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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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und verneigte sich kaum sichtbar. Er war hoch gewachsen, hatte einen Eierkopf, eine Glatze und riesige graue Augen, mit denen er Menschen einzuschüchtern verstand.
    »Ich bin soeben auf dem Weg zu meinem maariv «, erklärte er überflüssigerweise, denn es war offensichtlich, dass er gleich das Abendgebet ablegen würde. Er war eingehüllt in seinen schwarzen tallit , den traditionellen weiten Gebetsmantel, und in der linken Hand bewaffnet mit dem Gebetbuch, dem siddur . Die schalenförmige Kopfbedeckung, die jarmulha , trug er in der rechten Hand, setzte sie jedoch im nächsten Moment auf.
    »Ich hoffe«, ergänzte er mit großen Augen, »meine Ruhe zu finden inmitten dieser albernen Schar von Gecken. Es tut weh, mit anzusehen, wie sie sich aufführen.«
    »Die Menschen amüsieren sich«, stellte Salome fest. »Sie reden, scherzen, lachen, bewundern den Palast … Alles ganz normale Dinge. Außerdem besteht kein Grund zur Sorge um deine Gebetsruhe, denn die Synagoge ist für die nichtjüdischen Gäste nicht zugänglich, wie du sicher weißt – das strenge Verbot stammt von dir selbst.«
    Sie bemühte sich, in sachlichem Ton zu sprechen, doch das reichte bereits, um ihn zu provozieren. Rabban Jehudah fasste jeden Widerspruch, ja sogar die geringste Korrektur seiner Aussagen, als Auflehnung gegen sich und den ganzen Glauben auf. Er hatte allerdings die Eigenart, stets ruhig zu bleiben. Nie fuchtelte er mit seinen Händen in wildem Zorn herum, und niemals hörte man ihn laut sprechen, geschweige denn schreien. Bei ihm erfüllten seine riesigen Augen ihren Zweck, denn unter ihrem Blick fühlte Salome sich an die Propheten erinnert – so hatte sie sich als Mädchen die unentwegten Mahner und Unheilsverkünder längst vergangener Tage vorgestellt. Auch sie konnte sich nicht freimachen von der unheimlichen Wirkung dieser stechenden Augen, aber ihre Streitlust obsiegte. Rabban Jehudah personifizierte alles, was ihr immer schon unerträglich gewesen war: geistige Unbeweglichkeit verbunden mit einem Absolutheitsanspruch der eigenen Meinung.
    »Vielen Dank für den freundlichen Hinweis«, entgegnete er. »Da wir gerade von der Synagoge sprechen – wir vermissen dort euer beider Anwesenheit. Vor allem du, Fürstin Haritha, solltest die Innigkeit deines Glaubens hin und wieder mit einem Besuch in der Gemeinde Gottes bekräftigen.«
    Salome sah Haritha an. Ihre neu gewonnene Freundin hatte über den Tag verteilt bereits große Mengen theriac getrunken, und sie schwankte zwischen Hochstimmung und Apathie hin und her. Eben noch war sie agil gewesen, doch die letzten zwei Minuten hatten gereicht, sie lethargisch werden zu lassen.
    Haritha antwortete dem Rabban einfach nicht.
    »Wie du sicher weißt«, antwortete Salome für ihre Freundin, »sind Frauen seit jeher von religiösen Verpflichtungen befreit.«
    »Ja, um sich um den Haushalt und die Kinder kümmern zu können. Doch Haritha nimmt im Haushalt keine Aufgaben wahr, und Kinder hat sie auch nicht. Es ist nicht gut, sich derart von der Gemeinde abzusondern.«
    Wieder sprang Salome für Haritha in die Bresche. »Bedeutet der Ursprung des Namens ›Pharisäer‹ nicht ›die Abgesonderten‹?«, fragte Salome.
    »Abgesondert vom falschen Glauben, ja«, erwiderte Jehudah, an Schärfe gewinnend. »Nicht von Gott. Da du dich so rege an diesem Gespräch beteiligst: Auch dich habe ich noch kein einziges Mal in der Synagoge gesehen.«
    »Das muss daran liegen, dass ich noch nicht dort war.«
    Er atmete tief durch. »Dein Verhalten ärgert uns.«
    »Es tut mir Leid, dass ich diese Gefühle bei dir und deinen Anhängern verursache.«
    »Du kannst leicht etwas dagegen tun. Trage angemessene Kleidung, gehe in die Synagoge, sei bescheiden und lasse dich von einem jüdischen Mann heiraten.«
    Salome dachte nicht daran, das zu tun, was der Rabban gebot. Unter Begriffen wie angemessen und bescheiden, gegen die im Grunde nichts zu sagen war, verstanden die Pharisäer etwas völlig anderes als die meisten Menschen. Sie definierten die Eigenschaften nach Gutdünken. Aber das alles überraschte Salome nicht mehr und war keine Erwiderung wert. Nur die letzte Aufforderung des Rabbans reizte sie.
    »Zu gegebener Zeit wird sich ein Mann von mir heiraten lassen«, antwortete sie unter Veränderung der Betonungen und lächelte süß.
    Seine Augen wurden noch größer und drohender, als sie ohnehin waren. »Deine Einstellung wird dir kein Glück bringen, Salome«, sagte er.
    »Meine Einstellung

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