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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Münzen, und da sollte sie es nun riskieren, sie bei einer Wette zu verlieren? Kummervoll blickte sie in ihre hohle Hand, wo die polierten Silberlinge blitzten. Trotzdem: Sie durfte nicht kneifen. Kephallion konnte sonst leicht behaupten, dass er Recht behalten hatte.
    »Und wenn du verlierst, kriege ich deine.«
    »Abgemacht«, sagte er und gab allen Kindern ein Zeichen, ihm zu folgen. Sie rannten hinaus.
    Die Wintersonne stand am klaren Himmel, doch frische Böen machten den Aufenthalt im Freien nicht angenehm, vor allem wegen der kurzen Tuniken, die sie trugen.
    Wie immer, wenn sie hier nach draußen kam, vergaß Salome nicht, ihren Blick über die Schönheit dieses Landes gleiten zu lassen. Der kleine Palast war ein Stück außerhalb Ashdods auf einer luftigen Anhöhe erbaut. Von der einen Seite sah man hinunter auf die Stadt mit ihren breiten, von Säulen gesäumten Straßen und quadratischen Plätzen. Ein Garten schlängelte sich quer von Westen nach Osten, vorbei an großzügigen Kaufmannsvillen, in dem zwischen Beeten und wilden Sträuchern mächtige Zypressen und Dattelpalmen aufragten, und selbst die zurückhaltende winterliche Farbenpracht leuchtete noch in Rot und Blau bis zum Palast herauf. Weiter hinten, am Horizont, schillerte das Meer wie ein Spiegel im Mittagslicht. Die Welt schien dort ihr Ende zu haben, und Ashdod schien der letzte und prachtvolle Außenposten des Volkes Israel zu sein, ein Refugium wie von Gott selbst erschaffen.
    Die Aussicht in die andere Richtung war ebenso herrlich. Hier war der Palast von Zitrushainen umgeben, die zu dieser Jahreszeit in voller Frucht standen und einen herben, aromatischen Duft verströmten, der alles beherrschte. Sie dienten ausschließlich der Schatztruhe von Salomes Großtante, der die Haine gehörten. Die Ernte wurde mit schnellen Barken nach Smyrna, Korinth und Athen gebracht, wo die Menschen auch im Winter nicht auf die wohlschmeckenden, gelben und hellroten Früchte verzichten wollten, ja, manche gelangten sogar nach Rom, wie ihre Großtante gern erzählte, und seien es nur die getrockneten Schalen, die in Patriziervillen als Würzmittel verwendet wurden. In wenigen Tagen bereits würden die arabischen und persischen Sklaven mit riesigen Körben anrücken und die Früchte pflücken, aber heute, am Festtag, waren die Haine noch menschenleer.
    Lautstark raschelten Millionen von Blättern im tosenden Wind, und die Kinder hatten Mühe, ihr eigenes Wort zu verstehen. »Wohin willst du?«, fragte Salome.
    »Das wirst du gleich sehen«, antwortete Kephallion siegesgewiss. Zwischen den niedrig wachsenden Bäumen hindurch liefen sie bis zu einer Stelle, von wo aus die Tetrarchie der alten Tante zu ihren Füßen lag. Salome überblickte die Gegend des Hinterlandes. Wie ein riesiger grüner Teppich mit farbigen Tupfen breiteten sich die Haine vor ihr aus, nur unterbrochen von den Furchen der Bewässerungsgräben, die von hier oben geheimnisvollen Schriftzeichen glichen.
    »Wo ist der Beweis?«, fragte Salome und sah Kephallion dabei zu, wie seine Augen durch den Blätterwald spähten. Sie staunte, wie dieser Junge, der die Figur und oft auch den Ausdruck eines Hammels hatte, derart konzentriert und sprungbereit wirken konnte. Plötzlich lachte er leise. Sie hasste dieses knurrende Lachen, doch sie verspürte auch Angst, wann immer sie es hörte. Sie folgte Kephallions Blick und entdeckte den Grund für seine Freude. Dreißig Schritte entfernt, an einen der vielen Stämme angebunden, stand das Pferd des Römers und rupfte die spärlichen Unkräuter aus dem Boden.
    »Er kann nicht weit sein«, sagte Kephallion grinsend und spähte weiter. Und noch bevor er Coponius und Herodias ausmachen konnte, hatte Salome sie schon entdeckt.
    Die beiden waren durch das Gewirr von Stämmen und Zweigen fast verdeckt. Der schwarze Offiziersumhang des Römers lag ausgebreitet auf der Erde. Coponius kniete darauf, nur mit einem knappen weißen Wolltuch bekleidet, das um seine Hüften geschlungen war.
    Herodias räkelte sich vor ihm. Sie war nahezu nackt. Ihre Hüften kreisten, und ihre Finger glitten wieder und wieder durch ihre rotblonden Haare.
    Coponius sank bei diesem Anblick in die Knie, bis er schließlich wie ein Besiegter vor Herodias lag. In diesem Moment brach Herodias ihren Tanz abrupt ab und beugte sich zu dem Römer. Sie streichelte ihn am ganzen Körper, griff nach dem Umhang und rollte sich zusammen mit Coponius darin ein.
    »Er ist nicht der Erste, mit dem sie das

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