Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
gesetzt. Das vorläufige Ende einer hoffnungsvoll begonnenen Theaterkarriere, der Sturz in die Arbeitslosigkeit – aber auch ein weiterer Schritt Schillers hin zum freien Schriftsteller.
„Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob Herze sich zu Herzen findet“ , reimt Schiller in seinem „Lied von der Glocke“. Da geht es zwar um das Thema Hochzeit – doch eine berufliche Verbindung sollte ähnlich sorgfältig abgewogen werden. Wie in Schillers Leben, so ist die Realität häufig ganz anders – grauer, farbloser, härter –, als es die blumigen Versprechungen manches Schönredners weismachen wollen. Und auch so manches schöne Auge lockt uns listig: Aus einer – letztlich nicht zustande gekommenen – Beziehung, die an der kühlen Berechnung der Mutter des Mädchens scheiterte, zog Schiller folgendes bitteres Resümee:
„In dieses Lebens buntem Lottospiele
sind es so oft nur Nieten, die wir ziehn.
Der Freundschaft stolzes Siegel tragen viele,
Die in der Prüfungsstunde treulos fliehn.
Oft sehen wir das Bild, das unsre Träume malen,
Aus Menschenaugen uns entgegenstrahlen:
Der, rufen wir, der muss es sein!
Wir hoffen es, – und es ist Stein!“
An Marie Henriette Elisabeth von Arnim
15 SEI SELBSTKRITISCH, ABER FAIR
„Unsre Poeten sind seicht,
doch das Unglück ließ’ sich vertuschen,
Hätten die Kritiker nicht, ach!
so entsetzlich viel Geist.“
Das ungleiche Verhältniß. Xenien
„Die ‚Freude‘ hingegen ist nach meinem jetzigen Gefühl durchaus fehlerhaft und ob sie gleich durch ein gewisses Feuer der Empfindung empfiehlt, so ist sie doch ein schlechtes Gedicht und bezeichnet eine Stufe der Bildung, die ich durchaus hinter mir lassen musste, um etwas Ordentliches hervorzubringen. Weil sie aber einem fehlerhaften Geschmack der Zeit entgegenkam, so hat sie die Ehre erhalten, gewissermaßen ein Volksgedicht zu werden.“
Diese Zeilen schreibt nicht etwa ein bösartiger Kritiker von Schillers Werken, sondern Schiller selbst – in einem Brief an seinen Freund Körner im Jahr 1800. Gewiss, die „Ode an die Freude“ ist da schon beinahe 15 Jahre alt, aber eine derart harsche Kritik seines eigenen früheren Schaffens hätte man Schiller, der doch immer nach vorn blickte, wohl kaum zugetraut. Und doch: Schiller, der Impulsive, besitzt eine erstaunliche Abgeklärtheit und eine erstaunliche Distanz auch zu seinem Werk.
Es ist der „Blick von außen“, den wir von Schiller lernen können. Die schonungslose Analyse des eigenen Tuns, der eigenen Werke. Die immer wieder neue „Standortbestimmung“ im Koordinatensystem des eigenen Lebens. Denn auch wir müssen uns immer wieder fragen: Sind wir noch auf dem richtigen Weg? Ist das, was wir tun, tatsächlich das Beste – nicht nur für den Augenblick, sondern auch auf lange Sicht?
Glücklich derjenige, der nicht nur seinen eigenen Standpunkt zu vertreten weiß, sondern dem es auch gelingt, als Beobachter den Standpunkt des anderen einzunehmen – um auch diese Sichtweise zumindest zu verstehen. Und zu erkennen, wie das eigene Reden und Handeln von Dritten wahrgenommen wird. Denn nicht alles, was von uns gut gemeint ist, kommt auch tatsächlich gut an. Wer immer nur auf sich schielt, der übersieht schnell, dass andere vielleicht bei weitem nicht so begeistert von einem sind. Im schlimmsten Fall droht dauernde emotionale Sprachlosigkeit – und die Verärgerung darüber, warum die vermeintlich „dummen“ Leute einen nicht verstehen wollen. Hier heißt das Zauberwort „Empathie“ – also Mitfühlen, sich in den anderen hineinversetzen.
Dies soll keinesfalls heißen, immer nur nach der Meinung der anderen zu schielen, es allen recht zu machen, sich nach einer vermeintlichen Mehrheitsmeinung zu orientieren. „Mach es Wenigen recht. Vielen gefallen ist schlimm“ , weiß Schiller aus eigener Erfahrung. Er hat im Leben genug Dickfelligkeit bewiesen, um auch schlimme und beinahe aussichtslose Situationen durchzustehen. Ja, in manchen Phasen seines Lebens hat Schiller sogar immer wieder jegliche gesunde Selbstkritik ausgeblendet – um auf seinem Weg weitergehen zu können.
Mehr als einmal ist er damit gescheitert, ist betrogen, ist ausgenutzt worden, war hinterher maßlos enttäuscht. Und doch: Auch an diesen Fehlern ist Schiller gewachsen. Er hat daraus gelernt. Er hat – mühsam, Stück für Stück, häufig unter Schmerzen und teuer bezahlt – an Lebensklugheit gewonnen (siehe Kapitel: „Sei nicht weltfremd“).
Doch in Bezug auf sein Werk war
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