Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«
weitergab, die an ihn selbst gerichtet worden war, ob es nicht Zimmerleute unter euch gibt, welche ihm behilflich sein möchten, die Schaluppe auszubessern.
– Hier! rief ein Mann von ehrlichem Aussehen und erhob seinen Arm hoch über die Köpfe der Umstehenden.
– Hier! meldeten sich fast gleichzeitig zwei andere Auswanderer.
– Der erste, welcher sich bereit erklärt hat, heißt Smith, berichtete Hartlepool dem Kawdjer. Er ist ein braver Bursche und steht in Diensten der »Gesellschaft«. Die beiden anderen kenne ich nicht. Ich weiß nur, daß der eine Hobard heißt.
– Und wer ist der Redner, kennen Sie den?
– Ich glaube, daß er ein französischer Emigrant ist. Man sagte mir, daß er Beauval heiße, aber mit Bestimmtheit kann ich es nicht behaupten.«
Der Hochbootsmann täuschte sich nicht; so und nicht anders war der Name und die Nationalität des Redners, dessen sehr bewegter Lebenslauf in kurzen Worten gekennzeichnet werden kann.
Ferdinand Beauval war Advokat gewesen und vielleicht hätte er es in dieser Lebensstellung noch weit gebracht, wenn er nicht gleich in der ersten Zeit seiner Tätigkeit von der Tarantel »Politik« derart gestochen worden wäre, daß sein ganzes Sinnen und Trachten davon beeinflußt wurde. Um einen unbesiegbaren, dabei ziemlich unklaren Ehrgeiz zu befriedigen, hatte er sich einer sehr fortschrittlich gesinnten Partei angeschlossen und vernachlässigte von diesem Zeitpunkt an das Justizgebäude, um desto fleißiger an öffentlichen Versammlungen teilzunehmen. Wahrscheinlich wäre er, so gut wie ein anderer, über kurz oder lang zum Abgeordneten gewählt worden, hätte er seine Wahl geduldig abwarten können. Aber seine bescheidenen Mittel waren erschöpft, ehe der Erfolg sein Streben gekrönt hatte. Um sein Leben weiterzufristen, hatte er zu allen sich ihm bietenden Mitteln gegriffen, war in zweifelhafte Geschäfte verwickelt worden und von diesem Tage an war sein moralischer Verfall besiegelt; von Stufe zu Stufe sank er, bis ihn der Mangel, das Elend einer unhaltbaren Existenz zwang, auf dem Boden des freien Amerika sein Glück zu suchen.
Aber auch in der Neuen Welt hatte ihm das Schicksal nur ein finsteres Antlitz gezeigt, auch hier lächelte ihm das Glück nicht. Nachdem er von Stadt zu Stadt gewandert war und sich nach und nach in jedem Erwerbszweig versucht hatte, war er endlich nach San Francisco gekommen. Immer vom Geschick grausam verfolgt, war ihm schließlich nur ein Ausweg geblieben: die abermalige Verbannung.
Es war ihm gelungen, sich das notwendige Minimalkapital zu verschaffen und er hatte sich in die Auswandererliste einschreiben lassen auf die pompöse Ankündigung hin, die den ersten Ansiedlern der Delagoa-Bai das Blaue vom Himmel versprach. Jetzt, nach der Strandung des »Jonathan«, waren seine Hoffnungen wieder vernichtet und er war gleich den anderen Unglücklichen verurteilt, auf der Halbinsel Hardy ein elendes Dasein zu fristen. Gleichwohl hatten diese fortgesetzten Schicksalsschläge nicht vermocht, das Selbstvertrauen Ferdinand Beauvals zu erschüttern. Er baute auf seinen Stern. Alles ihm widerfahrene Mißgeschick schrieb er dem Schuldkonto anderer zu, deren Bosheit, Undankbarkeit, Eifersucht; er war sich seines Wertes wohl bewußt und nichts konnte ihm die Gewißheit rauben, daß es ihm eines Tages bei günstiger Gelegenheit gelingen würde, die gegnerischen Strömungen zu besiegen, über seine Verfolger zu triumphieren und eine Stellung einzunehmen, die ihm angesichts seiner hervorragenden Eigenschaften gebührte.
Deshalb hatte er auch nicht unterlassen, das Rednertalent – – das er sich bescheidenerweise zuschrieb – zu üben und spielte sich als leitendes Haupt der Expedition auf. Kaum an Bord des »Jonathan«, begann er zündende Reden zu halten und oft mußte Kapitän Leccar energisch eingreifen, um dem Unfug zu steuern.
Trotz dieses Widerstandes war es Ferdinand Beauval gelungen, seit dem Beginn der Reise, die ein so tragisches Ende fand, einige Anhänger zu finden und kleine Erfolge zu ernten. Manche seiner Reisegefährten – allerdings nur eine unbedeutende Anzahl – hatten den demagogischen Auseinandersetzungen, die das Leitmotiv einer jeden seiner Ansprachen bildeten, stets ein geneigtes Ohr geliehen; diese formten jetzt eine dichte Gruppe um den Schauplatz seiner Beredsamkeit.
Die Anzahl seiner Jünger wäre wohl größer gewesen, wenn Beauval – welchen das Mißgeschick bis auf das Schiff verfolgte – nicht an Bord des
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