Die Scheune (German Edition)
es uns finanziell wirklich gut ginge.“
„Hast du uns je danach gefragt?“
„Das brauchte ich nicht. Ich sah ja, wie unglücklich Ihr ward.“
„Hast du Mom je danach gefragt, ob sie deswegen so unglücklich war?“
„Warum?“
Dane fühlte sich ganz ruhig und antwortete: „Überleg doch mal. Wie hast du dich ihr und uns gegenüber benommen? Was hast du ihr und uns angetan? Ich hab' Mom lachen sehen, wenn sie alleine war. Sie konnte wirklich lachen. Sie brauchte dein Geld nicht dazu. Was sie brauchte, war deine Liebe. Stattdessen hast du ihr und uns Gewalt angetan.“
„Aber sie hat nie etwas gesagt!“
„Nein. Weil sie Angst vor dir bekommen hat. Sie hat dich geliebt. Du weißt doch, dass Mom nie viel redete und schon gar nicht über ihre Gefühle.“
„Mein Vater hat mich andere Dinge gelehrt. Für ihn war Geld das Wichtigste. Er hatte so viel erreicht und erwartete das Gleiche von mir. Er hat mich oft bestraft, wenn mir etwas misslang. Dann hat er mich angefasst, mich geschlagen und manchmal tagelang im eiskalten Keller eingesperrt. Ich wollte so gerne alles anders machen mit deiner Mutter, aber ich hatte keine Chance. Es war so tief in mir drin. Der Hass, alles. Und es kam, wie es kommen sollte.“
„Du bist von deinem Vater angefasst worden?“ Dane stockte. Er fühlte sich verwirrt. Das hatte er nicht gewusst.
Sein Vater nickte. „Wie kann ich es dir beweisen?“, fragte er.
Dane sah zu Boden und zuckte mit den Schultern. In ihm lag eine große Ruhe, aber plötzlich auch Mitgefühl. Der Versuch, Frieden mit seinem Vater zu schließen, fruchtete.
Will Gelton schaute zur Decke und dachte nach. Dann fiel ihm etwas ein: „Schau oben auf dem Dachboden nach. Deine Mutter hat Tagebuch geführt. Vielleicht kannst du darin einige Antworten finden.“
Dane sah zu seinem Vater auf. Vor seinen Augen löste sich die Illusion plötzlich auf, und zurück blieb eine karge Dunkelheit.
In Dane herrschte immer noch eine große Stille. Er kam langsam hoch und blies die Lampe aus.
Damit hatte er mit seinem Vater endgültig Frieden geschlossen. Jetzt war seine Mutter an der Reihe.
Sarah rannte so schnell sie konnte über den Hof in das Haus zurück und verkroch sich ins Bett. Ihre Hände und Füße waren stark unterkühlt. Dane durfte nichts bemerken. Sie hörte ihn unten in der Küche herumhantieren.
„Was ist los?“, rief sie nach unten, um die Situation natürlich erscheinen zu lassen.
„Ich suche nur etwas“, rief Dane hoch.
„Mitten in der Nacht?“
„Ich konnte nicht einschlafen. Dann ist mir eingefallen, dass ich für Rick noch etwas habe, was ich nächste Woche mitbringen wollte. Du weißt ja, dass ich nächste Woche bei Beaman wieder mit der Arbeit anfange. Ich komm gleich hoch. Schlaf du nur. Ich komm gleich.“
Er kam in dieser Nacht nicht mehr zu Sarah ins Bett. Sie wusste nicht, was er unten wirklich gemacht hatte, aber es hatte ihn bis in die Morgenstunden beschäftigt.
*
Am nächsten Morgen wurde Sarah mit einem hübsch gedeckten Frühstückstisch empfangen. Frische Blumen sollten sie für die nächtliche Ruhestörung entschädigen. Sie verloren kein Wort über den gestrigen Zwischenfall.
Er brachte Sarah anschließend mit den Heddons in die Stadt. Mrs. Heddon wollte mit Sarah zum Friseur und danach noch gemütlich bei Winnies essen. Mr. Heddon wollte sich mit einem alten Freund treffen.
Es war für Dane die Gelegenheit, sich ungestört im Haus zu bewegen und den Dachboden zu durchstöbern. Er holte polternd die Dachbodentreppe herunter und stieg mit einer Taschenlampe hinauf. Oben stieß er auf Dinge aus seiner Vergangenheit. Da stand seine Babywiege, die sein Vater einmal selbst gezimmert hatte und die die Initialen aller drei Gelton-Kinder trug. Alte Stühle standen dahinter, passend zu der alten Küche. Hatten seine Eltern eine noch größere Familie geplant?
Dann sah er den alten Sekretär seiner Mutter. Wie oft mochte sie davor gesessen und geschrieben haben? Er war verschlossen. Dane befreite das Möbelstück mit einem Lappen von dem jahrelangen Staub. Er konnte es nicht fassen, wie logisch sich die Geschichte seines Vaters zu gestalten begann. Wie war es möglich, dass hier oben noch so viele alte Dinge herumstanden? Hatte er das Haus nicht schon von all diesen Dingen befreit? Hatte er den Dachboden dabei vergessen?
Er holte den Schlüssel, den er des Nachts in der Küche gesucht hatte, aus seiner Hosentasche und schloss den Sekretär damit auf. Er fand
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