Die Schlacht der Trolle
Ich habe Stimmen gehört.«
»Ja, das war nur ich.«
»Braucht Ihr Hilfe, Bojar?«
Sten schüttelte den Kopf: »Ich habe mich nur darüber gewundert, wie verflucht groß sie doch sind.«
Ohne ein weiteres Wort ging Vasile zurück auf seinen Wachposten vor dem Scheunentor, indes sich Sten wieder dem Anführer der Trolle zuwandte. Unbewusst ruhte die eine Hand des jungen Kriegers auf dem Knauf seines Schwertes, während er die andere langsam über die raue Haut am Arm des Trolls wandern ließ, wie um sich davon zu überzeugen, dass die Kreatur wirklich war.
Ein Lächeln stahl sich auf Stens Lippen, als er sich an die Abenteuer erinnerte, die er mit den Trollen durchlebt hatte. Sie hatten ihn in einem Käfig im Wald gefunden, ausgesetzt von Zorpads Schergen. Pard war zunächst dafür gewesen, Sten zu töten, da er den Menschen bei Tag fürchtete, doch er hatte sich von Druan überzeugen lassen, dass die Trolle die Hilfe des Wlachaken benötigten. Mehr als einmal hatte Stens Leben an einem dünnen Faden gehangen, denn Pard war dickköpfig, und es hatte lange gedauert, bis er akzeptiert hatte, dass sie sich gegenseitig helfen konnten. Hast du dich geändert? Mit Druan könnte ich reden und verhandeln. Aber mit dir, Pard?, fragte der Wlachake den schlafenden Troll stumm.
Seufzend erhob er sich und sah sich um. Draußen im Hof standen seine Krieger. Ein Ruf würde genügen, um sie herbeizuholen und das blutige Werk zu beginnen. Der Gedanke rief Erinnerungen in ihm wach. An eingestürzte Gebäude, die Leiber der Erschlagenen. Das Dorf Arsita war nur noch eine Ruine, seine Bewohner tot. Selbst Zorpad war in seinem Krieg nicht auf diese gnadenlose, alles vernichtende Weise vorgegangen. Der Marczeg hatte erobern und die Wlachaken unterwerfen wollen. Er hatte herrschen wollen, aber nicht über ein lebloses Land. Der Angriff in Arsita hingegen hatte nur ein Ziel gehabt: Vernichtung und Tod. Irgendwo unter all den Toten war auch Costin gewesen. Doch zu viele der Leichen waren zu grausam zugerichtet gewesen, als dass man sie noch hätte erkennen können. Jetzt lag der tapfere Maler in einem Grab, zusammen mit vielen anderen Bewohnern des Dorfes. Er hat den Kampf und die Schlacht gegen Zorpad überlebt, nur um in seinem Heimatdorf zerrissen zu werden, dachte Sten. Es wäre fast komisch, wenn es nicht so verdammt übel wäre. Seine Kehle war wie zugeschnürt, und er musste daran denken, wie geschickt der kleine Maler die Schar der Rebellen oft aufgeheitert hatte. Er hatte sich niemals unterkriegen lassen, nicht einmal im Angesicht des sicheren Todes, als sie sich Zorpad hatten ergeben müssen und alles verloren schien. Und er hat recht behalten. Wir haben überlebt, und nicht nur das, wir haben gewonnen. Doch Costin war nicht viel Zeit geblieben, die Früchte der Freiheit zu genießen. Und so reiht er sich ein in die Zahl der Toten, die wir beklagen. So viel Tod, so viel Leid, wie hält unser Volk das alles aus? Aber Sten kannte die Antwort. Irgendwie ging das Leben weiter, irgendwie gewöhnte man sich an die Verluste. Den Masriden wird es nicht anders ergehen. Auch ihre Söhne und Töchter lassen in den Kriegen ihr Leben. Und was ist mit euch Trollen? Vermisst ihr Druan und seine Weisheit? Trauert ihr um eure Toten, oder fresst ihr nur ihr Fleisch?
Der Ruf nach den Soldaten lag Sten auf der Zunge, doch wollte er ihm nicht über die Lippen kommen. Damals, im Wald nördlich von Orvol, da war die Entscheidung einfach gewesen. Als die Trolle tagsüber seiner Gnade ausgeliefert waren, ging es nur um ihn, um seine Sicherheit. Dennoch hatte der junge Wlachake mit sich ringen müssen, bis er sich entschieden hatte, die Trolle am Leben zu lassen.
Immer noch hielt seine Linke den Griff seiner Waffe fest umklammert, während er auf die Trolle hinabsah. Mit dem Untergang der Sonne würden sie sich wieder erheben. Und eine Gefahr darstellen. Nicht nur für Sten, sondern für alle Menschen in Wlachkis, und vor allem für Stens Schutzbefohlene, die Bürger von Dabrân, die sich auf den Bojaren und dessen Soldaten verließen und ihnen vertrauten.
Vertrauen ist der Dreh- und Angelpunkt. Vertraue ich Pard? Könnte ich ihm mein Leben anvertrauen? Und das Leben derjenigen, die sich, anders als ich, nicht verteidigen können? Und selbst wenn ich Pard vertraue, was ist mit den anderen Trollen, die ich nicht kenne?
Unsicher blickte Sten zum Tor der Scheune. Innerlich verfluchte er zunächst die Trolle und dann die gesamte Situation. Seine
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