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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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diesem Weib angestellt hast. Aber betrachte dich nun als befreit, befreit von der Angst vor der Berührung mit den Heiden.«
    »Als Lehrstück soll ich diese Verfehlung betrachten, Vater Abt?«
    »Das Leben auf Erden steckt voller schwieriger Lehrstücke. Wären wir alle frei von Fehlern und Sünden, warum müssten wir dann auf Erden wandeln? Ich werde mit Prior Wulfram sprechen, damit du zusammen mit Bruder Melchior möglichst bald wieder aufbrechen kannst, um das begonnene Werk zu vollenden.«
    »Vater Abt, ein Wort noch.«
    »Ich höre, Bruder Agius.«

    »Es war nicht allein meine Unfähigkeit, Arroganz oder gar die fleischliche Liebe, die mich abgehalten hat, der Seelsorgepflicht angemessen nachzugehen. Seltsame Dinge ereignen sich dort in dieser Gegend, die meine Gemeinde werden soll. Morde! Offenbar begangen von einem Waldmann.«
    »Ach.«
    »Diese Geschehnisse verunsichern die Menschen und stacheln sie an, noch mehr heidnische Märchen zu erfinden, sich in ihren Geistervorstellungen zu verirren und den Glauben an den einen, guten Gott zu vergessen.«
    »In Krisenzeiten neigen sie dazu, das ist wahr. In Zeiten der Gefahr greift der Mensch auf das zurück, was tief in ihm schlummert, und bei diesen ist es nicht der christliche Glaube – noch nicht. Dennoch sehe ich in den Vorkommnissen eine Möglichkeit für dich, die Menschen auf deine, auf die Seite Gottes zu bringen. Finde diesen Mörder und stelle ihn vor das Gericht des Grafen. Ich werde mit dem Grafen reden, wie er zu urteilen hat, wenn es so weit ist. Sieh aber zu, dass sie keinerlei Anlass finden, in diesem Manne einen Zauberer oder Geist zu sehen. Zeige ihnen, dass es ein Mensch ist, ein von Gott verlassener Mensch.«
     
    »Es ist ein Wunder, dass wir zurückdürfen, Agius, ein Wunder.«
    Bereits den ganzen Weg über hatte Melchior nicht einen Moment lang geschwiegen. Ununterbrochen hatte er seiner Freude Ausdruck verliehen, hatte den Abt gepriesen und sich glückselig gen Himmel gewandt. Agius hingegen war schweigsam. Erst jetzt – sie hatten bereits die Ebene erreicht, die sie durch dichten Wald hin zu der verborgenen Kapelle führte – begann Agius zu reden.
    »Kläre mich noch einmal auf über alles, was du in den letzten Wochen erfahren hast, Melchior. Wer ist der weiße Mann?«

    »Nun, viel mehr kann ich dir nicht berichten als das, was ich dir bereits berichtet habe. Unglücklicherweise war mir Bruder Pius stets im Wege, hielt mich ab, eigene Gespräche zu führen, für Heimlichkeiten blieb kaum Zeit und Raum. Wie gut, dass der Vater Abt ihn mit sich genommen hat, diesen Spion, denn nichts anderes war er. Furchtbarer Mensch, fast so furchtbar wie der, in dessen Auftrag er gehandelt hat.«
    »Nun fahre bitte fort, Melchior. Was hat die alte Gunda gesagt?«
    »Sie sagte, ich solle den Ulrich fragen. Der wüsste mehr. Und außerdem sagte sie, der Ansgar sei nicht besessen, sondern vergiftet. Jemand flöße ihm einen Trank ein, und dieser beneble ihm das Hirn.«
    »So etwas sagt die Alte? Man muss es ihr fast glauben, passt es doch so gar nicht zu den Schauergeschichten, die sie sonst erfindet. Wieso spricht sie plötzlich so abgeklärt?«
    »Nun, sie hat nun andere Aufgaben. Sie ist Kräuterfrau.«
    »Weil sie verschwunden ist.«
    »Ich sagte dir bereits, Agius, dass auch die Gunda davon überzeugt ist, dass sie noch lebt und mit einem der Fernhändler gegangen ist.«
    Agius nickte nur stumm, dann sagte er, das Thema wechselnd: »Also werden wir den Ulrich befragen. Grundsätzlich sollten wir nach der Inspektion der Kirche zunächst den Weg zum Hilgerhof suchen. Denn dort liegt ja wohl einiges im Argen.«
    »So ist es, und es ärgert mich – Gott vergebe mir -, dass diese Schlange Pius mich davon abhalten konnte, meine Nachforschungen weiterzutreiben. Wie gerne hätte ich selbst die Hilgersippe aufgesucht und bereits im Vorhinein sämtliche Fragen geklärt. Man konnte ja nicht wissen, dass eines Tages du, lieber Agius, wieder an meiner Seite über diese Pfade streifen
würdest. Oh, großer, gütiger Abt, würdest du doch stets in unserem Kloster weilen und derart weise Entscheidungen fällen.«
    »Übertreibe nicht, Melchior. Der Vater Abt ist zweifelsfrei ein guter Mensch, aber niemand wird so mächtig wie er, wenn die Güte seine herausragendste Eigenschaft wäre. Bruder Pius war also ohne dich bei den Hilgerschen?«
    »Ja, ganz allein, ohne mein Wissen.«
    »Und ohne Erfolg, wie mir scheint, denn davon wäre uns sonst zu Ohren

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