Die Scheune (German Edition)
fragte ich.
„Seit ich das Lokal hatte.“
„Ich verstehe nicht! Was für ein Spiel?“
„Siehst du! Du hast es auch nicht bemerkt. Wir haben ein Jagdspiel gespielt.“
Ich schluckte und musste es wiederholen, um es auch wirklich zu glauben: „Ein Jagdspiel? Was habt Ihr gejagt?“
„Na, uns! Er versuchte, mich zu töten. Ich habe gut aufgepasst, und mir ist nichts passiert. Dann habe ich ihn gejagt. Und erwischt! Ich bin der Gewinner!“
Ich konnte es nicht fassen und hatte tausend Fragen: „Wann habt ihr das Spiel angefangen?“
„Ach, Gott! Wann war das? Johnathan und ich hatten gerade das Lokal eröffnet. Hast du das Einschussloch in der Türe des Running Horse nicht gesehen?“
Ich schüttelte den Kopf. War da ein Schussloch?
„Es ist aber da. Das war sein erster Schuss auf mich. Ich hatte echt Glück. Er hatte mich nicht getroffen.“
„Ich verstehe das Ganze nicht. Das musst du mir schon näher erklären.“
„Ich dachte doch er wäre tot.“
„Das dachten wir alle.“
„Er war aber nicht tot. Er hat sich einfach nur aus dem Staub gemacht. Dann kreuzte er eines Tages wieder bei mir auf. Einfach so. Er schoss auf mich, einfach so.“
„Einfach so? Kaum zu glauben.“
Dane kehrte einen Moment in sich.
Ich fuhr fort: „Du warst der einzige überlebende Sohn, der über seine Vergangenheit Bescheid wusste, nicht wahr? Du wusstest, dass er getötet hatte.“
Dane sah auf und begann plötzlich ein völlig unbekümmertes Gespräch mir mir zu führen. „Ja, ich wusste zuviel von ihm, das stimmt.“
Das ermutigte mich, ihn auszufragen: „Warum hast du deinen Namen damals in Glendale geändert? Es war doch keine Notwendigkeit. Du hattest doch einen einwandfreien Leumund mit nach Glendale gebracht. Was also sollte der Namenswechsel?“
Dane sah mich an. Sein Blick wurde bitter.
Sei auf der Hut, flüsterte das Loch.
Er sagte: „Kannst du dir das nicht vorstellen? Ich war ein Gelton. Ein Gelton! Ich wollte kein Gelton mehr sein. Ich fuhr Tausende Meilen von Kansas fort, um alles loszuwerden. Ich wollte doch nur ganz neu anfangen! Wie konnte ich das, wenn ich einen Sack voller Erinnerungen mit mir herumschleppte? Ich wollte nicht, dass irgendeiner herausbekommt, woher ich komme. Ich wollte überhaupt nichts mehr von meiner Vergangenheit!“
Ich nickte. Das verstand ich. Doch dann interessierte mich noch etwas: „Hast du die ganze Zeit von dem Tod deiner Brüder gewusst? Oder hast du die Geschichten tatsächlich verdrängt?“
Dane begann mit seinem rechten Bein zu wippen. „Ich kann mich nicht mehr erinnern“, sagte er leise, ja fast bemitleidenswert. Dann wurde er nervös. Das machte auch mich wieder nervös. Ich fragte: „Warum bist du damals nicht zur Polizei gegangen, als dein Vater auf dich geschossen hat? Das hätte dir eine Menge Ärger erspart.“
Sag es ihm nicht, flehte das Loch. Mach es nicht kaputt. Vernichte uns nicht.
Still!, zischte Dane. Ich weiß, was ich tue.
Dane schwieg eine geraume Zeit, dann sagte er: „Weil das nicht so amüsant gewesen wäre.“
Amüsant? Ich war zutiefst verwirrt. Was war an einem Attentat amüsant? Ich fragte nach.
Sag's ihm nicht, flehte das Loch, Du machst alles kaputt! Du machst mich kaputt!
„Es war aufregend, von ihm gejagt, aber nicht erwischt zu werden!“
Jetzt war es raus!
Dane erzählte: „Es hat Spaß gemacht, endlich stärker und besser zu sein als er. So kam das Spiel zustande. Sei es in einer Gasse oder in einer Kneipe oder einfach nur im Park. Sogar im Lokal tauchte er einmal auf. Draußen auf dem Hinterhof hab' ich ihn dann gekriegt. Da habe ich das Jagdspiel offiziell für uns beide eröffnet. Seitdem habe ich ihn ebenfalls gejagt, wie einen räudigen Hund! Er sollte die gleiche Angst spüren, die ich jahrelang gespürt habe. Und es hat mir Spaß gemacht.“
„Was hast du mit deinem Vater alles gemacht?“
„Mal dies, mal das. Manchmal hat er von mir eines aufs Maul bekommen, manchmal hab ich ihn mit meiner Waffe ein bisschen angekratzt. Er hatte Glück, dass ich oft nicht so gut drauf war, sonst wäre er damals schon vor die Hunde gegangen. Aber ich wollte Spaß, den Spaß, ihn leiden zu sehen; wie gesagt, den gleichen Spaß, den er damals mit mir gehabt hatte, als ich klein war. Hatte ich nicht ein Recht darauf?“
„Hat dein Vater das Spiel auch so gesehen?“
„Anfangs nicht, doch dann hatte er es kapiert. Wir waren uns im Laufe der Zeit ziemlich ähnlich geworden. Man könnte
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