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Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Titel: Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Als er schließlich an sich hinabsah, hatten sich seine Kleider in eine schlichte, blaue Uniform mit schwarzen Knöpfen, blauen Hosen und kurzen, schwarzen Stiefeln verwandelt. In einem weißen Gürtel aus Segeltuch mit Messingschnalle steckten ein weißer Munitionsbeutel und eine leere Bajonettschlaufe (wie er später lernte, wurde sie von den Soldaten aus unerfindlichen Gründen ›Franzmann‹ genannt).
    Aber das Einberufungspapier war noch nicht ganz fertig. Arthur zuckte zusammen, als es aus seinem Kragen hervor-und an seinem Hinterkopf hinaufkroch. Es schob sich auf seinen Kopf und verwandelte sich dort in einen kleinen, blauen Pillboxhut mit einem fest sitzenden, unbequemen Kinnriemen, der allerdings unter Arthurs Lippe statt unter seinem Kinn festgeschnallt war.
    »Ausgezeichnet, Rekrut«, sagte Crosshaw. Er zeigte jetzt keine Anzeichen von Nervosität mehr, wohingegen Arthur sich augenblicklich kleiner und unbedeutender vorkam. »Folge mir!«
    Der Leutnant salutierte vor Dame Primus, dann drehte er sich auf dem Absatz herum und ging einen Schritt in Richtung Tür.
    »Moment mal!«, rief Susi. »Ich komme mit!«
    Crosshaw drehte sich überrascht um. »Wie bitte?«
    »Ich melde mich freiwillig«, erklärte Susi. »Ich will Arthur begleiten.«
    »Wir nehmen keine Freiwilligen«, erwiderte Crosshaw. »Man wüsste nie, wen man bekommt.«
    »Aber ich glaube, dass ich vielleicht vorher schon gedient habe – ich bin wahrscheinlich in irgendeiner Reserve.«
    »Wir mobilisieren auch keine Reservisten«, stellte Crosshaw naserümpfend fest. »Insbesondere keine Pfeiferkinder, die zwischen den Ohren gewaschen wurden und deshalb nichts mehr wissen.«
    »Irgendwo hab ich noch einen Zettel«, murmelte Susi und kramte in ihren Taschen herum.
    »Ich kann dir nicht helfen, Fräulein«, wies Crosshaw sie mit Bestimmtheit ab. »Komm jetzt, Rekrut Penhaligon! Halte dich etwas gerader! Was ist das an deinem Bein?«
    »Ein Krabbenpanzer«, sagte Arthur. Im Gegensatz zu seinen Kleidern hatte der Krabbenpanzer die Begegnung mit dem Einberufungsbescheid überlebt; seine neue blaue Hose steckte darunter. »Für mein gebrochenes Bein.«
    »Von mir verschrieben«, ergänzte Doktor Scamandros. »Doktor Scamandros, zu Ihren Diensten. Major Scamandros, Armeezauberer a. D. Ich habe meinen Dienst vor etwa dreitausend Jahren geleistet, bevor ich mich zwecks fortgeschrittener Studien ins Obere Haus begeben habe.«
    »Ausgezeichnet, Sir«, sagte Crosshaw und bedachte ihn mit einem weiteren zackigen Salut. »Wenn es eine verschriebene medizinische Notwendigkeit ist, dann kann es bleiben.«
    »Lord Arthur ist ein Sterblicher«, klärte Scamandros den Offizier auf. Er zog einen kleinen Notizblock heraus und kritzelte hastig etwas mit einer Pfauenfeder, die silberne Tinte verschrieb. »Er braucht diesen Krabbenpanzer und den Ring an seinem Finger aus medizinischen Gründen. Man sollte ihm besondere Rücksichtnahme entgegenbringen.«
    Crosshaw nahm die dargebotene Notiz entgegen, faltete sie und steckte sie unter seinen Armelaufschlag.
    »Und ich komme trotzdem mit!«, sagte Susi.
    »Kein Platz für dich im Aufzug!«, fuhr Crosshaw sie an. »Wahrscheinlich wird dich nichts davon abhalten, Sir Donnerstag zu ersuchen, dich wieder einzustellen, falls du tatsächlich eine Reservistin bist. Ich an deiner Stelle würde es nicht tun, aber ich kann dich nicht daran hindern. Komm jetzt, Rekrut Penhaligon! Mit links, im Eilmarsch!«
    Crosshaw griff mit dem linken Fuß aus, und seine Stiefelabsätze krachten auf den Marmorboden, als er auf die Tür zuging. Arthur folgte ihm und tat sein Bestes, den Marschstil des Leutnants nachzuahmen und mit ihm im Gleichschritt zu bleiben.
    Plötzlich fühlte er sich unglaublich einsam, von allen verlassen und zutiefst im Zweifel, was die Zukunft bringen mochte.
    Stand er wirklich kurz davor, für die nächsten hundert Jahre in der Armee zu verschwinden?

Kapitel Sechs
     
       
    »Die Kleider sind zu Eurer Zufriedenheit, Fräulein Blatt?«, erkundigte sich Nieser, als sie fertig umgezogen hinter dem großen Bücherregal in der Mitte der Bücherei hervorkam.
    »Ich denke schon«, erwiderte sie. Sie sah auf das T-Shirt einer Band hinunter, von der sie noch nie etwas gehört hatte; dem Batikwirbel mythologischer Kreaturen nach zu urteilen musste sie aus den frühen Siebzigern stammen. Darunter trug sie Jeans, aber sie waren nicht wirklich aus Denim, obwohl sie so aussahen, und das Markenetikett auf der Gesäßtasche bestand

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