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Die Schicksalsleserin

Titel: Die Schicksalsleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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heraus. Halt das Tuch vorsichtig vor Mund und Nase.« Der Mann gab ein Stöhnen von sich, das auch eine Bestätigung
sein konnte. »Nicht mit dem Kopf nicken«, empfahl Lucas noch.
    Die Tür ging auf. Der Mann, der die Kammer betrat, wirkte auf den ersten Blick wie ein Mensch voller Widersprüche. Das kantige Gesicht wirkte insgesamt kräftig, die Augen darin eher nachdenklich. Die Figur, das halblange Haar sowie die Narbe auf der Wange erinnerten an einen Landsknecht, doch der sorgfältig gehauene und verzierte Stoff von Wams und Beinkleidern sprach von Geld und von Stand. Der Mann besaß eine Aura, der man sich nur schwer entziehen konnte. Lucas mochte ihn gleich. Als er auf die Finger des Mannes blickte, wusste er auch, wen er vor sich hatte. Dicke Narben und Hornhaut zierten die Hände jedes geübten Schwertmeisters, aber nur Eck von Reischach hatte, so erzählte man sich, an der Linken zwei Finger verloren.
    Ein paar Augenblicke nach Reischach betrat Graf zu Hardegg den Raum. Seine Rüstung war glänzend aufpoliert, der Umhang mit Juwelen bestickt. Die Mütze auf seinem Kopf sprach von Keckheit und Prunksucht. Die Miene des Grafen war hart und überheblich. Lucas kam nicht umhin, die Männer miteinander zu vergleichen. Er hatte von einer schlimmen Rivalität zwischen ihnen gehört. Der Einzige, der die beiden angeblich daran hinderte, sich im Feldstab die Schädel einzuschlagen, war Graf Salm.
    »Was geht hier vor?«, fragte Graf zu Hardegg den Wachmann im roten Gewand harsch. Der wies auf Lucas und Wilhelm Hofer. »Die beiden Männer hier - sie haben den Türken gebracht. Angeblich hat er was zu sagen.«
    »Was sollte ein Türke schon zu sagen haben?« Zu Hardegg verengte die Augen zu Schlitzen. Ob der Graf schlecht sehen konnte? Lucas hatte sich noch nicht viel um die Augenmedizin bemüht, daher konnte er nur mutmaßen.

    »Du bist aus der Bürgerwehr, nicht wahr?«
    »Ja, Herr. Wir beide.« Der Student wies auf den Zimmermann und stellte sie beide vor.
    »Und wie kommt ihr darauf, dass der Osmane verdient hätte, dass wir ihm zuhören?«
    Lucas sah von Hardegg zu Reischach und zurück. Der eine wirkte bedrohlich, der andere prüfend. »Ich glaube nicht, dass das ein Osmane ist, Herr.«
    »Kein Osmane?«, fragte zu Hardegg stirnrunzelnd. »Er sieht aber aus wie einer.«
    Auch Eck von Reischachs Interesse schien geweckt. »Was soll er sonst sein?«
    Der Landsknecht Walther hatte Lucas einige Dinge zu den Osmanen erklärt. »Ich habe gehört, dass die Janitscharen oft christliche Sklaven sind«, erläuterte er. »Die meisten folgen wohl über kurz oder lang dem Gott der Osmanen, doch nicht alle. Man erkennt sie an ihrem Bart.« Er wies auf das Gesicht des Mauerkletterers. »Sklaven dürfen keinen Kinnbart tragen - nur einen Schnurrbart. Ich glaube, dieser Mann ist ein Christ.«
    Der Janitschare hatte die Unterhaltung offenbar verfolgt, denn während die Linke das blutbesudelte Tuch hielt, hob er die Rechte und bekreuzigte sich damit.
    »Er kann trotzdem ein Spion sein, von seinen Meistern gesandt, um Unfrieden zu stiften«, sagte zu Hardegg. »Vielleicht ist seine Absicht, zu uns vorzudringen und ein Attentat zu verüben!«
    »Er hat Schmerzen und kann momentan kaum atmen. Er hat ein paar wuchtige Schläge auf die Lunge abbekommen, eine gebrochene Nase und vielleicht auch ein paar gebrochene Rippen. Der wird niemanden angreifen.«
    Eck von Reischach zog die Stirn in Falten. »Du kennst dich verdammt gut aus in diesen Dingen. Bist du ein Feldscher?«

    »Nein, Herr. Ich bin ein Student der Medizin an der Alma Mater Rudolphina .«
    Graf zu Hardeggs offensichtliches Misstrauen wich einem kurzen Anflug von Sorge. »Kennst du meinen Sohn?«
    »Ich bin ein Freund Heinrichs, Herr.«
    »Weißt du, was mit ihm geschehen ist? Ist er am Leben?«
    »Ich weiß nur, dass er mit dem letzten Flüchtlingszug die Stadt verlassen hat, Herr. Wie es ihm geht, vermag ich nicht zu sagen.«
    Doch diese Nachricht beruhigte den Reiterhauptmann bereits. »Das ist gut«, murmelte er. Dann wandte er sich wieder dem Verletzten zu. Die ablehnende Haltung kehrte in seine Züge zurück. »Wir dürfen dem Mann nicht trauen. Alles, was er sagt, wird eine Lüge sein, um uns in die Irre zu führen.«
    »Das wisst Ihr nicht«, widersprach Lucas. »Warum sollte es nicht auch im Heer der Osmanen Menschen mit Menschlichkeit und Treue im Herzen geben - besonders, wenn es sich um einen Christen handelt?«
    Doch zu Hardegg blieb hart. »Was könnte uns

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