Die Schlacht der Trolle
Adlige. Bald. Ich bleibe nur noch ein wenig liegen, dann werde ich versuchen, das Boot ans Ufer zu bringen. Wie viele Tage fahre ich schon? War es einer oder zwei? Sie konnte keinen Gedanken festhalten, solange der Fluss sie mit seinem einschläfernden Murmeln weitertrug.
Die Sterne leuchteten, bis sie plötzlich verschwanden und nur Schwärze übrig ließen.
Ein Stoß, der das Boot erschütterte, weckte Viçinia. Als sie ihre Augen aufschlug, griff kalte Furcht nach ihrem Herzen. Eine allumfassende Schwärze umgab sie. Ich bin blind!, dachte sie panisch.
Wieder ging ein Ruck durch das Boot, der diesmal von einem knirschenden Geräusch begleitet wurde. Viçinia ließ ihre Hände über die Planken des Bootes wandern, bis ihre Fingerkuppen kühlen Stein berührten, der an der Bootswand schabte. Der Stein war eben, wie von Menschenhand bearbeitet. Mühsam versuchte die Wlachakin, sich zu beruhigen. Sie atmete bewusst langsam und schloss die Augen wieder. Je ruhiger ihr Herz schlug, desto mehr wurde ihr ihre Umgebung bewusst. Das Rauschen des Flusses hallte an dem Ort wider, an dem sie sich befand. Es klang, als sei sie in einer tiefen Schlucht. Oder in einer Höhle. Die Erkenntnis ließ ihr Herz sinken. Die Angst kam dunkel und urtümlich zurück, als sie erkannte, wo sie sich befand. Oh nein. Nein. Der Magy hat mich in die Berge getragen. Ich bin in den Sorkaten!
So wie der Fluss im Westen aus vielen Quellen in den Bergen entsprang und sich auf seinem langen Weg durch das Land von dünnen Rinnsalen zu einem mächtigen Strom verbreiterte, so tauchte er im Osten in die Höhlen unter den Bergen ein, nur um jenseits der Sorkaten im Dyrischen Imperium wieder aufzutauchen. Niemand wusste, welchen verschlungenen Pfaden der Magy in den Tiefen der Sorkaten folgte. Die Bauern sagten, dass niemand, dessen Boot dort hineingeraten war, jemals wieder das Licht des Tages gesehen hatte. Die Angst hielt Viçinia in ihrem eisernen Griff. Aber wenigstens bin ich nicht blind, dachte die Wlachakin in dem verzweifelten Versuch, wieder Mut zu schöpfen. »Und noch lebe ich!«, sagte sie laut. Ihre Stimme wurde von den Wänden zurückgeworfen, klang hohl in ihren Ohren, doch die lähmende Furcht fiel von ihr ab.
»Noch lebe ich«, wiederholte sie, und dann rief sie noch einmal: »Ich lebe!«
Die Worte verhallten oder wurden vom Rauschen des Magy verschluckt. Vorsichtig richtete Viçinia sich auf. Ein Gefühl von Schwindel überkam sie, doch sie unterdrückte die aufsteigende Übelkeit und hielt sich an der Bordwand fest. Langsam verflüchtigten sich die tanzenden Lichter vor ihren Augen wieder.
Auf der linken Seite rieb das Boot im Takt der kleinen Wellen gegen den Fels. Anscheinend bewegte es sich nicht mehr, sondern lag fest an der Wand. Auf Händen und Füßen kroch Viçinia vorsichtig zum Bug. Tatsächlich wurde das Fischerboot dort gegen einen Vorsprung gedrückt und hing für den Moment fest.
Mit dieser Erkenntnis lehnte sich Viçinia zurück und dachte nach. Das Boot lag irgendwo in den Höhlen unterhalb der östlichen Sorkaten. Sie konnte versuchen, mit dem Fischerboot entweder durch die Finsternis den Fluss hinabzufahren oder gegen den Strom zurückzugelangen. Obwohl es ihr widerstrebte, die Hand in das Wasser zu tauchen, das sie nicht sehen konnte, ließ sie ihre Finger prüfend in das eiskalte Nass gleiten. Sie erkannte, dass die Strömung hier nur sehr schwach war. Dennoch erschien es ihr kaum möglich, ein Boot gegen den Fluss zu rudern, schon gar nicht allein.
Während sie noch überlegte, meldete sich ihr Magen mit einem unwirschen Knurren. Erst jetzt fiel der Bojarin auf, wie hungrig sie war. Wie lange habe ich nichts gegessen?, fragte sie sich, doch sie wusste die Antwort nicht. Aber sie erinnerte sich an Scilois Worte. Suchend tastete sie im Boot umher, bis sie tatsächlich einen Beutel fand, der unter eine der Bänke gestopft war. Dankbar suchte sie die Schnüre, die den Beutel verschlossen, und zog sie auf. Ihre forschenden Finger fanden mehrere eingewickelte Pakete unterschiedlicher Größe; vermutlich Brot, Käse und Wurst.
Gerade als sie diese herausnehmen wollte, berührte sie eine Metalldose. Für einen Moment stockte ihr Herz, dann jubelte sie innerlich. Ein Zunderkästchen!
Hastig suchte sie weiter und fand eine kleine Laterne, in der Öl gluckste. Mit zittrigen Fingern holte sie die Schätze hervor und baute sie in der Dunkelheit vor sich auf. Vorsichtig öffnete sie das Kästchen und schüttete ein
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