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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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sein und geschimpft haben, dass auch du es warst, die seine Tochter in den Brunnen geworfen hat. Die Tollwut, so ging es weiter, habest du heraufbeschworen, damit sie dich als Heilerin verehren. Und Liebestränke, so erzählte die Frau des dicken Wulf, könntest du brauen, um alle Männer zu verzaubern. Sogar die Mönche, alle beide, seien dir aufgrund deiner Zauberkünste verfallen. Sie habe das von niemand anders als von Gisela, eine der Jüngsten des Hilger, erfahren.
    Diese habe auch behauptet, du hättest bereits im letzten Herbst einen Haselwurm gefunden, nicht weit vom Hofe des Hilger, unmittelbar unter den vielen Haselnusssträuchern, die den Hohlweg säumen. Sie will dich dabei beobachtet haben, wie du diesen Wurm gegessen hast. Seit dieser Zeit wurdest du urplötzlich kräuterkundig, kannst Geister in deine Gewalt bringen und dich gar unsichtbar machen.
    So, meine gute Inga, reden sie über dich. Ich erfuhr es gleich heute in der Früh von Trude, der Magd des Liudolf. Sie hatte alles mitangehört.«
    Stumm hatte Inga den Worten der Alten gelauscht.
    »Glaubst du das, Gunda?«, fragte sie schließlich leise.
    »Es muss da jemanden geben, der es bös mit dir meint, Inga. Anders kann ich es mir nicht erklären.«
    »Ich fürchte, so ist es.«
     
    »Du bist zu weit gegangen. Wir werden nicht mehr Herr der Lage.«
    »Schweig still. Alles wird sich zum Guten wenden.«
    »Was soll nun mit ihm geschehen?«
    »Er wird genesen, und dann darf er wieder zurück.«

    »Aber er weiß Bescheid.«
    »Dann werde ich ihn jetzt töten. Willst du das?«
    »Er wird noch benötigt. Sieh das doch ein.«
    »Du wirst dich wundern, aber ich sehe es tatsächlich ein. Auf die Gottesmänner können wir nicht bauen.«
    »Was du nicht sagst! Warst du bei ihnen?«
    »So ist es.«
    »Was sagten sie?«
    »Sie sind nicht so dumm, wie ich gedacht hatte. Zu gefährlich wäre es, von ihnen Hilfe anzunehmen.«
    »Wolltest du etwa Hilfe von ihnen annehmen?«
    »Vorübergehend. Du weißt doch, wer sonst noch alles aus dem Weg zu schafen wäre.«
    »Ich habe eine Ahnung davon, auch wenn wir noch nie darüber gesprochen haben.«
    »Wie dem auch sei. Räuberische Wespen sind diese Gottesmänner, die verkleidet in einen Bienenstock einfallen. Gäbe es hier noch richtige Männer, so würde man sich zusammentun und sie allesamt erschlagen. Nichts anderes haben sie verdient. Kein Blatt haben sie vor den Mund genommen, ganz ofen all das besprochen, was sie beabsichtigen. Am liebsten hätte ich ihnen sofort den Hals umgedreht, vor allem diesem Kleinen mit der Fistelstimme.«
    »Ein Kleiner mit Fistelstimme? Von dem habe ich noch gar nicht gehört.«
    »Ist auch gleich. Wir müssen eine andere Lösung finden. Der Hilgersohn soll zurück auf seinen Hof. Kehrt er nicht zurück, kommen die Gottesmänner und reißen alles an sich.«
    »All das hätte ich dir schon vorher sagen können. All das. Warum bist du nur so ein verbohrter alter Mann? Du wusstest doch auch, was sie im Schilde führen, und hast dich ihm dennoch zu erkennen gegeben.«
    »Das musste sein. Ich werde das Ende unseres Vorhabens nicht
mehr erleben. Nein, so gut wird es das Schicksal nicht mit mir meinen. Lass mir doch wenigstens diese eine Freude, diese letzte Genugtuung.«
    »Er kann aber nicht zurück.«
    »Doch, das kann er. Dank der Hexe Wanda kann er es.«
    »Was hat sie damit zu tun?«
    »Du kanntest sie kaum, deshalb weißt du nicht, in welchem Zustand sie immerzu war, wenn sie zu den Menschen kam. Nicht von dieser Welt. Visionen umnebelten ihr Hirn. Alle glaubten, sie wandele in dem Raum zwischen dem Reich der Menschen und dem der Götter. Ich weiß nun jedoch, warum das so war. Schau her, in diese Kiste.«
    »Was ist das?«
    »Riech einmal daran.« »Es stinkt erbärmlich.«
    »Was immer es ist. Nahezu die ganze Höhle war voll mit diesen Krügen. Allesamt versiegelt. Zunächst wollte ich das Zeug fortschütten. Es muss mehr als zwanzig Jahre alt und längst faulig sein. Doch dann habe ich es probiert, und siehe da …«
    »Was?«
    »In eine andere Welt wurde ich geführt. Von nur einem Schluck. Nahezu den ganzen Tag habe ich Dinge gesehen, die jedem anderen Menschen verborgen bleiben. Erst am Abend kam ich wieder zu mir, einen stechenden Schmerz im Kopf. Es kostete mich viel Kraft, nicht erneut von dem Zeug zu nehmen. Denn nicht für mich ist es bestimmt.«
    »Sondern für ihn.«
    »So ist es. Sein Körper wird zurückkehren, aber sein Geist bleibt verschlossen.«
     
    Die Zeit der

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