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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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gekommen.«
    »Ohne Erfolg. Ich hörte kurz vor Ankunft unseres Abtes zwei Brüder darüber lachen, dass Pius mit einem blauen Auge heimgekehrt sei. Man wird ihn wohl geschlagen haben.«
    »Geschlagen? Wer sollte das tun? Ich dachte, Ansgar sei zahm wie ein Wickelkind?«
    »Wer weiß? Garstige Weiber können auch viel anrichten, wenn sie rasend sind.«
    »Wir werden sehen. Beten wir, dass wir körperlich unversehrt bleiben.«
    »Da habe ich keine Sorge. Sorge mache ich mir um meinen Schatz, mein Insektarium. Frau Gunda wollte es für mich verstecken. Hoffentlich ist es ihr gelungen.«
    »Ach, Melchior, wir haben beide in dieser Gegend die eine oder andere Sünde versteckt, ist es nicht so?«
    »Wir sind und bleiben auch nur Menschen, Agius.«
    Bruder Melchior hatte diese weisen Worte gerade ausgesprochen, als Agius wie angewurzelt stehenblieb und zu der kleinen Holzkirche starrte, die nun, leer und öd, vor ihnen lag.
    »Melchior, hast du das gesehen?«
    »Was soll ich gesehen haben, Bruder Agius?«
    »Da sind zwei Gestalten aus der Türe herausgekommen und im Wald verschwunden.«
    »Ich habe nichts dergleichen gesehen. Und wenn schon: Es
ist ein Gotteshaus. Vielleicht waren es Gläubige, die zum Beten hierher gekommen sind. Es mag unwahrscheinlich sein, aber die Wege des Herrn sind nun einmal unergründlich.«
    »Sie hatten es sehr eilig, Melchior. Eher waren es Räuber. Mir schien, dass der eine, der kleinere, den größeren an der Hand hinter sich herzog. Ein seltsames Bild.«
    »Nun, Bruder Agius, wie dem auch sei, gehen wir doch einfach hinein und schauen nach, ob tatsächlich etwas gestohlen wurde. Allein, dort herinnen ist rein gar nichts von materiellem Wert. Rein vollkommen gar nichts, außer vielleicht ein alter Kessel und verschiedene Holzkreuze.«

XXXIII
    W üst sah es aus auf dem Hofe des Hilger. Die gesamte Hofstelle lag voll modrigen Laubes aus dem vorigen Jahr, das Dach eines der vielen Grubenhäuser schien im Winter von den Schneemassen eingedrückt worden zu sein und fiel nun in sich zusammen, die Hühner und das übrige Federvieh, welches sich vor dem Hause herumtrieb, machte einen äußerst mageren und sehr zerrupften Eindruck. Hier fehlte es an einer starken Hand, das erblickten die Mönche sofort, als sie vor dem geschlossenen, geflochtenen Zauntor standen, welches den Rechts- und Friedensbereich des Anwesens von seiner unbewohnten Umgebung abgrenzte.
    »Gott sei mit dir, Frau Ada«, rief Melchior, als er nach einigen Augenblicken die noch hagerer gewordene Herrin des Hofes aus der Vordertür des Haupthauses treten sah. Sie hielt einen kleinen Flechtkorb in Händen und wurde von ihren beiden jüngsten Kindern verfolgt. Ada sah erstaunt zu den Besuchern herüber und beeilte sich dann, zu ihnen zu gehen, um ihnen das Tor zu öffnen, welches sie mit Leichtigkeit auch selbst von außen hätten erledigen können. Doch eines hatten die beiden Franken gelernt: Sein eigener, privater Grund war dem Sachsen heilig. Er war ein famoser Gastgeber, aber nur dann, wenn er demjenigen, der zu ihm kam, auch ausdrücklich die Erlaubnis gegeben hatte, seinen Besitz zu betreten.
    »Habt ihr eine Nachricht für mich?«, fragte Ada erschrocken.

    Agius blickte sie irritiert an. Sie war ganz bleich und wahrlich furchtbar dünn geworden. Die ihr obliegenden Aufgaben und die Verantwortung sowie der Kummer, den sie in den letzten Monaten hatte ertragen müssen, lasteten offenbar schwer auf ihr. Nicht zu vergessen die Ungewissheit, welche mit Sicherheit die größte Sorge dieser bemitleidenswerten Frau darstellte.
    »Welche Nachricht erwartest du von uns, Frau Ada?«, fragte Agius.
    Sie gab keine Antwort, sondern schaute ihn nur aus ihren durchaus schönen, sehr großen, graubraunen Augen an. Hätte diese Frau ein anderes, weniger beschwerliches, sorgenfreies Leben führen dürfen, dann wäre sie sicherlich eine Schönheit gewesen. Jetzt aber war sie abgekämpft und frühzeitig gealtert, obwohl sie sicherlich nicht viel mehr als dreißig Jahre zählte.
    »Mein Mann ist fort«, sagte sie schließlich leise.
    »Wie kann das sein? Wir hörten, er sei ein wenig umnebelt, nicht mehr er selbst. Wird er sich etwa verlaufen haben?«, wollte Agius wissen.
    »Wir wissen es nicht. Haben schon überall gesucht. Er ist fort. Und sicherlich seid ihr wieder einmal in der Absicht gekommen, den herrenlosen Hof für euer Kloster in Besitz zu nehmen, ist es nicht so?« Sie flüsterte diese deutlichen Worte in einem vollkommen

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