Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen
nicht bei Hempels!«
Hutmacher war immerhin so klug, sich nicht weiter vorzuwagen. »Ich würde vorschlagen, wir besprechen erst einmal den Ausschnitt, den wir für Sie vergrößern.«
Er zog ein verwaschenes Polaroidfoto aus der Innentasche seiner Goretex-Jacke. »Das ist Ihr Anwesen. Sie werden verstehen, dass ich Ihnen das Foto nicht hier lassen kann. Aber ich erlaube Ihnen ausnahmsweise, es sich für ein Minütchen zu zweit anzusehen. Stellen Sie sich vor: Das Ganze im Großformat über Ihrer Couch oder …«
Er zwinkerte Schmalenbach zu, griff in seine Jacke und zog einen Zinnteller hervor. »… als Schmuckteller. Soll sehr gut gegen Depressionen sein, besser als Aquarien.«
»Wieso gegen Depressionen?«, fragte Elke gereizt. »Wer hat denn hier Depressionen?«
Schmalenbach musste sofort handeln. »Hören Sie!«, sprach er gewichtig zu Hutmacher. »Auf diesem Foto sieht man bloß irgendeinen Balkon, der kann zu jeder Wohnung gehören.«
Hutmacher tat empört. »Aber Sie werden das entzückende Profil Ihrer Gattin doch erkennen.« Er tippte auf das Polaroid. »Hier, unübersehbar, zumindest für Menschen mit ästhetischem Empfinden.«
Sie schauten genauer hin. Schmalenbach sah nichts.
»Man sieht’s doch deutlich«, behauptete Elke.
»So ein Quatsch«, protestierte Schmalenbach. »Die fliegen in weitem Bogen über irgendeinen Wohnblock und verkaufen die Fotos dann an halb Frankfurt. Im Übrigen wohnen wir hier in einer Mietwohnung, Warum sollte ich Hubschrauberaufnahmen von einem Mietshaus kaufen, bitte schön?«
»Warum nicht?«, fragte Hutmacher forsch. »Das ist eine Anschaffung fürs Leben. Wo bekommen Sie so viel Sinn und Beschaulichkeit für nur 550 Euro?«
Schmalenbach fuhr hoch. »Ich soll 550 Euro für einen anonymen Fotoabzug zahlen?«
»550 Mittelformat. Das Premium-Format kostet 750. Wir hätten auch noch ein Standard-Format zu 350, das bieten wir normalerweise nur in sozial schwachen Wohngebieten an, aber wenn Sie darauf bestehen … Ihre Nachbarschaft hat sich übrigens durchgehend für die großzügige Variante entschieden. Das spricht für Ihre Wohnlage, wenn Sie mich fragen.«
»Wir nehmen Premium!«, entschied Elke.
»Wir nehmen überhaupt nichts!«, widersprach Schmalenbach. »Ich hänge mir doch nicht die großformatige Ansicht irgendeines fremden Balkons in mein Wohnzimmer. Womöglich ist das Bild nicht mal in Frankfurt geschossen.« Er beugte sich über das Polaroid-Foto. »Sieht ein bisschen nach Cottbus aus oder Chemnitz.«
Hutmacher packte verärgert ein. »Ich seh’ schon, Sie gehören zu den Hartherzigen. Kein Wunder, dass es der Gnädigen nicht besonders gut geht …«
»Mir geht’s nicht gut?«, fragte Elke. »Wieso denn das?«
»Na ja, diese Stimmungen, Sie wissen schon«, eierte Hutmacher.
»Welche Stimmungen denn?«
Schmalenbach nahm Hutmachers Ärmel und zog ihn Richtung Tür. »Vielleicht sollte man sich einmal im Leben so was gönnen. Spätestens übermorgen rufe ich Sie an, lassen Sie uns Ihr Kartellen da!«
Hutmacher machte sich los. Er klang jetzt sehr bitter.
»Dann wären Sie der eine Ausnahmefall unter Tausend. Glauben Sie mir: Keiner ruft an. Ich wünsche den Herrschaften einen schönen Tag.«
Er war schon an der Tür, als Elke wütend auf den Boden stampfte. »Wollen mal sehen, wer in diesem Haus das Sagen hat. Wir kaufen das Foto. Und zwar die Premium-Version.«
Hutmacher grinste Schmalenbach unverschämt von der Seite an, als er wieder auspackte.
»Okay, okay«, Schmalenbach gab nach. »Ich gebe mich geschlagen. Obwohl, Elke, ich finde, du bist nicht gut getroffen.«
»Ganz entzückend, die Gnädigste. Selbst wir im Helikopter waren hingerissen. Und unsereiner sieht viel, das können Sie mir glauben«, versicherte Hutmacher.
»Danke«, sagte Elke mit einem entzückenden Augenaufschlag.
»Wenn das so ist …«, sagte Schmalenbach kraftlos. Er gab auf.
»Was ist?«, fragte Elke. Und als er nicht gleich antwortete: »Du hast doch was.«
»Nein, nichts. Du musst wissen, was du tust.«
Hutmacher mobilisierte seine letzten Reserven. »Madame, ich scheue mich gewöhnlich, den Komparativ zu gebrauchen. Aus Rücksicht auf die Kundschaft. Aber: Sie sind entzückender als alles, was wir bisher fotografiert haben.«
»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Schmalenbach mit einem bösartigen Unterton. »Diese alten Herrschaften im Helikopter … und du ahnungslos, ihren Blicken ausgesetzt.«
Hutmacher legte seine Rechte auf die Herzgegend.
»Ich
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