns mit Gleichgültigkeit vor RUHLs Neugier. RUHL hat keine Chance, auch nur an den kleinsten unserer Gedanken zu kommen. Garmal bewahrt uns vor all den gefährlichen Gefühlen. Gefühle wie Eitelkeit und der Wunsch nach Anerkennung sind das Einfallstor für RUHL, aber auch Liebe und Hass ebnen RUHL den Weg. Dank Garmal kennen wir keine Gefühle mehr. RUHL kann nicht in unsere Gedanken eindringen, denn es gibt keine Gefühle, die sie transportieren.“
„Aber was hat das mit uns zu tun? Wir haben euch nichts getan. Gebt uns das Skateboard zurück! Lasst uns gehen!“
Gleichgültig folgten die Blicke der Garmal-Sammler dem Skateboard. Makelo klopfte mit dem Zeigefinger darauf. Dann kam wieder diese kalte Stimme aus seinem Inneren: „Mit diesem Brett
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