Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
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Wir staunen angesichts dieser Begeisterung, die Schiller selbst bei wildfremden Menschen entfacht. Doch wir können auch daraus lernen: Wie Schiller es geschafft hat, Marketing in eigener Sache zu betreiben und sich weithin bekannt zu machen. Wie sehr er an seinem Ruf als genialer Dichter der „Räuber“ gefeilt hat. Wie sehr er seine dramatische Flucht, seine bitteren persönlichen Umstände zu verbreiten wusste – und letztlich daraus Kapital geschlagen hat. Denn im Grunde war er, trotz aller schwierigen Situationen, schon bald kein bemitleidenswerter Habenichts mehr, sondern ein europaweit bekannter Dichter. Ein Dichter zwar ohne Geld und ohne festen Wohnsitz, aber mit treuen Unterstützern und einem beachtlichen Renommee. Einem Renommee, das sich schon bald in neuen nützlichen Kontakten niederschlagen sollte, und letztlich auch in klingender Münze.
Schiller ist es immer wieder gelungen, andere von sich zu überzeugen. Er hat sein Umfeld spontan mitgerissen, er hat Freundschaften geknüpft. Und er hat gelernt, wie man Kontakte anbahnt. Das ist ihm nicht in den Schoß gefallen. Als er in Mannheim ankam, war er ein abgerissener, hagerer, stark schwäbelnder und auf gesellschaftlichem Parkett höchst unsicherer junger Mann. Erst später, letztlich auch mit Hilfe seiner adligen Frau, hat er an Statur gewonnen, hat endlich mehr auf seine Außenwirkung geachtet (siehe Kapitel „Unterschätze nicht die Faktoren Aussehen, Sprache und Kleidung“). Aber der grandiose Ruf des Dichters der „Räuber“, der eilte ihm stets voraus, öffnete ihm auch so schon von Ferne manche Tür …
Schiller hat Zeit seines Lebens auf Netzwerke gesetzt, die ihn weiterbringen konnten. Anfänglich mehr aus Hoffnung in verzweifelter Lage und noch ohne klare Strategie, hat er jeden sich bietenden Strohhalm ergriffen, jeden denkbaren Kontakt genutzt. Später, mit zunehmender Erfahrung, hat er dann ganz gezielt Bekanntschaften geknüpft. Er hat in Weimar Kontakt zu den Geistesgrößen seiner Zeit wie Herder und Wieland gesucht, hat (zunächst vergeblich) um Goethes Gunst gebuhlt, hat mit Charlotte von Lengefeld eine Frau aus gutem Hause und mit besten familiären Kontakten in die Weimarer Gesellschaft hinein kennen (und lieben) gelernt – und mit der Hochzeit letztlich auch seinen gesellschaftlichen Aufstieg in die Wege geleitet.
Schiller – ein kühler und berechnender Karrierist? Das wäre vielleicht ein wenig zu überspitzt formuliert, auch wenn ihm die Vorteile dieser Verbindung gewiss zupassgekommen sind. Aber seine Kontakte zu nutzen, sein Renommee gezielt einzusetzen, andere für sich werben zu lassen, das hat er klug und geschickt verstanden. Entscheidend ist dabei nicht so sehr das „Wie“, sondern dass man überhaupt erst einmal damit beginnt. Die „Schiller-Strategie“ – in solchen Momenten blitzt sie ganz deutlich hervor. Und zeigt uns exemplarisch, wie „klassisches“ Netzwerken aussehen kann.
„Ich sei, gewährt mir die Bitte, In eurem Bunde der dritte.“
Die Bürgschaft
21 BAUE STEIN FÜR STEIN AN DEINER KARRIERE – AUCH EHRENÄMTER KÖNNEN VON NUTZEN SEIN
„Mein Adel macht mich nicht satt.“
Aus den „Phönizierinnen des Euripides“
Jena, 26. Mai 1789: Ein letztes Mal überfliegt er die eng beschriebenen Seiten. Lange hat er an der Vorlesung – seiner ersten! – gearbeitet, und er ist sich sicher, dass sie gut ist. Aber würde er auch ihren Inhalt gut vermitteln können, wenn er ihn vortrug, wenn der Text nicht in gedruckter Form vor den Studenten lag, sondern von ihm selbst gelesen wurde? Er würde versuchen müssen, seinen immer noch deutlichen schwäbischen Dialekt zu unterdrücken …
Dem frisch gebackenen Professor der Geschichte bleibt keine Zeit mehr, sich in Selbstzweifeln zu ergehen, denn begleitet von älteren Kollegen, betritt er den Hörsaal der Jenaer Universität, der ihm für seine Antrittsvorlesung zugewiesen worden war – und er prallt zurück: Jeder Platz ist besetzt, die Studenten stehen auf den Gängen zwischen den Sitzreihen, manche haben sich auf den Boden gesetzt. Sie alle wollen den berühmten Dichter der „Räuber“ sehen und hören, der mit 29 Jahren zum Geschichtsprofessor berufen wurde …
Die älteren Professoren beraten kurz – ja, das wäre möglich … Kurze Zeit später ziehen die Studenten ins Griesbachhaus um, wo sich der größte Hörsaal der Jenaer Universität
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