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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Überraschend stellte Sten fest, dass er Pard, trotz seiner wilden, urtümlichen Art, vermisste.
    »Du trauerst um ihn«, sagte Viçinia neben ihm. Wieder einmal war Sten erstaunt über ihre Fähigkeit, seine Gedanken und Gefühle zu erkennen, ohne dass er etwas erklären musste. Wortlos nickte er.
    »Ich ebenfalls«, stellte Viçinia fest. »Ich hätte das niemals für möglich gehalten. Aber ich hätte auch nicht geglaubt, dass es etwas gibt, was Pard umbringen kann. Er war stets so … unerschütterlich. Mehr eine Naturgewalt als ein Lebewesen.«
    Das brachte Sten zum Schmunzeln. Seine Erinnerungen an den Troll waren keineswegs nur guter Natur, und mehr als einmal hatte er den kriegerischen Riesen verflucht, aber im Laufe der Zeit hatte Pard sich dennoch als wahrer Freund erwiesen.
    Nun blieb ihnen keine andere Möglichkeit als die Rückkehr zum Schacht, denn Pard hatte den anderen Ausgang aus der Höhle des Dunkelgeistes einstürzen lassen. Schon roch Sten Schwefel und hörte das leise Pfeifen des Luftzugs.
    Als sie am Schacht anlangten, blickte der Wlachake skeptisch hinauf. Pard hatte gesagt, dass irgendwo dort über ihnen das Kloster Starig Jazek sei. Aber in der Dunkelheit konnte Sten nichts erkennen.
    »Dort oben sind viele Menschlinge«, ließ Kerr sich unvermittelt hinter ihm vernehmen. »Sehr viele Menschlinge.«
    Überrascht blickte Sten zu dem jungen Troll hinüber, der an einer Felsplatte lehnte.
    »Was? Woher …«
    »Ich habe sie gesehen. Ich habe alles gesehen. Ich habe sie gerochen, geschmeckt, gehört. Ich habe ihren Hass gespürt, ihre Angst, Verzweiflung, Freude. Alles.«
    Der Blick des Trolls ging an Sten vorbei, als könne er durch die Wände, die Felsen, ja, die ganze Welt blicken.
    »Was ist mit dir geschehen, in der … Schwärze?«, fragte Sten ehrfürchtig. Bislang hatte er sich über Kerrs Verhalten in der Höhle des Dunkelgeistes kaum Gedanken gemacht, doch plötzlich wurde ihm bewusst, dass der Troll sich verändert hatte. Seine Stimme klang fester, seine Worte bestimmt, und seine Miene drückte eine Gelassenheit aus, die Sten angesichts ihrer Lage verwirrte.
    »Ich habe den Schlag des Herzens in mich aufgenommen. Ich war … ich war alles. Jeder Stein, jeder Felsen, das ganze Land. Alles. Ich kann es nicht beschreiben.«
    »Das Herz schlug nicht«, stimmte Turk zu. »Zum ersten und einzigen Mal, seit ich zurückdenken kann, hatten die Dreeg aufgehört.«
    »Und was geschieht dort oben?«, unterbrach ihn Viçinia beinahe ungeduldig. »Du hast gesagt, dass dort viele Menschen sind? Wo sind sie genau?«
    »Fast direkt über uns. Zwei große Stämme«, erklärte Kerr. »Es gibt dort viel Hass und Angst.«
    »Zwei große Stämme? Zwei Armeen? Gab es einen Kampf?« Stens Stimme klang drängend. Der Krieg gegen Marczeg Laszlár, der bei seinem Aufbruch mit den Trollen gerade ausgebrochen war, hatte die ganze Zeit über nur eine untergeordnete Rolle in seinen Gedanken gespielt, war ihm fern gewesen wie eine alte Wunde. Doch nun brach diese wieder auf, und Sten spürte kalte Angst in sich aufsteigen. Findet hier eine Schlacht statt? Dann hat der Krieg sich an die südliche Grenze verlagert. Aber über uns liegt schon Ionnas Herrschaftsgebiet; Szilas greift also an.
    »Vielleicht. Die Menschlinge haben viel Metall an den Körpern und Waffen und bunte Stoffe an langen Stangen. Es waren viele, so viele Trolle habe ich noch nie auf einmal gesehen. Menschlinge auch nicht.«
    »Dreimal verflucht! Wir müssen den Schacht hinauf!«, entfuhr es Sten. Unruhe ergriff von ihm Besitz und vertrieb alle Müdigkeit und Erschöpfung. Die Erinnerungen an den Krieg, an Flores und Ionna kamen mit Macht zurück, verdrängten jeden anderen Gedanken.
    »Der Weg ist weit. Wir sollten uns vorher ausruhen.«
    »Hast du auch die anderen gespürt? Schleicher und den Rest der Stämme?«, fragte Turk.
    Es schien, als versuche Kerr, sich an etwas lang Vergangenes zu erinnern. Langsam nickte er. »Sie nähern sich ebenfalls der Oberfläche, aber sie entfernen sich vom Herzen.«
    »Wurden sie verfolgt?«
    »Ich glaube nicht, aber ich weiß es nicht sicher. Es gibt viele von Andas Trollen. Und es ging alles so schnell.«
    »Das ist etwas, was wir im Moment nicht ändern können. Aber ich muss wissen, was an der Oberfläche passiert«, unterbrach Sten die Trolle. Er konnte sehen, dass Viçinia ähnlich dachte. »Wir müssen wieder ans Tageslicht gelangen. Wenn dort oben eine Schlacht stattfindet, dann kämpft dort unser Volk.

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