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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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auf sie übertrug, lauschte sie den Erlebnissen der tapferen Männer, die Wüsten und Gebirge durchquert, um ihr Leben gekämpft und zum ersten Mal ein völlig anderes Volk kennengelernt hatten. Von den Chinesinnen vermittelte ihr Sebastianus so wunderschöne Bilder, dass Ulrika sie mit Schmetterlingen verglich.
    »Mein Traum, eine sichere Route nach China zu öffnen, hat sich tatsächlich erfüllt«, sagte er versonnen, während seine Finger ihren leicht geneigten Rücken und die grazilen Schulterblätter liebkosten. »In Rom werde ich mich mit der weiteren Entwicklung des Karawanenhandels befassen. Ich will Verträge mit Einkäufern und Verkäufern aushandeln und abschließen, das Familienunternehmen ausbauen. Ich möchte den Namen Gallus bis in die hintersten Enden der Welt verbreiten.« Er hielt inne, küsste ihr Haar, atmete seinen Duft ein. »Und du wirst an meiner Seite sein«, fuhr er dann fort. »Wir werden gemeinsam Gaias Verehrungswürdige ausfindig machen.«
    »Willst du denn nicht in dein geliebtes Galicien zurückkehren, zu deinen Schwestern und deren Familien?«
    »Irgendwann vielleicht. Fürs Erste aber hat mein Erfolg, China erreicht zu haben, meinen Appetit auf mehr angestachelt. Mein Herz ist gespalten, Ulrika, nur nicht, wenn ich bei dir bin. Niemals war ich so in Einklang mit mir wie in diesem Moment.«
    Als sie vor Erregung und Verlangen zu zittern begann, fiel ihm eine Keramik ein, die er in China entdeckt hatte und die nur dort hergestellt wurde. Das Ausgangsmaterial war Ton, aus dem sich, bei extrem heißen Temperaturen gebrannt, Glas und andere glänzende Mineralien bildeten. Da Sebastianus die chinesische Bezeichnung dafür nicht aussprechen konnte, nannte er diese Art von Keramik
Porzellan
, schon weil sie ihn an die schimmernde Oberfläche der Porzellanschnecke erinnerte. Porzellan, schoss es ihm durch den Kopf, ist wie Ulrika – widerstandsfähig, glänzend, schön.
    Sie schaute zu ihm auf. »Wie ist es eigentlich um die Astrologen in China bestellt?«, fragte sie leise.
    Er strich ihr übers Haar und den Nacken, dann über ihren entblößten Arm, ehe er sie noch enger an sich zog. Ulrika, resolut und selbstbewusst, wirkte in seinen Armen verletzlich. Wieder spürte er Verlangen aufsteigen. »Ich habe sie erlebt und von ihnen gelernt. Es gibt in China unzählige Götter und Geister, jeder Teich, jeder Baum, sogar jede Küche hat einen eigenen Gott. Unmöglich, zumindest einige von ihnen aufzuzählen. Was in Rom und Luoyang hingegen gleich ist, ist der Kosmos. Dieselben Sterne, die auf den Tiber scheinen und hier auf den Euphrat, scheinen auch auf den Luo. Das war während meines Aufenthalts in einem fremden Land ungemein tröstlich. Und weil die Sterne überall dieselben, die einzige Konstante im Universum sind, glaube ich mehr denn je daran, dass sie unser Leben bestimmen. Sie beraten uns und warnen uns. Sie bringen uns Glück und bewahren uns vor Unheil. Die Sterne beinhalten Botschaften der Götter. Nie war mein Glauben in die Gestirne stärker.
    Chinesische Astrologen verfügen über messerscharfe Intelligenz und ein umfangreiches Wissen. Ich habe viele Stunden mit ihnen zusammengesessen. Ich habe Aufzeichnungen mitgebracht, Instrumente, Geräte für die Beobachtung und Berechnung der Sternenwege, uralte und geheimnisvolle Gleichungen. Dies alles gedenke ich dem Observatorium in Alexandria, wo die größten Astronomen der Welt die Gestirne studieren, zur Verfügung zu stellen, und ich bin sicher, mit all dem zusammen werden sie die Geheimnisse um den Sinn des Lebens enthüllen.«
    Obwohl die Nacht hereingebrochen war, entzündete Sebastianus keine weiteren Lampen. Und obwohl Datteln und Nüsse, Granatäpfel und Reiswein bereitstanden, verspürte das Liebespaar, das innig umschlungen auf seidenen Laken lag, keinen Hunger darauf. Weder wussten sie, ob die Welt draußen, ob Babylon noch existierte, noch interessierte es sie. Die Hand auf Ulrikas Busen, ihrem Herzschlag unter der seidigen Haut nachspürend, flüsterte Sebastianus: »Ulrika, du bist mein Horizont am Morgen, meine Oase bei Sonnenuntergang. Du bist der Mondschein, der meinen Weg erhellt, der süße Tagesanbruch, der meinen unruhigen Schlaf beendet.«
    Wieder wurde ihrer beider Verlangen übermächtig, und diesmal ging die Vereinigung über das Körperliche hinaus, war die Verschmelzung zweier Seelen. Ulrika kam es vor, als umfinge der Geist von Sebastianus sie uneingeschränkt und in beseligender Harmonie. Sie sog seinen

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