Die schlafenden Hüter - Das Marsprojekt ; 5
hob seine Hand an den Mund und sprach ein paar Worte über dem Ring, den Carl für Schmuck gehalten hatte, der aber offenbar ein Rekorder war. »Ist notiert«, erklärte er dann.
Dann lief die Aufnahme des Videotelefonats zwischen Whiteheads Butler und einem betagten Mann an, der schlecht rasiert war, leidend dreinblickte und ein Hemd in grauenhaften Farben trug. Hinter ihm sah man ein halbes Dutzend Computerschirme, auf denen sich mathematische Kurven in schneller Abfolge bewegten. Bazman begrüßte ihn als »Doktor Iljanow«, was dieser mit einem kurzen Kopfnicken und einem unwirschen »Kommen wir gleich zur Sache« beantwortete.
»Ich habe die Aufnahme analysiert, mit allem, was wir haben«, erklärte er mit heftigem russischem Akzent. »Was kann es sein? Die Steuertriebwerke eines Raumschiffes Außerirdischer, das sich auf den Mars zubewegt? Schwer vorstellbar. Auch wenn wir den Erbauern der blauen Türme zugestehen müssen, dass sie uns technologisch überlegen sind, bliebe doch die Masse des Schiffes. Die Messgeräte der um den Mars kreisenden Satelliten sind zwar nicht die besten, aber dass sie Raumschiffe ausmachen können, die sich dem Mars bis auf eine gewisse Distanz genähert haben, stellen sie immer wieder unter Beweis.«
»Könnten die Lichterscheinungen einfach von den Triebwerken von Wächtersonden herrühren, von Moskitos, die man auf eine neue Bahn gebracht hat?«, fragte Bazman nach.
»Könnte, ja, aber dagegen spricht, dass es drei Lichter sind«, bellte Iljanow, den die Unterredung sichtlich langweilte. »Die gängige Praxis der Asteroidenwache ist, jeweils immer nur eine einzige Sonde anzusteuern. Mehr ist auch nicht nötig, so dicht stehen die ja nicht beieinander. Nein, ich glaube«, fuhr der Wissenschaftler unleidig fort, »die Erklärung ist ganz einfach und wesentlich unspektakulärer, als Sie denken. Wahrscheinlich ist da draußen gar nichts . Wahrscheinlich handelt es sich um Reflexe aus dem Inneren des Teleskops des Mondobservatoriums – die natürlich nicht vorkommen sollten, ein Kunstfehler gewissermaßen. Das würde auch erklären, wieso das Tycho Brahe jede Urheberschaft abstreitet … Lächerlich, denn die digitale Signatur der Bilder ist ja überprüfbar … jedenfalls, wenn solche Reflexe durch die Nachbearbeitung im Computer laufen, kann alles Mögliche dabei herauskommen.«
»Kann man das irgendwie feststellen?«, fragte Bazman.
»Vielleicht.« Der grantige Wissenschaftler schüttelte den Kopf. »Aber dazu bräuchte man die Originale. Mit dem, was Sie mir geschickt haben, kann man nicht mehr viel anfangen.«
Whitehead schaltete auf Pause. Die Gesichter der beiden Männer froren auf dem Bildschirm ein.
»Ihre Meinung dazu, meine Damen und Herren?«, wollte er wissen.
Nachdenkliche, unergründliche Gesichter in der Runde. Dann hob eine kleine Frau mit strohigem Haar die Hand. »Also … für mich klingt das plausibel. Ich kenne das mit den Nachbearbeitungsprogrammen vom Radar – wenn die andere Daten kriegen als die, für die sie programmiert sind, dann wird’s echt wild auf dem Schirm.«
»Wenn es Raumschiffe der Außerirdischen wären«, warf der Kapitän ein, »die aus wer weiß wie vielen Lichtjahren Entfernung kommen, dann ist schwer zu glauben, dass sie für den Rest der Strecke so lange brauchen sollten.«
»Ja. Richtig.« Whitehead verschränkte die Arme. »Das könnte ich alles akzeptieren. Drei Lichter in unbekannten Weltraumtiefen, das ist weiß Gott nicht viel, um daraus irgendetwas abzuleiten. Aber wenn ich diese Aufnahmen, die eindeutig vom Mondobservatorium stammen, von einem Kontaktmann auf dem Mond zugespielt bekomme, wenn das Observatorium am nächsten Tag bestreitet, diese Aufnahmen gemacht zu haben, und ich darüber hinaus von besagtem Kontaktmann nichts mehr höre – dann sind mir das ein paar Zufälle zu viel.«
»Vielleicht sollten Sie jemand anders zum Mond schicken, damit er nachsieht.«
»Wollte ich. Aber jetzt halten Sie sich fest: Die Raumfahrtbehörde hat alle Flüge zum Mond gestrichen. Wegen Sonnenwindgefahr.«
»Sonnenwind?«, echote der Kommandant der SAGITTARIUS ALPHA verdutzt. »Davon weiß ich aber nichts.«
»Seltsam, oder? Angeblich treibe da ein Flare , klein, aber gefährlich. Ich meine, okay, so was gibt es ja tatsächlich, aber gerade jetzt? Noch so ein merkwürdiger Zufall.«
»Mister Whitehead, wie heißt Ihr Kontaktmann eigentlich?«, wollte Elinn unvermittelt wissen.
Die Stirn des Milliardärs legte sich in Falten.
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