Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schlacht von Trident

Die Schlacht von Trident

Titel: Die Schlacht von Trident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
Vom Netzwerk:
Sekunde zu Sekunde verstand er die Zusammenhänge besser, die ihn, das Volk der Kridan, die Xabong, die Menschen und den Amorphen verbanden. Diese Welt war eine völlig neue für den Raisa und ihre Komplexität brachte ihn an den Rand dessen, was er mental zu erfassen vermochte.
    »Warum?«, fragte er schließlich. »Warum hast du das getan? Warum hast du uns den Überlichtantrieb gebracht?« Der Raisa stieß ein verzweifeltes Krächzen aus, das ihm auch in der Wirklichkeit des Schlafzimmers und nicht nur auf dieser mentalen Ebene entfuhr, auf dem er sich mit dem »Weisheitsbringer« unterhielt. »Bist du nicht doch von Gott geschickt, so wie du es einst behauptet hast? Hat Er dich nicht zu uns geschickt, dem erwählten Volk, auf das du uns in Seinem Namen die Möglichkeit gibst, auf diese Weise ins All zu reisen? Bitte, sag, das es so ist!«
    »So ungerne ich dir deine Illusionen nehme, Raisa, aber ich handelte aus reiner egoistischer Neugierde«, sagte das Wesen hart. »Das Konzept der Religion war und ist mir immer ein Rätsel geblieben. Ich handelte in meinem Namen und nicht in dem eines anderen Wesens, dessen physische Existenz in keiner der von mir frequentierten Dimensionen nachgewiesen ist.«
    Verzweifelt nahm der greise Raisa diese Worte zur Kenntnis. Er konnte nicht anders, als diese neue Wahrheit, die man ihm gezeigt hatte, anzunehmen, auch wenn es ihm das Herz brach. »Dann«, sagte er leise und schabte erschüttert mit dem Schnabel, »soll dies mein Ende sein.«
    Ein letztes Mal atmete der Raisa tief ein.
    »Erwarte mich, Gott!«, betete er ein letztes Mal.
    Dann verließ der letzte Atemzug seinen Körper und der mentale Kontakt mit dem »Weisheitsbringer« brach ab.
    Dieser verweilte noch eine Zeitlang neben der toten Hülle des Kridan in seinem Schlafzimmer und dachte darüber nach, was er getan hatte. Er hatte einen alten Kridan zu Tode geängstigt, aus dem Grund, einen Krieg zu beenden. War das egoistisch?
    Auf eine gewisse Weise, ja, entschied das Wesen. Aber es sah seine Tat auch als eine Art Wiedergutmachung an, denn schließlich waren aufgrund seines Handelns Tausende Menschen zu Tode gekommen. Wären die Kridan niemals von selbst auf die Idee gekommen, den Überlichtantrieb zu entwickeln, vieles in dieser Weltraumregion hätte heute anders ausgesehen.
    Der Raisa ist tot , sagte sich das Wesen. So oder so. Jetzt muss das nur noch bekannt werden. Sobald die Kridan davon erfahren, müssen sie aufgrund der Traditionen ihres Volkes mit dem Krieg aufhören, solange bis ein neuer Raisa gefunden wurde. Das verschafft den Menschen sicher ein paar Jahre Zeit und sie können sich für das nächste Mal besser auf einen massiven Angriff vorbereiten. Und das ist ja alles, was ich wollte: Mehr Zeit. Für mich und die Menschen.
    Aus diesem Gedanken heraus stieß der Amorphe den Leichnam des Raisa von seiner Bettliege. Als das Rumpeln, das der Aufschlag der Leiche auf dem Boden verursachte, zu den Wachen nach draußen drang, schlugen diese sofort Alarm.
    Als die Tür geöffnet wurde, und, während das Licht im Schlafzimmer des Raisa anging, eine Handvoll Selif-Tanjaj ins Zimmer stürzte, da war der »Weisheitsbringer« schon wieder in einer anderen Dimension verschwunden. Er würde sich bei dem, was jetzt noch kam, bedeckt im Hintergrund halten und vielleicht eines Tages, wenn er die Menschen genug studiert hatte, wieder auf die eine oder andere Weise in Erscheinung treten.
    Aber bis dahin würde es noch ein langer Weg sein …
     
     
    »Lasst mich durch!« Der Erste Priester drängte sich durch die Massen an Bediensteten und Priestern, die sich schon im Schlafgemach des Raisa eingefunden hatten. Selif-Tanjaj versuchten, den unmittelbaren Bereich um die Leiche des Raisa, der in verkrümmter Haltung mit aus dem geöffneten Schnabel heraushängender Zunge auf dem Boden lag, frei zu halten, aber immer wieder drängten Anhänger der Priesterschaft nach vorne und wollten sich persönlich davon überzeugen, dass das religiöse Oberhaupt der Kridan diese Welt verlassen hatte.
    »Macht Platz für den Ersten Priester!«, sagte jemand, und eine Gasse zum Fundort des toten Raisa tat sich auf.
    Gemessenen Schrittes trat der oberste Priester an den Leichnam heran. »Mögest du jetzt bei Gott sein, ehrenwerter Raisa«, flüsterte er, während er sich hinabbeugte und mit ein paar schnellen Handgriffen festzustellen versuchte, ob auch wirklich der Tod eingetreten war und es sich nicht nur um eine durch Krankheit verursachte

Weitere Kostenlose Bücher