Die schlafenden Hüter - Das Marsprojekt ; 5
Verwünschungen ausstoßen, sich schließlich beruhigen und fragen: »Wann kommt der nächste Satellit in Position? Oder meinetwegen derselbe, egal – ich will wissen, wann wir den nächsten Anruf versuchen können.«
»Kurz vor fünf Uhr.«
Eikanger stieß ein Knurren aus. »Zum Teufel«, sagte er dann. »Die beiden sollen warten und dann soll der Chinese es noch einmal versuchen.«
So warteten sie also. Immerhin, auf dem Schirm der Kommunikationsanlage lief eine Uhr; die konnte man beobachten. Auf drei Uhr vierzig folgte drei Uhr einundvierzig. Nicht gerade überraschend, aber doch irgendwie beruhigend.
Es wurde beinahe langweilig, hier zu sitzen, gemeinsam mit Mrs Guarneri und dem jungen, verbissen dreinblickenden Mann mit der Waffe, dessen Verbissenheit mit jeder Viertelstunde, die verstrich, unübersehbarer Müdigkeit wich.
Um drei Uhr neunundfünfzig piepste im Nebenraum ein Kommunikator. »Ja«, bellte Eikanger. »Was? Ist das sicher? Ah. Okay. Gut.« Wählgeräusche. »Sampan soll kommen. Ja, sofort.« Wieder das Geräusch der Tastatur. »Ansgar hier. Hol alle verfügbaren Leute aus den Betten und besetz alle Rover. Ja, natürlich sofort, was denkst du denn?«
Die Tür ging auf und ein bulliger Thai kam herein. Er warf Yin Chi nur einen desinteressierten Blick aus wässrigen Augen zu, ehe er nach nebenan eilte. Dort hörte Yin Chi ihn mit Eikanger reden, zu leise allerdings, als dass er mitbekommen hätte, worum es ging.
»Also, so machen wir es«, war Eikanger plötzlich zu vernehmen – er schien gerade von seinem Stuhl aufzustehen. »Ich fliege und du übernimmst hier das Kommando.«
»Alles klar«, erwiderte Sampan. Er hatte eine ölige Stimme, sprach mit dem typischen Akzent der Thailänder.
Eikanger kam herausgestürmt, noch stiernackiger und breitschultriger wirkend als vorhin, und stürmte zur Tür hinaus, ohne Yin Chi oder sonst jemanden zu beachten. Von draußen hörte man noch einen Moment seine Schritte auf dem Gitterboden im Gang.
Sampan, sein Stellvertreter, machte erheblich weniger Wirbel. Er kam nur herein, nickte dem Mann mit der Waffe zu und fragte: »Alles klar?«
»Alles klar«, beeilte der sich zu versichern.
Worauf Sampan Yin Chi ansah und hohnlächelnd erklärte: »Ihre KI hat gerade gemeldet, dass das Shuttle gelandet ist. Freundlich von ihr, finden Sie nicht? Landeplatz 4, wo immer das ist.«
Yin Chi musste an sich halten, um sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Diesen Triumph wollte er ihnen nicht gönnen.
»Dann können wir ja ins Bett gehen«, meinte er so gelassen, wie es ihm möglich war.
Sampan kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Besser, Sie bleiben noch in Bereitschaft. Bis wir die Leute aus dem Shuttle haben.«
Es war eine Sache von Minuten, das Shuttle zu verlassen.
In demselben Moment, in dem es aufsetzte, lösten Ariana und Pigrato ihre Gurte. Die Raumanzüge hatten sie schon an. Rein in die Schleuse, raus aus der Schleuse und die Leiter hinunter, so schnell es ging, an den dampfenden Triebwerken vorbei und mit einem letzten Sprung zum Boden.
Und dann rennen. Weil Roger Knight die Motoren noch einmal zünden wollte, sobald sie außer Reichweite waren, damit die Triebwerksgase alle Spuren verwischten.
Roger Knight hatte das Shuttle auf dem äußersten der vier Landeplätze gelandet, beinahe zehn Kilometer entfernt von der Siedlung. Er hatte einen Bogen gesteuert und den Landeplatz von Westen her angeflogen, aber trotzdem: Es sei so gut wie ausgeschlossen, dass ihre Landung unbemerkt bleiben würde. »Da kann man nichts machen, so ein Triebwerksstrahl ist nun einmal verdammt hell«, hatte er erklärt. »Wir müssen auf Zeit spielen.«
Tagsüber zu landen, wäre noch auffälliger gewesen. Zwar hätte man bei Tageslicht den Triebwerksstrahl nicht so gut gesehen, dafür aber den bei der Landung aufgewirbelten Staub, der stundenlang kilometerhoch in der Luft hing.
Und wenn es stimmte, was Van Leer geschrieben hatte – dass AI-20 den Eindringlingen gehorchte –, dann gab es die Chance einer unbeobachteten Landung ohnehin nicht. Die künstliche Intelligenz überwachte die gesamte Umgebung mit unbestechlichen Instrumenten.
Sie marschierten jetzt schon seit einer guten Stunde. Das Geräusch ihres eigenen Atems erfüllte Arianas Helm. Ihre Beinmuskeln schmerzten. Im fahlen Licht ihrer Brustlampe sah der Boden vor ihren Füßen aus wie getrockneter Schlamm. Er knackte spröde, wenn man darauf trat, und wenn man Pech hatte, versank man bis zu
Weitere Kostenlose Bücher