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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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in ihrem jungen Körper waren fort, und zum ersten Mal überhaupt siegten die Tränen.
    Kephallion hätte zufrieden sein können, doch er war es nicht. Er wollte auch das Letzte zerstören, was sie schön gemacht hatte, das Erste, womit sie begonnen hatte.
    Erneut griff er in ihre Haare, zerrte an der Frisur, riss die Klammern heraus und wollte sich eben an den Geflechten zu schaffen machen, als eine Hand ihn herumwirbelte.
    Timon schlug zweimal zu, in den Bauch und ins Gesicht Kephallions. Kephallion kippte nach hinten um, rappelte sich allerdings schnell wieder auf.
    »Jetzt kannst du was erleben, du elender Grieche.« Wie ein wilder Stier ging er auf Timon los. Der sprang zur Seite, wich einem Schlag aus und gab Kephallion einen Tritt ins Hinterteil. Kephallion stieß gegen eine Säule, schlug sich den Kopf an, prallte zurück und fiel auf den Boden. Aus einer Platzwunde über dem Auge lief das Blut in seine hohle Hand. Er keuchte und kam noch einmal hoch. Ehe er irgendetwas gegen Timon unternehmen konnte, schlug dieser noch einmal zu. »Da hast du’s, du Mischblut.« Kephallion stürzte, auf der Nase getroffen, zu Boden.
    Diesmal blieb Kephallion liegen und fluchte nicht mehr, sei es aus Erschöpfung oder aus Angst. Mit der einen Hand hielt er sich den Bauch, mit der anderen die blutende Nase, und er sah Timon feindselig, aber auch verwundert und vorsichtig an.
    Timon beachtete ihn nicht weiter. Behutsam legte er seinen Arm um Salomes Schultern und führte sie langsam vom Hof. Sie ließ es geschehen. Eine Weile begriff sie nicht, was passiert war und wo sie sich jetzt befand. Sie sah nur Säulen und Mosaike, Bäume und Haussklaven an ihr vorüberziehen, spürte eine Hand, einen Halt, spürte ihren Schritt auf dem Boden, ohne zu wissen, wohin sie lief.
    Neben einem schmalen Rinnsal setzte Timon sie sachte auf den Boden. Er kniete sich neben sie und sah sie eine Weile an, doch sie vermied seinen Blick. Langsam tauchte seine hohle Hand in das plätschernde Rinnsal, schöpfte Wasser und ließ es tröpfchenweise über ihre Wunde am Kopf laufen.
    »Sie ist zum Glück nicht schlimm«, sagte er sanft, so als befürchte er, sie könnte in Stücke zerspringen, wenn er zu laut sprach. »Sie blutet nicht mehr.«
    Einige Strähnen, die sich aus dem Haargeflecht gelöst hatten, strich er ihr sorgfältig hinters Ohr. Dann wollte er sich ihren aufgeschürften Handgelenken widmen, doch Salome war nun wieder aufmerksam genug, ihn mit einer zugleich dankbaren und zurückweisenden Geste davon abzuhalten. Wortlos ließ er sie eine Weile in Ruhe und wusch sich die Hände.
    Salome erkannte erst jetzt, dass sie sich im Hain befand, umgeben von Bäumen und kleinen Bewässerungskanälen und ohne Menschen, die sie ohnehin nur angestarrt hätten. Hier im Schatten, im Schutz des üppigen Blattwerks, war es wohltuend kühl, der Boden hingegen strahlte eine angenehme Wärme aus. Sie tauchte den Arm in den schmalen Bewässerungskanal und kühlte ihr immer noch schmerzendes Handgelenk. Mit der anderen Hand versuchte sie, das Karmesin von der Tunika zu wischen, aber sie merkte, dass es sinnlos war. Kein Wasser würde je diese Farbe wieder auswaschen können. Das teure Kleidungsstück war zerstört, weitaus schlimmer jedoch war der Verlust der Perlenkette. Ihre Mutter würde bei der Tetrarchin betteln gehen müssen, um den Betrag wieder auszugleichen, und Salome wusste, wie sehr Herodias es hasste zu betteln.
    »Geht es wieder?«, fragte Timon.
    Sie nickte nur und wich weiterhin Timons Blick aus. Er setzte sich zwei Schritte entfernt auf den Boden, lehnte sich an einen Stamm, winkelte die Beine an und betrachtete die Blätter und Baumkronen, die sich an diesem windstillen Tag nicht bewegten. In die Dankbarkeit für seine Hilfe mischte sich der Ärger darüber, dass er sie in diesem Zustand erlebte, schmutzig, verstört, hässlich wie eh und je. Am liebsten wäre sie davongelaufen und nie wieder aus ihrem Gemach hervorgekommen, doch einerseits fühlte sie sich zu schwach, und andererseits war es nun ohnehin zu spät.
    »Vielen Dank, Timon«, flüsterte sie in die Stille hinein.
    »Das war doch selbstverständlich.«
    »Überhaupt nicht. Die beiden anderen Jungen haben nichts unternommen. Wer weiß, wie weit Kephallion noch gegangen wäre.«
    Er nickte und sah wieder in die Wipfel der Zitrusbäume.
    »Vielleicht gehe ich jetzt besser«, sagte sie und versuchte aufzustehen.
    Er sprang sofort neben sie. »Nein, nicht. Du musst erst noch

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