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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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diese Stellen für falsch.«
    Die Empörung, die daraufhin losbrach, stellte alles Vorherige in den Schatten. Priester und Leviten standen auf und lärmten, manche ballten die Fäuste gen Himmel, anderen schien vor Schreck das Herz still zu stehen. Jemand erdreistete sich, klüger als Gott zu sein. Kaiphas brauchte eine Weile, um die Ordnung im Sanhedrin wiederherzustellen.
    Jehudah und Nathan waren sichtlich zufrieden. Nur noch die letzte Frage trennte sie von einem sicheren Schuldspruch für Salome.
    »Drittens«, rief Jehudah. »Hast du neben dem Griechen Timon gelegen und damit deine Ehe mit Philipp gebrochen?«
    Nächtelang hatte Salome nachgegrübelt, wie sie sich in der Verhandlung verhalten sollte. Mal war sie entschlossen gewesen, die Wahrheit zu sagen, mal erschütterten sie die Erinnerungen an Harithas elenden Tod, und sie war bereit, für ihr Überleben zu lügen, selbst wenn das bedeutete, die schönsten Augenblicke der letzten Jahre zu leugnen.
    Doch es ging nicht nur um ihr eigenes Leben, sondern womöglich auch um ein weiteres. Vorsichtig legte sie ihre Hände auf den Unterleib.
    »Nein«, rief sie und löste ein weiteres Mal Murmeln und Raunen aus.
    Jehudah stellte sich mit großen Augen vor ihr auf. »Soll das heißen, du bestreitest, eine Liebschaft mit Timon dem Architekten gehabt zu haben?«
    »Deine Auffassungsgabe ist beeindruckend, edler Rabban «, lächelte sie und löste bei einigen Sadduzäern, die diesen extremsten aller Pharisäer ohnehin nicht leiden konnten, leichtes Schmunzeln aus.
    Rabban Jehudah wollte gerade zu einer heftigen Erwiderung ansetzen, als sein Blick über Salomes Schultern hinweg zum Eingang der Gerichtshalle schweifte. Ein Grinsen zog über seinen Mund, dann sagte er: »Dort haben wir jemanden, den deine Antwort sicher außerordentlich interessieren wird.«
    »Timon«, schrie Salome, als sie sich umwandte.
    Er wurde von vier speculatores in die Halle geführt. Seine Hände waren gefesselt, Gesicht und Kleidung vom Staub der trockenen Ebenen überzogen. Er sah aus wie nach einem langen Ritt, erschöpft und durstig, und Salome begriff sofort, dass er nicht von Pilatus’ Häschern aufgespürt worden, sondern aus eigenem Willen hergekommen war. Sie wusste nicht, ob sie sich ängstigen oder freuen sollte. Wenn sie heute verurteilt und somit untergehen würde, konnte er leicht in ihren Sog geraten. Andererseits gab sein bloßer Anblick ihr Kraft.
    Während der Hauptmann der speculatores dem Sanhedrin erklärte, Timon habe sich freiwillig gestellt, um hier auszusagen, blickte Timon ihr kurz und innig in die Augen und flüsterte: »Ich war schon in Tyrus. Von da an ging es nicht mehr, Salome. Ich konnte nicht weiterreiten und dich den Hyänen überlassen. Ich liebe dich. Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben.«
    Salome musste mehrmals schlucken, um die Tränen zurückzuhalten. Nach allem, was in den vergangenen Monaten geschehen war, war sie sich der Liebe Timons nicht mehr sicher gewesen. Ihre Dummheiten und Fehler, seine Ansichten darüber, zuletzt die Missverständnisse … Sie hatten eine schwere Zeit hinter sich, aber ihre Liebe zueinander hatte alles überstanden, ja, die heutige Krise führte sie erst wieder zusammen.
    Sie lächelte glücklich. »Ich liebe dich auch. Mehr als …«
    »Was habt ihr beide da zu tuscheln?«, fuhr Jehudah sie an. »Ihr sprecht euch ab, nicht wahr?«
    »Wir sind Freunde«, erklärte Timon. »Salome hat mir in Philippi das Leben gerettet, dafür gibt es Dutzende Zeugen. Seither bin ich der Fürstin von Basan in Respekt verbunden.«
    »Sie ist nicht länger Fürstin von Basan, sondern nur noch von Ashdod«, zischte Jehudah besserwisserisch.
    »Diesen Titel«, flüsterte Timon zu Salome, so dass nur sie es hören konnte, »habe ich sowieso immer lieber gemocht.«
    Sie lächelten beide, doch auf ein Zeichen Jehudahs hin ergriffen die speculatores Timon wieder. »Ich brauche Gelegenheit, den Griechen zu verhören«, sagte der Rabban .
    Salome beschwerte sich beim Hohepriester Kaiphas. »Jehudah hat vorhin selbst gesagt, dass die Aussagen von Ungläubigen nicht vollwertig seien. Wozu also soll das Verhör gut sein?«
    »Wir müssen prüfen«, kam Jehudah einer Antwort des Hohepriesters zuvor, »ob der Grieche ebenfalls eines Verbrechens angeklagt werden muss.«
    Kaiphas nickte gefügig, und so zerrten die Wachen Timon wieder aus dem Saal. Vorher rief er Salome noch etwas zu: »Erinnere dich daran, zu welcher Familie du gehörst, Salome. Du bist

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