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Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Titel: Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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sie keine Ahnung hatte, in welche Richtung der Tunnel verlief, ließe sich erst mit Gewissheit sagen, wo sie war, wenn sie hinauskletterte und nachsah.
    In der Hoffnung, dass sie mangels Straßenverkehr nicht gleich von einem Auto überrollt würde, sobald sie ihren Kopf herausstreckte, zog sich Blatt ein Stück weit hoch und warf einen raschen Blick auf ihre Umgebung. Wie vermutet befand sie sich mitten auf einer Straße in der Stadt. Zu beiden Seiten standen alte Reihenhäuser hinter parkenden Autos. Es war jedoch niemand unterwegs. Die Straße lag unnatürlich ruhig da.
    Blatt holte tief Luft und zog sich vollends hoch. Das kostete sie den Großteil ihrer verbliebenen Kraft, sodass es einige Augenblicke dauerte, bis sie aufstehen konnte. Sie hatte eine gewisse Ahnung, wo sie sein könnte, doch um sicher zu sein, schaute sie zurück in die Richtung, in der sie das Krankenhaus vermutete.
    Es war auch tatsächlich da, aber das war es nicht, was ihr den Atem verschlug.
    Sie blickte über den Rand ihrer Spezialbrille und sah nicht nur die weiße Masse der drei Krankenhaustürme aus Beton und Glas, sondern auch ein anderes Gebäude, das in der Luft direkt über dem Krankenhaus schwebte. Ein gewaltiges, verrücktes Bauwerk mit seltsamen Türmchen und Erkern, Häusern und Hallen, Nebengebäuden, Anbauten, Aufbauten und Wehrmauern. Ein kleiner Teil davon ruhte unmittelbar auf dem Krankenhaus, und Blatt konnte undeutlich ein glänzendes Tor erkennen, von dem sie instinktiv wusste, dass es sich um den Vordereingang handeln musste.
    Es war das Haus. Die Manifestation war nicht dort, wo Blatt sie erwartet hatte, in der Nähe von Arthurs Haus, sondern über dem Krankenhaus. Sie hatte es soeben fertiggebracht, von dem einzigen Ort zu entkommen, wo es ihr vielleicht möglich gewesen wäre, den Vordereingang zu erreichen.
    Blatt setzte sich erschöpft auf die Straße und raufte sich die Haare. Wie hatte sie bloß annehmen können, das Haus würde sich an derselben Stelle manifestieren, wo Arthur es zuerst gesehen hatte? Offensichtlich erschien es immer dort, wo der letzte Bürger oder Nichtling, der den Vordereingang benutzt hatte, herausgekommen war – in diesem Fall beim Krankenhaus.

 
    »Schaff dich von der Straße runter, Mädchen, sonst erschießen sie dich!«
    Blatt zuckte zusammen und sah sich hektisch um.
    »Nun mach schon! Komm hier rein!«
    Die Stimme gehörte einer Frau. Einer alten Frau, die in der Tür eines Reihenhauses stand und Blatt winkte, hereinzukommen.
    Blatt stand ächzend auf und ging langsam zu dem Haus hinüber.
    »Beeil dich!«, rief die Frau. Sie spähte die Straße hinab. »Ich kann sie kommen hören.«
    Blatt hörte es auch: das dunkle Brummen sehr großer Fahrzeuge, das im Asphalt vibrierte. Sie rannte und hatte kaum die Türschwelle erreicht, als ein Panzer um das entfernte Ende der Straße bog. Blatt starrte durch das Fenster in der Haustür und staunte, wie laut der Panzer war und wie stark das Haus erzitterte, als er vorbeifuhr.
    Sechs weitere Panzer folgten dem ersten.
    Kein Mensch war darin zu sehen, niemand stand in den Türmen oder spähte durch geöffnete Sichtluken. Blatt hatte noch nie zuvor echte Panzer gesehen. Diese hier waren zweimal so groß wie die leichten gepanzerten Fahrzeuge, die sie bisher kannte.
    »Und wie heißt du?«
    Blatt drehte sich um. Die alte Frau war wirklich alt und ziemlich gebückt, doch sie bewegte sich flink und war sehr munter.
    »Tut mir leid«, sagte Blatt. »Ich war abgelenkt. Danke … danke, dass Sie mich gewarnt haben. Ich heiße Blatt.«
    »Und ich heiße Sylvie«, sagte die Frau. »Du siehst ziemlich mitgenommen aus. Am besten, du kommst mit mir in die Küche, und ich säubere deinen Kopf.«
    »Nein, ich muss … ich muss …«
    Blatts Stimme verlor sich. Sie hatte keine Ahnung, was sie jetzt tun musste. Ins Krankenhaus zurückgehen? An den ganzen Panzern und Soldaten vorbei?
    »Eine Tasse Pfefferminztee, ein bisschen Waschen und ein Verband, das ist es, was du jetzt brauchst«, sagte Sylvie mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. »Komm mit!«
    »Was geht da vor sich?«, fragte Blatt, während sie Sylvie gehorsam durch den Flur in die Küche folgte. »Das waren Panzer …«
    »Es scheint einen biologischen Angriff auf das Krankenhaus gegeben zu haben.« Sylvie nahm einen Erste-Hilfe-Koffer vom Kühlschrank und schaltete einen Wasserkocher ein. »Ich bin aber nicht mehr ganz auf dem Laufenden. Sie haben die städtische Quarantäne heute

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