Die Schlacht von Trident
noch einmal dutzendfach unter den Anwesenden – mit demselben Ergebnis.
Es konnte so ohne weiteres keine Entscheidung gefällt werden. Die Stimmung heizte sich immer weiter auf. Schließlich zückten die Selif-Tanjaj sogar ihre Dolche, um sich der Bedrängungen durch die Priester zu erwehren.
In der Mitte des Raumes standen die beiden Anführer der so gegensätzlichen Gruppen, von der eine die Macht nicht verlieren und die andere sie endlich erlangen wollte.
Der Tod des Raisa hatte ein Machtvakuum hinterlassen, und im Moment konnte noch niemand sagen, wer diese Lücke für die nächsten Jahre schließen würde.
Wenn der Mar-Tanjaj sich durchsetzte, war das eine Sensation. Seine Auslegung des Willen Gottes abseits der Fixierung in den Heiligen Schriften war höchst fragwürdig und das Bekanntwerden eines solchen Ereignisses konnte einen ganzen Rattenschwanz an Problemen nach sich ziehen, wenn plötzlich jeder die Heilige Schrift so auslegen konnte, wie er wollte.
Wo kämen wir denn da hin? , dachte der Erste Priester und wollte sich die Antwort gar nicht erst vorstellen.
Setzte sich allerdings der Oberste Priester durch, dann würde alles den Traditionen gemäß verlaufen. Die Kridan und ihre durch den Krieg geschwächte und aufs Extremste belastete Infrastruktur innerhalb des Imperiums konnte sich erholen und festigen, dafür, wenn es das nächste Mal galt, die Göttliche Ordnung hinaus ins All zu tragen. Der Erste Priester fragte sich, warum der Mar-Tanjaj diesen offensichtlichen Vorteil nicht sah.
Natürlich fürchtete er um seine Ehre, wenn er den Rückzug befehlen musste, aber es war ja schließlich auch nicht seine Schuld, wenn der Raisa just im entscheidenden Augenblick der Schlacht starb.
Ein bedrohliches Knurren entrang sich der Kehle des Mar-Tanjaj. »Der Tod des Raisa wird erst in dem Moment bekannt gegeben, da auch das letzte Menschenschiff bei Trident vernichtet wurde!«, forderte er. »Wir werden uns nicht zurückziehen!«
»Das müsst ihr!«, sagte der Erste Priester wieder. »Das ist ein Gesetz Gottes!«
Von irgendwo her erklang ein Pfeifen und alle Gespräche in dem Raum verstummten abrupt. Einer der Priester hatte den Wandbildschirm im Schlafzimmer der Raisa aktiviert und einen Medienkanal eingestellt. Das Pfeifen, unter den Kridan eine Lautäußerung, um Aufmerksamkeit zu erregen, verklang.
Auf dem Bild erschien nun ein Bild des Raisa, als er noch jung und frisch aussah. Langsam verschwamm das Bild, wurde undeutlich und ging in die Darstellung eines Priesters über, der ernst und mit nach unten gerichtetem Schnabel in die Kamera blickte. Eine Geste der Demut und der Trauer.
»Volk von Kridania. Hört, was ich zu verkünden habe. Ich komme gerade aus dem Tempel des ehrenwerten Raisa und muss euch allen folgende traurige Mitteilung machen: Der Raisa ist tot!«
Ein Bild, offensichtlich mit der hochauflösenden Kamera eines Handspeichers gemacht, zeigte den Toten neben seinem Bett. Das Foto konnte keine halbe Stunde alt sein.
Ein Stöhnen entrang sich dem Mar-Tanjaj. Entmutigt ließ er seine Krallen sinken. »Wie ist der Priester hier heraus gekommen?«, fragte er seine Selif-Tanjaj. »Hat denn niemand von euch die Tür bewacht und darauf geachtet, dass niemand diesen Raum verlässt? Nein?«
Betreten wandten die angesprochenen Krieger ihre Schnäbel zu Boden. Dieser Fehler war nicht wieder gutzumachen, das wussten sie. Morgen würden sie ihre Karriere beim Militär an den Nagel hängen können. Vielleicht wäre das sowieso besser , überlegten einige von ihnen. Denn dann konnten sie in ein Kloster gehen und sich vom Militärangehörigen zum Mitglied der Priesterkaste wandeln, und die würde in nächster Zeit wohl ganz massiv das Sagen auf Kridania haben. Mal ganz davon abgesehen, dass es ohne einen Raisa, den es zu beschützen galt, auch keine Aufgabe mehr für sie gab. Bis die Priesterschaft ein neues Küken zum Raisa machen würde, zog bestimmt noch einige Zeit ins Land.
Mit neuer Selbstsicherheit blickte der Erste Priester dem Mar-Tanjaj in die Augen. Dieser war trotz seiner für einen Kridan recht ansehnlichen Größe angesichts der Situation in sich zusammengesunken und gab ein Bild des Elends ab. Er sah aus wie ein hilfloses Küken, das man im Nest zurückgelassen hatte, damit es starb.
»Veranlasse unverzüglich den Rückzug aus der Schlacht bei Trident!«, riet der Erste Priester dem Obersten der Krieger. »Die Öffentlichkeit weiß nun vom Tod des Raisa. Das Volk wartet sicher
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