Die Scheune (German Edition)
Augen schnell wieder zu und begann langsam zum Tor zu gehen. Ein „Hey“ ließ ihn in seiner Bewegung erstarren. Erschrocken zuckte er beim Klang der Stimme zusammen. Kein Wahnbild?
Dane flüsterte: „Was willst du hier?“, und hielt die Augen weiterhin geschlossen. Wo war der Erwachsene in ihm? Sollte er inzwischen nicht über diesen Dingen stehen? Sein Vater konnte nicht in dieser Scheune sein. Er konnte nirgends sein. Diese Gestalt war reine Einbildung.
Der Gedanke ließ Dane schließlich wachsen, und er öffnete seine Augen.
Sein Vater war groß. Er war immer schon groß gewesen; selbst jetzt, wo Dane erwachsen war, reichte er an diese Körpergröße nicht heran. Immer noch musste er seinen Kopf anheben, um ihn anzusehen.
Dane trat zwei Schritte zurück. Sein Vater blieb stehen. Wie konnte das sein? Hatte er nicht gerade mit ihm geredet! War das "Hey" nicht aus seinem Mund gekommen? Dane sah zu den Fenstern. Sarah war nicht in der Nähe, also wagte er ein Gespräch: „Ich fragte, was willst du hier?“
Die Gestalt antwortete leise: „Ich will mit dir reden.“
Dane glaubte es nicht! Er sprach mit seinem Vater! Seinem toten Vater! Er fühlte sich albern. „Was meinst du mit reden?“
„Von Mann zu Mann“, antwortete sein Vater wieder.
In Dane brauten sich sofort gewaltige Aggressionen zusammen, und er wurde laut: „Du bist kein Mann! Du bist ein Schwein! Ein Mann vergreift sich nicht an seinen Kinder! Nur Schweine! Und Schweine bringt man um! Hast du mir selbst gesagt.“
„Ja, Dane, du hast mich umgebracht! Du hast abgedrückt! Jetzt bin ich tot, ja.“
Sein Vater hatte es also mitbekommen, obwohl er die Waffe doch selbst in der Hand hatte. Dane hatte nur ein wenig die Ausrichtung verändert und am Abzugshahn etwas nachgeholfen. Nur ein kleiner Druck war es gewesen. Damit war die ganze Geschichte vorbei.
„Ich weiß, was passiert ist, aber deshalb bin ich nicht hier“, sagte sein Vater. „Es gibt etwas, was du wissen solltest. Nur damit du endlich Frieden mit dir und mir schließen kannst.“
„Was ich weiß, reicht mir! Zwischen uns wird es niemals Frieden geben! Du hast alles in mir zerstört, was man zerstören kann! Soll ich mir jetzt auch noch eine Entschuldigung dafür anhören?“
Die illusionäre Figur seines Vaters bewegte sich plötzlich. Sie setzte sich auf einen Tisch. Wo kam der Tisch her? Der Tisch, der seinem Vater jahrelang als Hilfsmittel für seine Befriedigung gedient hatte. Der Tisch, den Dane jahrelang unter sich gespürt und der seine Leisten wundgescheuert hatte. Hatte er am ersten Tag auf dieser Farm nicht alles aus der Scheune hinausgeworfen und verbrannt? Wie, verdammt noch mal, kam der Tisch hierher?
Einbildung, dachte Dane wieder, genau wie sein Vater, reine Einbildung.
Dane war fassungslos über sich und über das, was sich vor seinen Augen abspielte. Er gab seiner Verwirrung freien Lauf: „Das gibt's doch nicht! Du bist doch nicht wirklich hier! Das alles findet nicht wirklich statt!“
Sein Vater aber lächelte ihn an. „Ich werde dir jetzt etwas sagen, wofür ich nie Zeit gefunden habe.“
Danes Atem wurde stoßend. Wofür er nie Zeit gehabt hatte! Musste er sich das bieten lassen? Von einer Einbildung? Was zum Teufel hatte sein Vater ihm noch zu sagen?
„Dann fang endlich an!!“, schrie er ungehalten, und sein Vater begann: „Dane, ich wollte dir nie weh tun ...“
Das reichte schon! Damit verlor Dane den letzten Rest seiner Fassung und rannte ungehalten auf etwas zu, das er weder erreichen noch vernichten konnte. Er wusste es, und er tat es trotzdem, schon alleine, um diese Einbildung zu zerstören, die so erbärmlich an seinem Verstand nagte.
Schreiend stieß er in den Nebel, in dem sich sein Vater wieder verhüllte und stürzte mit dem Holztisch, der tatsächlich noch in der Scheune stand, zu Boden. Er verletzte sich dabei an der rechten Hand, die sich unter der zersplitterten Holzplatte vergrub. Blut überströmte die Hand. Sein Vater war weg. Zurück blieb nur dieser zerbrochene Tisch, von dem Dane immer noch nicht wusste, wie er wieder in diese Scheune gelangt war. Er schlug im Wahn seiner Wut auf das Holz ein und heulte.
Dass Sarah ihm heimlich gefolgt war, hatte er nicht mitbekommen. Sie hatte vom Seitenfenster aus alles beobachtet und gehört. Es war ihr so unheimlich, wie nie etwas zuvor in ihrem Leben. Sie hatte gewusst, dass diese Scheune gefährlich für ihn war. Sie hätte einen Abriss in die Wege leiten sollen. Nun war es
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