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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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mit großen Augen, das man verschiedentlich Iskander abzukaufen versuchte.
    Entlang ihres Weges hatten die drei sich von dem ernährt, was in der Wildnis wuchs, oder sie hatten bei Bauern Proviant eingetauscht oder sich mit Ulrikas medizinischen Hilfeleistungen ein Essen verdient. Sie hatten die Nächte unter den Sternen verbracht; Ulrika hatte mit angehört, wie Veeda im Schlummer wimmerte und wie Iskander, wenn er mal wieder keinen Schlaf fand, auf und ab ging. Sie hatten in kalten Gebirgsbächen gebadet, und jeweils morgens und abends hatte Iskander eine kleine Feuerstelle für seinen Gott Ahura Mazda gebaut und dabei Gebete gesungen, während Veeda aufmunternd Lobeshymnen an »die Engel unter uns« angestimmt hatte.
    Und jetzt hatten sie den Gebirgspass erreicht, der sie in eine Welt führen sollte, die nur wenige Fremde besucht hatten. Eine Welt, in der, wie Ulrika hoffte, noch immer der Magus lebte und auf alles eine Antwort wusste.
    Sie zweifelte nicht mehr daran, dass Iskander der Prinz war, dem zu helfen sie ausgeschickt worden war. Allerdings stand zu befürchten, dass sein Volk bereits ausgelöscht war. Wie sollte sie ihm helfen, wenn sie zu spät gekommen war? Vielleicht sagte ihm der Magus aber auch, dass Überlebende an einem anderen Ort im Osten darauf warteten, wieder mit ihm vereint zu sein.
    In den letzten Tagen hatte Iskander nicht viel gesagt. Umso aufgekratzter und redseliger gab sich Veeda. Obwohl sie noch humpelte und rasch ermüdete und trotz der Albträume von der Zerstörung ihres Dorfes hielt sie sich tapfer und stellte, während sie verborgenen Pfaden folgten, mit derart unerschöpflicher Neugier Fragen, dass die beiden anderen sie häufig ermahnen mussten, leise zu sein und sich dicht an Ulrika und Iskander zu halten. Die Verfolger, Iskanders Feinde, die Ulrika noch nicht zu Gesicht bekommen, deren wütende Aufschreie und stampfenden Schritte Ulrika aber sehr wohl gehört hatte, blieben ihnen auf den Fersen. Wenn sie sie einholten, würden sie sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit umbringen – Ulrika, Iskander und das Mädchen.
    Auf dem steinigen Weg angekommen, der zwischen zwei Berggipfeln verlief, blieben die drei stehen und schauten zurück. Von hier oben aus konnte Ulrika ihre Verfolger zum ersten Mal ausmachen, weit unten am Hang zwischen Bäumen und Felsblöcken, auf die die Mittagssonne brannte: bewaffnete bärtige Männer, die zu dem Trio hochschauten. Ungeachtet der Windböen, die um sie herumstrichen, richteten sie ihre bohrenden Blicke auf Iskander. Und während ein Adler in seinem Horst einen Schrei ausstieß, machten die Männer zu Ulrikas grenzenloser Überraschung kehrt und begannen den Abstieg.
    »Warum ziehen sie sich zurück?«, fragte sie Iskander.
    »Dies ist die Grenze ihres Territoriums. Von da an sind ihre Götter machtlos. Sie werden uns nicht länger folgen.«
    »Heißt das, wir sind jetzt in Sicherheit?« Hoffnung schwang in Veedas Worten mit.
    Schweigend beobachtete Iskander, wie die Gestalten immer kleiner wurden und schließlich verschwanden. Dann sagte er: »Sie werden sich nicht weit entfernen, sondern in der Nähe ein Lager aufschlagen und darauf warten, dass ich hinunterkomme. Es gilt, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten. Wenn sie müde geworden sind und unaufmerksam, werde ich mich in ihr Lager schleichen und ihnen im Schlaf die Kehle durchschneiden. Anschließend begebe ich mich in ihr Dorf und brenne es nieder. Kein Mann, keine Frau und kein Kind, niemand soll verschont werden. Meine Rache wird vollkommen sein.«
    Ulrika hörte fassungslos zu. Auf dem Weg durch die Berge war ihr aufgefallen, dass Iskander an Schlaflosigkeit litt. Obwohl er, kaum dass er unter seiner Decke lag, wegdöste, schreckte er bald darauf, heimgesucht von bösen Träumen und Dämonen, wieder hoch, und dann ging er für den Rest der Nacht rastlos auf und ab. Jetzt wusste sie, was ihn wach hielt – Rachegedanken.
    »Gehen wir weiter«, sagte er und nahm den letzten Abschnitt ihrer Wanderung in Angriff.
    Steile Felswände bar jeglicher Vegetation umgaben die drei, als sie sich schweigend über knirschendes Gestein und Geröll wieder auf den Weg machten. Der Wind, der ihnen entgegenschlug, wehte ihnen das Haar nach hinten, zerrte an ihrer Kleidung. Und als hätte es die Sonne darauf angelegt, sich dem Tempo des Trios anzupassen, neigte sie sich, nachdem sie ihren Zenit erreicht hatte, zur selben Zeit gen Westen, da sich die schweigenden Wanderer zum Abstieg auf der

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