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Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Titel: Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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abnahm.
    »Nein, du darfst nicht aufstehen, Arthur!«, wies Naihan ihn zurecht. »Ich rufe nur schnell –«
    Bevor er seinen Satz beenden konnte, schlug ihm der Skelettjunge so fest mit der Faust vor die Kehle, dass der Arzt gegen die Sauerstoffanschlüsse an der Wand geschleudert wurde, wo er zu Boden glitt und reglos liegen blieb.
    Der Skelettjunge lachte, was halb nach Arthur und halb nach Ungeheuer klang. Er beugte sich herab und legte einen Finger an Naihans Hals, offensichtlich um zu überprüfen, ob er tot war. Dann hob er den Leichnam mit einer Hand hoch, wozu Arthur nie in der Lage gewesen wäre, und warf ihn gleichgültig in den Wandschrank.
    Danach ging er zur Tür, öffnete sie und sah kurz hinaus, bevor er auf den Flur trat. Die Tür schloss sich langsam hinter dem Nichtling und fiel mit einem endgültigen Klicken ins Schloss, das Blatt eine Gänsehaut verursachte.
    Ihr war nicht klar gewesen, was es hieß, einem Monstrum zu begegnen, das genau wie Arthur aussah und sich auch so anhörte, zumal es mit beiläufiger Unbekümmertheit Leute umbrachte.
    »Nun, Fräulein Blatt, ist es Zeit für Eure Rückkehr«, unterbrach Nieser ihre düsteren Gedanken und ließ sie erschrocken zusammenfahren. Während seiner Worte verschwand die Krankenhausszenerie, und Blatt sah wieder nur die Holzverkleidung von Wänden und Boden und die brummenden Uhren.
    Der Butler betrat erneut den Kreis und verstellte eilig die Zeiger dreier Uhren.
    »Stellt Euch in den Kreis, schnell, bevor die Uhren schlagen!«
    Er sprang zurück, und Blatt trat hastig in die Mitte. Einen Augenblick darauf begannen alle Uhren gleichzeitig zu schlagen und erfüllten den Raum mit ihrem Klang, während die Umgebung zu schimmern anfing. Blatt wurde schwindlig, alles verschwamm, und dann überrollte sie eine Welle der Übelkeit, als ein weißes Leuchten sich über Wände, Boden und Decke ausbreitete. Bald konnte sie nichts mehr erkennen außer diesem Weiß.
    Sie stand kurz davor, loszuschreien oder sich zu übergeben – oder beides –, als die Helligkeit auf einer Seite zurückwich und eine Art Korridor enthüllte, den dasselbe weiße Licht einrahmte, dessen Mitte aber angenehm düster war.
    Eine Hand auf den Magen gedrückt wankte Blatt auf den Korridor zu und folgte ihm. Sie fühlte sich völlig orientierungslos, aber das weiße Licht schien sie anzutreiben. Sie konnte ihre eigenen Schritte nicht hören, auch nicht ihren Atem oder sonst einen Laut.
    Dann, unvermittelt, kehrte der Schall zurück. Es war, als brauste der Wind an ihren Ohren vorbei. Das Brausen wurde schnell schwächer und erstarb dann ganz. Einen Moment später erlosch das weiße Licht. Mit zusammengekniffenen Augen ging Blatt ein paar laute Schritte auf einem festen Untergrund, stolperte und fiel auf den Rücken. Ihr verwirrter Verstand brauchte eine Weile, um zu erkennen, dass die Lichter, in die sie jetzt sah, zwar ebenfalls weiß, aber nur die Neonleuchten an einer blassblauen Decke waren.
    Sie setzte sich auf und sah sich um. Sie saß auf dem Boden eines Krankenhausflurs. Das Ostbezirkskrankenhaus. Sie erkannte das blasse Blau und das schauderhafte Braun wieder, eine schlimme Farbzusammenstellung. Auf dem Flur hielt sich keine Menschenseele auf, aber rechts und links waren jede Menge Türen.
    Und über der Schwingtür am Ende des Ganges hing eine Uhr. Ihrer Anzeige zufolge war es zehn nach zwölf, was sie unruhig machte, denn als sie zwischen den Sieben Zifferblättern auf den Skelettjungen herabgeblickt hatte, war es erst zehn Uhr fünfundzwanzig gewesen. Wenn immer noch Donnerstag war, dann hatte sie zwar nur gut anderthalb Stunden verloren, aber dennoch …
    Sie rappelte sich auf und überprüfte die nächstgelegenen Türen. Sie führten alle zu irgendwelchen Lagerräumen. Offenbar befand sie sich in einem Kellergeschoss, das nicht für Besucher bestimmt war. Und das hieß für sie, diesen Bereich schleunigst zu verlassen, bevor die Sicherheitskräfte der Klinik sie aufgriffen und von ihr eine Erklärung verlangten, was sie hier tat oder wie sie hereingekommen war.
    Wenige Minuten später, nachdem sie bereits einen schrillenden Türalarm hinter sich gelassen hatte, verließ Blatt einen Aufzug und betrat das Stockwerk, auf dem die Quarantänestation lag. Hier hatte sich seit ihrem letzten Besuch einiges verändert. Damals war die Wartezone voller Leute gewesen, die gekommen waren, um ihre Verwandten zu besuchen, die in Quarantäne gehalten wurden, um die Schlafseuche restlos

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