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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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viele Hindernisse haben wir gemeinsam beseitigt, um unsere beiden Völker zu einer trefflichen Zusammenarbeit zu führen! Ohne es zu merken, sind wir darüber alt geworden, und es kann uns jederzeit etwas zustoßen. Das sollten wir bei allem bedenken, was wir fortan zusammen tun.«
    »Ich verstehe«, sagte Akme kühl. »Du denkst wirklich an alles, nicht wahr?«
    »Du weißt ja, Fehler werden in unseren Kreisen schnell und schwer bestraft.«
    »Ja, das kann man sagen. Ich werde also ein Testament aufsetzen, worin ich dir Jebna übereigne.«
    »Wie reizend«, rief Livia überschwänglich. »Und du bist sicher, dass du uns lediglich Jebna überlassen könntest, ja? Weißt du, ein bisschen Weideland ist ja schön und gut, aber ich bin schließlich keine Kuh. Und was den Stützpunkt angeht: Um ihn zu sichern, braucht man ein geräumiges Hinterland. Wozu brauchst du noch deine Tetrarchie, wenn du erst Königin bist?«
    Akme zuckte zusammen. »Die ganze …?« Sie brachte das Wort nicht über die Lippen. Das konnte unmöglich Livias Ernst sein.
    »Tetrarchie«, bestätigte Livia. »Wird es nicht so ausgesprochen? Meines Wissens nennt man die Fürstentümer bei euch so.«
    »Das ist viel Land, Livia.«
    Livia nippte bedächtig am Wein. »Wir wollen mal nicht übertreiben, meine Liebe. Korsika ist doppelt so groß, und Korsika ist nun wirklich keine geräumige Insel. Aber bitte, wenn du meinst, dass es zu viel Land für mich wäre. Ich möchte nicht, dass du dich gezwungen fühlst, deiner alten Freundin und Helferin ein Geschenk zu machen.«
    Akme schloss die Augen, da sie so am schnellsten überlegen konnte. Sie kannte diesen Tonfall Livias, der das Gegenteil von dem bedeutete, was ihre Worte ausdrückten. Selbstverständlich sollte sie sich gezwungen fühlen, das Land der Römerin zu vermachen. Und was würde aus Salome? Sie hatte die Tetrarchie bereits der Kleinen versprochen. Ja, normalerweise bedeutete das gar nichts. Im Laufe der sieben Lebensjahrzehnte hatte sie dutzende Versprechen gebrochen, hunderte Menschen betrogen und enttäuscht, darunter Gehilfen, Handelspartner und natürlich auch Verwandte. Vor allem Verwandte. Aber in den letzten Jahren hatte sie Salome lieb gewonnen, das Mädchen hatte ihre Einsamkeit vertrieben, brachte sie zum Lachen und schenkte ihr Zuwendung und Interesse. Zum ersten Mal seit unendlich langer Zeit war da wieder ein Mensch in ihr Leben getreten, der keine Angst vor ihr hatte, und das tat sehr gut.
    Du musst dich zusammenreißen, dachte sie. Du darfst nicht alles, wofür du Jahrzehnte gekämpft und Blut vergossen hast, wegen einer Sentimentalität aufgeben.
    Titel und Macht einer Königin waren zum Greifen nahe, ihr Lebensziel beinahe erreicht. Sie wollte nicht länger auf den Thron warten. Sie konnte nicht. Sie war alt, spürte Schmerzen in ihrem Körper, spürte Kälte. Fast ihr ganzes Leben hatte sie auf den Moment gewartet, Königin zu werden, hatte sich bereits als junge Frau bei Nacht in den Thronsaal ihres Bruders geschlichen, auf den Schemel Davids gesetzt, den tausendjährigen Goldreif berührt, den schon Saul auf seinem Haupt getragen hatte. Heute wurde das königliche Symbol in Rom aufbewahrt, aber sie würde es wieder nach Judäa bringen, und das Volk würde ihr dafür noch in zehntausend Jahren danken, ihren Namen ehren … Sie würde unvergesslich bleiben.
    Und was Salome anging, dachte sie, so war es vielleicht sogar besser, wenn sie die Tetrarchie nicht erbte. Sie war ohnehin noch zu jung und musste noch viel lernen. Sie würde sie mit nach Jerusalem nehmen, dann hätte sie sie auch dort immer an der Seite. Zu gegebener Zeit würde sich schon etwas für sie finden lassen.
    »Ich möchte keinesfalls geizig erscheinen, liebe Livia. Jebna allein ist wirklich ein zu geringes Geschenk für deine langjährige Freundschaft. Meine Tetrarchie soll dir gehören, sobald ich Königin bin oder tot.«
    Livia klatschte erneut in die Hände. »Du bist eine wahre Freundin. Und glaub mir, ich weiß, wie schwer dir diese Entscheidung gefallen ist. Wie ich höre, gibt es an deinem Hof ein junges Mädchen, das du unter deine Fittiche genommen hast. Heißt sie nicht Sala … Samo …«
    »Salome.«
    »Ein hübscher Name. Wie alt ist sie?«
    Livia wusste genau, wie sie hieß und wie alt sie war, dachte Akme. Sie hatte ihre Spione überall.
    »Fast siebzehn.«
    »Siebzehn«, rief Livia übertrieben laut. »Was für ein wundervolles Alter. Man geht träumend durch die Welt und ahnt noch nichts

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