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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ihm nichts von Pilatus zu erzählen.
    »Der heidnische Prokurator wird übermorgen an der Einweihung der neuen Hauptstadt teilnehmen. Ich weiß, wo er sitzen wird, und kann dafür sorgen, dass ihr einige eurer Männer in seine Nähe bringen könnt. Gleich neben ihm sitzt Salome, die Stadtfürstin von Ashdod und eine Heidenhure, vielleicht sogar seine Heidenhure.«
    Menahem wirkte unbeeindruckt. »Und?«
    »Und?«, echote Kephallion. Musste er diesem Menahem jetzt etwa das Denken abnehmen? »Es ist ein Leichtes, beide zu töten. Das wird den Römern und allen Sündern zeigen, dass wir …«
    »… törichte Einfaltspinsel sind«, ergänzte Menahem. »Die Römer würden durch eine solche Tat eher gestärkt als geschwächt. Sie würden sich gezwungen sehen, ihre Präsenz zu vergrößern, ja, vielleicht würden sie dem Tetrarchen sogar einige seiner Kompetenzen entziehen, unter anderem die Polizeigewalt. Und dann? Unter Antipas können wir uns noch einigermaßen frei entfalten, denn seine Spitzel stellen sich dumm an. Die Römer hingegen würden …«
    »Das darf doch nicht wahr sein«, schrie Kephallion mit aufgerissenen Augen und erhobenen Händen. »Ich biete dir den Statthalter des heidnischen Kaisers auf einem Tablett, den Kopf des höchsten Repräsentanten unserer gehassten Besatzer, und du verkriechst dich vor Angst und Schreck in deiner Hütte wie ein altes Weib.«
    »Es bleibt bei meiner Entscheidung«, entgegnete Menahem knapp und schickte sich an zu gehen.
    »Warte«, rief Kephallion. Er sprang auf Menahem zu und hielt ihn am Arm fest. »Du gönnst mir den Ruhm nicht, deswegen lehnst du ab, nicht wahr? Du bist eifersüchtig, weil ich Sadoq eine einmalige Gelegenheit biete, die du ihm nicht geben kannst. Darum stößt du mich zurück, darum lässt du mich nicht teilhaben an dem heroischen Kampf.«
    »Du täuschst dich«, sagte Menahem ruhig. »Da du selbst voll von Eifersucht bist, glaubst du, sie in allen anderen Menschen zu sehen.«
    Kephallions Augen verengten sich. »Du kannst mich nicht leiden.«
    »Wir können uns gegenseitig nicht leiden, Kephallion, aber wenn du wirklich den Zeloten angehören willst, dann musst du als Erstes lernen, dass bei uns solche persönlichen Gefühle hinter der Sache zurücktreten müssen.«
    »Ich will zu Sadoq. Er wird mich verstehen.«
    »Du bist hier kein Prinz von Judäa, Kephallion, du bist ein Fremder. Und ich entscheide, ob und wann du Sadoq zu Gesicht bekommst.«
    Später, als Kephallion Nazareth wieder verlassen hatte und in den blutroten Sonnenaufgang über Galiläa ritt, drehten sich seine Gedanken nur um Pilatus und Salome und Menahem. Für jeden von ihnen empfand er den gleichen Hass. Gut, wenn die Zeloten nicht wollten, dann würde eben er es tun, dann würde seine eigene Hand, so wie einst König Davids Hand, den Dolch gegen die Unbeschnittenen und die Abtrünnigen führen.
     
    Das große Ereignis warf seinen Schatten voraus. Einen Tag vor der festlichen Einweihung von Tiberias trafen Scharen von Gästen aus dem Orient, von Dienern, Höflingen und Sklaven ein, die wie Heuschrecken über das Westufer des Sees Genezareth herfielen. Abordnungen aus Phönizien, Mesopotamien und Nabatäa, aus Kilikien, Zypern und Armenien waren eingeladen, dem Spektakel beizuwohnen, und ihre Stimmen, bunten Gewänder und exotischen Düfte erfüllten jeden Winkel des Palastes und seiner Gärten.
    Inmitten des Trubels lief Rabban Jehudah mit verkniffenem Gesicht durch die Gänge und traf zufällig auf Salome und Haritha, die ihren Spaziergang durch die fremde Menge genossen.
    »Oh nein«, stieß Haritha aus, als sie ihn näher kommen sah. »Der Tag war so schön. Warum müssen wir ausgerechnet jetzt diesem Pharisäer begegnen?« Sie wollte vor Rabban Jehudah davonlaufen, aber Salome hielt sie fest.
    »Wir müssen hier durch, wenn wir zu deinen Gemächern wollen«, sagte sie. »Außerdem wird er uns schon nicht fressen.«
    »Da kennst du ihn schlecht.«
    Das stimmte. Sie und Rabban Jehudah waren sich in den Wochen ihres Aufenthaltes sorgfältig aus dem Weg gegangen. Sie sahen sich nur während der Festmahle am wöchentlichen shabbat und jener, die für Pilatus gegeben wurden, und da waren genug andere Menschen anwesend, um den ganzen Abend kein Wort miteinander sprechen zu müssen. Jetzt jedoch konnten sie einander nicht ausweichen, denn es wäre ausgesprochen unverschämt von Jehudah gewesen, ohne ein Wort an Antipas’ Frau vorbeizugehen.
    Wie vorherzusehen, blieb er vor ihnen stehen

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