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Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag

Titel: Die Schlüssel zum Königreich 04 - Rauer Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Handtuch und einen Lederbeutel in die Hand.
    »Mach schon! Wir müssen uns waschen und rasieren.«
    »Aber ich rasiere mich nicht …«
    »Das macht hier eigentlich niemand. Im Haus wachsen die Haare nicht besonders. Aber wir müssen es versuchen. Vorschrift.«
    Arthur stolperte Fred hinterher. Mehr schlafend als wach stellte er fest, dass sie bloß gingen statt zu marschieren und auf eine Tür an der Ostseite der Kaserne zuhielten, die ihm vorher nicht aufgefallen war.
    Die Tür schimmerte grünlich. Dahinter erwartete Arthur ein enger, dunkler Gang, in dem er schon beim ersten Schritt das Gleichgewicht verlor, denn der Boden wackelte wie Gelee. Arthur griff Halt suchend an die Wand, doch die gab unter seinen Fingern nach.
    »Das ist ein Obskurweg!«, protestierte er.
    »Stimmt«, meinte Fred lapidar. »Er führt zum Waschraum.«
    Ein paar Schritte später, obwohl sie dem Anschein nach durch keine weitere Tür getreten waren, gelangten sie in einen gewaltigen Waschraum, der kein Dach hatte. Über ihnen strahlte ein nächtlicher Himmel mit seltsamen und recht nah erscheinenden Sternbildern sowie einer ziemlich wackligen Mondsichel, die ein blasses, grünes Licht verbreitete. Arthur blieb wie angewurzelt stehen. Einen Augenblick lang war er wie betäubt von dem unerwarteten Nachthimmel und dem Anblick endloser Reihen von Bürger-Soldaten, die vor ebenso endlosen Reihen von Waschbecken und Spiegeln standen, während offene Gasflammen die Szenerie beleuchteten.
    Die meisten Bürger hatten sich bis auf die Unterwäsche ausgezogen, die von Einheit zu Einheit verschieden war. Es waren sämtliche Exemplare vertreten, die Arthur aus seinem Schrank kannte, und noch ein paar mehr, die ihm noch nicht begegnet waren.
    »Wir teilen uns den Waschraum mit der gesamten Armee«, erklärte Fred. »Komm, lass uns unseren Platz suchen. Ich glaube, dir würde ein Schwall kaltes Wasser im Gesicht guttun.«
    Er schlug einen diagonalen Kurs ein und ging geradewegs durch ein paar Legions-Bürger und deren Waschbecken hindurch, als ob sie gar nicht da oder nur geisterhafte Bilder wären. Die Legionäre ignorierten Fred; Arthur sah sie miteinander sprechen, doch er konnte keinen Ton hören.
    »Warte mal!«, rief Arthur. »Wo sind wir hier? Wie kommt es, dass du einfach durch sie durchgehen kannst?«
    »Oh, die sind für uns nicht real, ebenso wenig wie wir für sie«, meinte Fred. »Korporal Axtraus hat es gestern Morgen erklärt. Wir müssen nur unsere Waschbecken finden; sie können nicht weit weg sein.«
    Er ging weiter. Arthur folgte ihm zögernd und schauderte, als er durch die Legionäre schritt. Fred durchquerte soeben einige Artillerie-Bürger in Ledermänteln. Dahinter war eine Reihe freier Waschbecken zu sehen und rechts und links davon ein paar Rekruten-Bürger, die kurz aufblickten, als die beiden Neuen ankamen. Arthur hörte das Wasser in ihren Becken gluckern, und die Rasierklingen klimperten, wenn sie auf dem Porzellan abgelegt wurden.
    »Aber wie funktioniert das?«, wollte Arthur wissen. »Sind sie jetzt alle hier oder nicht?«
    »Die Ausführungen der Axt waren nicht sonderlich erhellend«, sagte Fred, während er seinen Lederbeutel öffnete und ihm Rasiermesser, Pinsel, Seife und Schüssel entnahm. »Irgendwas über Obskurwege, die in viele verschiedene Waschräume führen, die an derselben Stelle im Haus liegen, aber zeitversetzt. Hilft heißes Wasser sparen oder so was.«
    Fred begann, in seiner Schüssel Schaum zu schlagen. Arthur schüttelte den Kopf und spritzte sich aus dem Becken Wasser ins Gesicht. Es war warm und lief sofort wieder nach, obwohl es weder Hahn noch Abfluss gab.
    Fred schmierte sich den Schaum ins Gesicht und fing an, sich zu rasieren, wobei er im Flüsterton mit sich selbst redete. Arthur fragte sich, ob es eine Art Gebet sein mochte, damit man sich nicht die Kehle durchschnitt, denn er hatte gerade sein eigenes Rasiermesser herausgenommen, und es war gefährlich scharf. Dann bemerkte er, dass Fred den stumpfen Messerrücken und nicht die Schneide benutzte.
    »Was flüsterst du da?«, fragte er ihn.
    »Meinen Namen«, erwiderte Fred und schabte behutsam etwas Seifenschaum vom Kinn. »Und meine Lieblingsfarbe.«
    »Oh«, sagte Arthur. »Ich vergaß …«
    Er starrte sein vertrautes – wenn auch nicht sehr zufriedenstellendes – Gesicht im Spiegel an. Er konnte nicht glauben, dass er sich vielleicht schon bald selbst nicht mehr kennen sollte.
    »Du solltest dich lieber rasieren, sonst wirst du zu den

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