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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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öffnete leise die Fahrertür seines demolierten Chryslers und fegte mit der bloßen Hand die Glassplitter vom Sitz. Dass es seine Hand zerschnitt bemerkte er nicht. Die Sitzlehne veränderte er zu einer bequemen Liege. Sein Blick fiel auf seine alte Corvette, die vor dem Chrysler stand und vor sich hinrostete. Mit seiner rechten Hand ertastete er noch einmal die Schusswaffe und die Sense auf dem Beifahrersitz, bevor er zufrieden in einen traumlosen Schlaf hinabglitt.
     
    *
    Sarah erlitt nach Danes Auftritt einen Nervenzusammenbruch und wurde noch am selben Tag in ein Krankenhaus in Colorado verlegt. Sie fand erst wieder durch eine starke Schlaftablette Ruhe, die sie diesmal dankend annahm. Sie hatte Dane endgültig verloren.
     
    Ich saß mit dem Polizisten in der Küche und trank Kaffee. Wir waren sehr unruhig, nicht zuletzt auch durch den starken Aufguss. Ich weiß nicht mehr welcher Teufel mich geritten hat, aber ich wollte mich nicht an der Suchaktion in der Stadt beteiligen, sondern auf seiner Farm warten. Obwohl man nicht erwartete, dass Dane hier aufkreuzen würde. So dumm konnte selbst er nicht sein. Doch genau das war es, was er tat – immer das Unerwartete. Man gab mir zur Sicherheit einen bewaffneten Polizeibeamten an die Seite. Wussten wir doch, dass er eine scharfe Waffe bei sich hatte. Mein Instinkt sollte mich nicht täuschen.
     
    *
     
    Die Gesellschaft Amerikas forderte am Freitag, 28. September 1996, das Opfer seiner Missstände endgültig in die Knie. Kansas hatte ihn geboren und sollte ihn brechen. Was auch immer er an Stolz diesem Land gegenüber in sich getragen hatte, so glaubte er niemals, hier auf dieser Farm das Ende seines freien Lebens zu finden. Vor vier Jahren hätte er wahrscheinlich gelacht, wenn ihm jemand erzählt hätte, dass hier sein freies Leben mit 41 Jahren beendet wäre.
    In Dane Geltons Kopf tobten wilde Kriegsgedanken. Er hatte nur das eine Ziel: es allen zu beweisen. In guten und in schlechten Taten, aber mehr in schlechten als in guten. Dieses Ziel ließ ihn um sieben Uhr morgens die Augen öffnen. Die Sonne war bereits aufgegangen. Gleißend kroch sie hinter den gelbgrünen Maisfeldern hervor und tauchte die Farm in pures Gold.
    Er dachte an Sarah, wenn sie um diese Zeit ihre Augen aufschlug und ihn anlächelte. Eine Zeit, die niemals wiederkommen würde. Irgendwie hatte er immer gewusst, dass es ohne das Loch nicht klappen würde. Er war ein Kind der Dunkelheit, doch niemand konnte ihm jetzt einen Vorwurf daraus machen. Er hatte alles versucht, um dieser Dunkelheit zu entweichen.
    Durch das Geräusch einer Wagentüre wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Er sprang aus seinem Chrysler und lugte durch ein Astloch hinaus auf den Hof. Draußen tat sich etwas. Er sah mich vor der Haustüre stehen. Der Polizist war in seinen Wagen gestiegen und verabschiedete sich von mir mit einem Wink durch das offene Seitenfenster. Dane beobachtete uns eingehend. Er schob seine Waffe vorne in den Hosenbund und ließ das Hemd leger darüber hängen. Übelriechender Schweiß durchdrang seine Kleidung.
    Die Scheune, der Schweiß, der Hass – sein Vater … Ekel.
    Wer durch Hass getötet wird, kehrt wieder, schoss es ihm durch den Kopf.
    Er erbrach sich. Dann öffnete er die Scheunentür und sah zum Haus.
     
    Ich war inzwischen wieder in das Haus gegangen und wollte gerade die Toilette aufsuchen, als ich die Drehung des Türknaufs sah. Das versetzte mich sofort in Panik, und wild tastete ich nach der Waffe, die mir Sergeant Parker zum Schutz hiergelassen hatte. Sie war nicht da. Gott, verdammt! Mein Blick fiel ins Wohnzimmer auf die Couch, wo ich sie kopflos abgelegt hatte. Zu spät, um sie zu erreichen.
    Dane hatte sich inzwischen Einlass verschafft und baute sich breitbeinig in der Küche auf. Dass keiner von uns mehr ausweichen konnte, war offensichtlich. Wie blutrünstige Hunde in der Kampfarena umkreisten sich unsere Blicke. Da standen sich mittlerweile achtzehn Jahre gute Freundschaft gegenüber, entfremdet durch Krankheit und Wahnsinn. Zu meinem Entsetzen spiegelte sich in den Augen meines Freundes die pure Abscheu wider. Ich wollte wegschauen, aber es war mir nicht möglich.
    Ich maß seine ordentliche Erscheinung ab, erstaunt, ihn so vorzufinden. Locker, sagte ich mir, locker.
    Ich erhoffte mir dummerweise eine einfache Konversation und sagte: „Hallo, Dane.“
    Dane hob den Kopf leicht an und antwortete scharf: „Jim.“
    Ich schluckte. „Willst du einen Kaffee? Ich habe

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