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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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wenn es Mundraub ist, als schweres Verbrechen und wird mit Auspeitschen geahndet.«
    »Aber doch nicht bei Kindern.«
    Vikrama nickte traurig. »Doch, auch bei Kindern. Sie nehmen weder Rücksicht auf das Geschlecht noch das Alter des Diebes.«
    Erschüttert schüttelte Grace den Kopf. »Und woher wissen Sie das mit dem Mädchen?«
    »Die Kleine hat es mir vorhin erzählt. Sie ist die Tochter von ein paar Freunden, die ich gerade besucht habe. Deshalb sind Sie mir begegnet, ich war gerade auf dem Weg nach Hause.«
    Jetzt lächelte Vikrama wieder und ließ ihre Arme los. Obwohl er nicht fest zugepackt hatte, spürte Grace seine Hände immer noch, und ein seltsames Gefühl der Erregung durchzog sie.
    »Ich verspreche, er wird von mir nichts erfahren«, sagte sie, und bevor Vikrama darauf etwas entgegnen konnte, setzte sie rasch hinzu: »Aber Sie müssen mir versprechen, vorsichtig zu sein. Die Strafe dafür, dass man Sie entdeckt, ist sicher noch schlimmer als die für Diebe.«
    »Keine Sorge, Miss Grace, solange niemand erfährt, was ich treibe, wird mich auch niemand bestrafen. Aber jetzt sollte ich Sie besser wieder zum Haus begleiten. Ich kann mir vorstellen, dass man Sie auf der Ballgesellschaft bereits vermisst.«
    Während sie schweigend den Weg zurückgingen, fragte sich Grace, ob ihr Fehlen bereits bemerkt worden war. Wahrscheinlich hatten ihr Vater und ihre Mutter so sehr mit den Stocktons zu tun, dass dies nicht der Fall war. Und Victoria würde sich inzwischen sicher mit irgendwelchen Kindern verbrüdert haben und schlimmstenfalls versuchen, die Dienstmädchen zu ärgern oder an Wein heranzukommen.
    »Ah, Mr Vikrama, Sie haben meine Tochter gefunden!«
    Grace zuckte zusammen, als sie ihren Vater auf sich zukommen sah. Obwohl sie nichts Unrechtes getan hatten, überkam sie nun die Sorge, dass er sich irgendwelche Gedanken gemacht haben konnte.
    »Mir war nicht gut«, erklärte sie schnell. »Ich musste einen Moment an die frische Luft.«
    »Und Mr Vikrama hat dabei für deine Sicherheit gesorgt.«
    »Ich war auf dem Weg nach Hause, Sir«, sagte er ruhig und pflichtbewusst. »Ich hatte mir erlaubt, ein paar Freunde in den Pflückerschuppen zu besuchen. Da Ihre Tochter ein wenig verloren wirkte, habe ich ihr meine Gesellschaft ange­boten.«
    »Das war sehr freundlich von Ihnen. Komm, Grace, ich möchte dich gern ein paar Leuten vorstellen.«
    Als Grace sich zu Vikrama umwandte, verneigte er sich leicht und zog sich, nachdem er ihr einen eindringlichen Blick zugeworfen hatte, zurück.
    Nun sah sie, dass Stockton hinter ihrem Vater aufgetaucht war und die Unterredung mit angehört hatte. Sein Lächeln wirkte teilweise grimmig, teilweise spöttisch, und Grace konnte sich denken, was der Grund war. Damals, als er Victoria beinahe über den Haufen geritten hatte, hatte sie auf seine Begleitung verzichtet, und nun ließ sie sich von einem Tamilen Gesellschaft leisten. Grace tat, als bemerke sie es nicht, doch Stocktons Blick bohrte sich wie ein Pfeil zwischen ihre Schulterblätter.
    Im Ballsaal fühlte sich Grace auf einmal vollkommen fehl am Platz. Sie lächelte, wie es von ihr erwartet wurde, ließ ein paar Bemerkungen fallen, doch immer dann, wenn man sie nicht in Anspruch nahm, wanderte ihr Blick zu den Fenstern, gegen die sich die Dunkelheit wie ein großes Tier lehnte.
    Ist er jetzt wieder bei den Kampfübungen?, fragte sie sich. Wie gern wäre sie jetzt dort draußen und würde ihm zusehen! Doch abgesehen davon, dass sie ihn und sein Geheimnis damit in Gefahr gebracht hätte, hätte ihr Vater sie auch nicht wieder verschwinden lassen. Immer wieder zogen entweder er oder ihre Mutter Grace mit sich, um mit den Leuten zu sprechen. Letztlich konnte Grace den Namen schon keine Gesichter mehr zuordnen, weil es einfach zu viele waren, die sie sich hätte merken müssen.
    Nach schier unzähligen Stunden hatte der Empfang ein Ende. Die Stocktons verabschiedeten sich, allerdings nicht, ohne dass Dean ihrem Vater noch einmal Komplimente für seine »schönen Frauen« machte und versprach, bald wiederzukommen. Auch die anderen Gäste gingen; einige Damen lachten beschwipst, während so mancher Mann lief wie ein Matrose auf einem altmodischen Teeklipper.
    »Stocktons Tochter ist vollkommen langweilig«, beschied Victoria, als sie zu ihrem Zimmer schlenderten. »Hast du ­gesehen, wie blass sie ist? Das kommt von den vielen Krankheiten, die sie hatte. Der Arzt ist Dauergast bei ihnen.«
    Grace, die gar nicht richtig

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