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Die Schattenwelt

Titel: Die Schattenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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draußen sind. Du wirst es sowieso nicht glauben.«
    Plötzlich tauchte im Dämmerlicht vor ihnen eine gewaltige Silhouette auf. Ricky stieß einen markerschütternden Schrei aus.

19
    Miss Elwood verschränkte die Arme.
    »Wenn sie mich wie eine Kriminelle behandeln, dann will ich meinen Anwalt sprechen. Sie bekommen keinen Ton mehr aus mir raus.«
    Inspektor Shaw widerstand dem Drang, seinen Kopf zwischen seine Hände sinken zu lassen. Nichts klappte so reibungslos, wie er es gehofft hatte. Obwohl Roberts immer wieder betonte, dass es keine eindeutige Verbindung zwischen den beiden Fällen gab, war Shaw überzeugt, dass das Verschwinden des Starling-Jungen etwas mit der Entführung von Ricky Thomas zu tun hatte. Es hatte etwas mit der Vorgehensweise der Übergriffe zu tun – auffällig, wagemutig, mitten in der Öffentlichkeit. In beiden Fällen hätte es einen Haufen Zeugen geben müssen, aber es gab keinen einzigen. Als er hörte, dass eine Frau eine Aussage im Fall Starling gemacht hatte, fragte er sich, ob dies der Durchbruch sein könnte, der zur Lösung des Falls führen würde. Insgeheim sah er sich bereits eine triumphale Rede vor der Presse halten, die Befreiung der beiden Jungen bekannt geben und im flammenden Applaus der Menge baden.
    Dann hatte er Miss Elwood getroffen und all seine Tagträume zerplatzten. Von dem Moment an, da sie sich auf der Polizeistation begegnet waren, erwies sich seine hoffnungsvolle Zeugin als streitlustig und unkooperativ. Sie weigerte sich, in den Verhörraum zu gehen, beschwerte sich über den Kaffee, den er ihr gebracht hatte, und nun war sie nicht mehr bereit, eine zusammenhängende Aussage zu machen.
    Er versuchte es nochmals.
    »Ich behandle Sie nicht wie einen Verbrecher, Madam. Ich möchte nur Ihre Aussage noch einmal mit Ihnen durchgehen. Ich weiß, dass Sie an diesem Tag sehr aufgeregt waren – Sie hatten ein überaus traumatisches Erlebnis. Nun, da Sie etwas Zeit hatten, sich zu beruhigen, beurteilen Sie vielleicht die Einzelheiten etwas anders.«
    »Wollen sie, dass ich meine Aussage ändere?«
    »Ich möchte nur, dass sie die Richtigkeit mancher Details bestätigen, das ist alles.«
    »Und welche wären das genau?«
    Inspektor Shaw seufzte und las ihre Aussage laut vor.
    »›Ein riesiger, ungefähr zwei Meter zwanzig großer Mann hat mein Auto angegriffen. Er hat die Beifahrertür mit bloßen Händen aus den Angeln gerissen. Jonathan ist auf den Rücksitz geklettert und zur Fahrerseite hinaus geflüchtet. Der Riese hat die Tür fallen lassen und ist ihm hinterhergerannt.‹ Sie werden sicherlich verstehen, warum manche nicht glauben können, dass Sie mitten in London von einem Riesenangegriffen wurden, der in der Lage war, eine Autotür mit bloßen Händen aus den Angeln zu reißen?«
    Miss Elwoods Augen verengten sich bedrohlich.
    »Sie sollten mich lieber nicht eine Lügnerin nennen, junger Mann. Wir waren zu der Zeit von Dutzenden Menschen umgeben. Es muss weitere Zeugen geben. Haben Sie mein Auto gesehen? Was glauben Sie, wie das passiert ist? Meinen Sie, ich habe das selbst getan?«
    »Unglücklicherweise, Madam, hat sich bisher niemand gemeldet, der Ihre Geschichte bestätigt. Manchmal sind die Menschen etwas zurückhaltend, wenn es um Zeugenaussagen geht. Wir haben eine Handvoll Leute befragt, aber sie bestehen alle darauf, nichts gesehen zu haben. Trotzdem haben wir die Hoffnung noch nicht aufgegeben.«
    »Das will ich auch hoffen. Anstatt mich zu verhören, sollten Sie nach Jonathan suchen. Ihm könnte alles Mögliche zugestoßen sein. Was soll ich jetzt seinem Vater sagen?«
    Inspektor Shaw bemühte sich, einen beruhigenden Tonfall anzuschlagen.
    »Wir haben eine ganze Einheit Polizisten da draußen, die die Gegend nach ihm durchkämmen. Zunächst konzentrieren wir uns auf den Pfad am Nordufer der Themse. Wenn es irgendwelche Hinweise auf Jonathans Aufenthaltsort gibt, werden wir sie dort finden.«
    Miss Elwood räusperte sich zweifelnd. Shaw seufzte.
    »Nun, ich glaube, das reicht fürs Erste. Wir werden später noch mal auf Sie zukommen, aber jetzt ist es schon spät. Jonathans Vater geht es nicht gut, habe ich gehört?«
    Sie nickte.
    »Er weiß nicht wirklich, was um ihn herum geschieht …« Ihre Stimme klang schleppend. »Es ist vielleicht das Beste, wenn wir die Sache mit Jonathan …«
    Inspektor Shaw reichte ihr eine Visitenkarte mit seiner Telefonnummer.
    »Nehmen Sie die hier. Wenn Ihnen noch irgendetwas zu diesem Abend einfällt, egal was,

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