Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
sich an seinen „Werther“, seinen „Götz“. Doch in der literarischen Welt zur Zeit der Französischen Revolution spielt Goethe längst keine entscheidende Rolle mehr. Die neue Zeit arbeitet für Schiller – und Arm in Arm mit ihm gewinnt auch Goethe neuen Schwung, neue literarische Relevanz.
Wie sich ein solches „Dream Team“ findet? Ein Patentrezept dafür gibt es sicherlich nicht. Manchmal ist es purer Zufall, manchmal gezielte Absicht eines Beteiligten, manchmal auch ein schrittweises Sich-Annähern, vielleicht auch ein abwartendes Belauern eines möglichen Konkurrenten aus der Ferne, ein distanziertes Beobachten und dann ein umso kräftigeres Umarmen. Auch Goethe hat sich lange geziert, hat sich dem demonstrativen Werben Schillers um seine Freundschaft lange entzogen – aus Desinteresse, möglicherweise auch aus Neid auf den jungen Kollegen mit seinen literarischen Achtungserfolgen. Andererseits: In Schiller brannte ein Feuer der Leidenschaft, das bei Goethe schon lange erloschen war, erstickt von den Pflichten des Amtes, und nur während der Italienreise noch einmal hell aufflackernd.
Möglicherweise geht es ja auch uns so: Mit dem neuen jungen Kollegen, der frischen Wind in die Abteilung bringt. Mit dem neuen Vorgesetzten, der plötzlich alles umstrukturiert und einen zwingt, sich auf Neues einzulassen. Mit dem Wechsel zu einem anderen Unternehmen, in eine andere Branche, in eine andere Stadt, ein anderes Land. Es ist der Perspektivwechsel, der unverstellte Blick von außen, der einem vielleicht klarmacht, wo man im Leben steht – und wohin man vielleicht noch kommen könnte. Ein „Dream Team“ zeichnet es eben aus, dass es Träume Realität werden lässt – und manches Undenkbare vielleicht noch dazu.
„Ich glaube fest an jede Freundschaft, die auf den Charakteren ruht; denn man bleibt einander immer notwendig.“
An Körner
„Das Liebesbündnis schöner Seelen
Knüpft oft der erste Augenblick.
Wenn andre, eh’ sie Freunde wählen,
Was sich dabei gewinnt, erst emsig überzählen
Verbindet jene schon ein Wort, ein stiller Blick.
Gleich Spiegeln strahlet eins des andern Blick zurück,
Sie wählen nicht, sie fühlen sich getrieben,
Und lieben ihren Freund, wie sie sich selber lieben.
Der erste Augenblick entscheidet gewöhnlich,
und so, glaub ich, ward unsre Freundschaft entschieden.“
Für Rahbek. Stammbuchblätter.
23 … AUCH IN DER PARTNERSCHAFT
„Raum ist in der kleinsten Hütte Für ein glücklich liebend Paar.“
„Der Jüngling am Bache“
„An einem trüben Novembertage im Jahre 1787 kamen zwei Reiter die Straße herunter. Sie waren in Mäntel eingehüllt; wir erkannten unseren Vetter Wilhelm von Wolzogen, der sich scherzend das halbe Gesicht mit dem Mantel verbarg; der andere Reiter war uns unbekannt und erregte unsre Neugier. Bald löste sich das Rätsel durch den Besuch des Vetters, der um die Erlaubnis bat, seinen Reisegefährten, Schiller, der seine verheiratete Schwester und Frau von Wolzogen in Meiningen besucht, am Abend bei uns einzuführen. … Schiller fühlte sich wohl und frei in unserm Familienkreise. Entfernt vom flachen Weltleben, galt uns das Geistige mehr als alles; wir umfassten es mit Herzenswärme, nicht befangen von kritischen Urteilen und Vorurteilen, nur der eignen Richtung unsrer Natur folgend. Dies war es, was er bedurfte, um sich selbst im Umgang aufzuschließen. Wir kannten seinen ‚Don Karlos‘ noch nicht. Ohne alle schriftstellerische Eitelkeit schien es ihm am Herzen zu liegen, dass wir ihn kennen lernten … Der Gedanke, sich unsrer Familie anzuschließen, schien schon an jenem Abend in ihm aufzudämmern, und zu unsrer Freude sprach er beim Abschiede den Plan aus, den nächsten Sommer in unserm schönen Tale zu verleben.“
So schildert Caroline von Beulwitz, die ältere und extrovertiertere der beiden Lengefeld-Schwestern, aus der Rückschau die erste Begegnung mit Schiller am 6. Dezember (!) 1787. Und eigentlich ist schon in diesem Moment klar: Hier wird sich ein neues „Dream Team“ finden. Auch wenn am Ende nicht Caroline, sondern ihre noch unverheiratete Schwester Charlotte von Lengefeld zu Schillers Frau wird – beeindruckt war auch Caroline von der ersten Begegnung mit dem bekannten Dichter, und sie wird es hinfort bleiben.
Und klar ist schon in diesem Moment: Der Mann hat feste Absichten. Er will endlich sein Leben ordnen, in geregelte Bahnen lenken. Er sucht eine Frau an seiner Seite, sehnt sich mit fast 30 Jahren nach dem,
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