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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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zugehört hatte, antwortete lediglich mit einem »Hm«.
    »Du fragst dich jetzt vielleicht, woher ich das weiß. Eine ihrer Eigenheiten ist es, damit zu prahlen, welches Leiden sie wieder auf ihr Bett gezwungen hat. Im Moment, meinte sie, leide sie an Schwindelanfällen und falschem Herzrhythmus, eigentlich hätte sie gar nicht mitkommen wollen, aber ihre Mutter hat darauf bestanden.«
    Die Worte zogen an Grace nur so vorbei, selbst dann noch, als sie ihr Zimmer betreten hatten und sich aus ihren Kleidern schälten.
    »Mary Cahill ist da schon wesentlich interessanter. Hast du die Tochter von Mr Cahill gesehen?«
    Grace schüttelte mechanisch den Kopf, als diese Worte zu ihr durchdrangen.
    »Ich sage dir, die wird keine Probleme haben, sich den richtigen Ehemann zu angeln. Nur gut, dass wir keine Jungs sind, sonst hätte sie sich bestimmt an einen von uns herangemacht.«
    Als sie merkte, dass ihre Schwester ihr nicht zuhörte, verstummte Victoria und wandte sich ihr zu. »Ist etwas mit dir? Du bist so schweigsam.«
    »Nein, es ist nichts. Ich bin nur hundemüde, Vater und Mutter haben mich wirklich bei jedem Gast persönlich vorgestellt. Ich könnte dir nicht einmal mehr sagen, welcher Sohn oder welche Tochter zu welcher Familie gehört.«
    »Na, wenn es um die Söhne geht, so haben sich deine Chancen, nicht bei den Stocktons einheiraten zu müssen, durch diesen Ball beträchtlich erhöht, glaube ich.« Victoria lachte kurz auf, als sie jedoch sah, dass ihr Scherz nicht zu Grace durchgedrungen war, setzte sie sich neben ihrer großen Schwester auf die Bettkante.
    »Wo warst du eigentlich, als Vater dich draußen suchen ­gegangen ist?«
    »Spazieren«, gab Grace zurück, und während sie die Knöpfe ihres Kleides öffnete, wünschte sie sich nur, endlich im Bett zu liegen oder allein am Fenster zu sitzen, um nachdenken zu ­können.
    »Spazieren? Allein in der Dunkelheit?« Victorias Augen weiteten sich, als hätte sie etwas Furchtbares erblickt. »Dich hätte ein Unhold erwischen können.«
    »Aber doch nicht hier. Die Einzigen, die zum Unhold ­taugen, befanden sich im Ballsaal. In den Teeschuppen war alles ruhig, und ich bezweifle, dass es hier so was wie Teegeister gibt.«
    »Das kannst du nicht wissen!« Victoria hob mahnend den Zeigefinger in die Höhe. »Jeder Ort hat seine Geister, dieser hier bestimmt auch. Vielleicht streift Onkel Richard des Nachts durch die Teefelder, um seinen Besitz zu betrachten.«
    Der unheilvolle Ton, den ihre Schwester so meisterhaft ­beherrschte, wenn sie den Inhalt eines ihrer Gruselromane wiedergab, ließ Grace unwillkürlich einen Schauer über den Nacken streichen. »Unsinn«, sagte sie schließlich und erhob sich, um aus dem Kleid zu steigen. »Onkel Richard spukt hier nicht. Sonst hätte er sich uns schon gezeigt. Geister wollen Publikum, vergiss das nicht.«
    Grace küsste ihrer Schwester die Stirn, dann entledigte sie sich der restlichen Röcke, bis sie, nur noch mit Leibchen und Unterhose bekleidet, unter die Bettdecke schlüpfte. Ihre Schwester gab daraufhin seufzend auf und begab sich ebenfalls ins Bett.
    In dieser Nacht jedoch setzte Grace sich nicht ans Fenster. Mit weit offenen Augen starrte sie an die einfache, weißgetünchte Zimmerdecke und spürte den Fragen nach, die sich in ihrem Verstand wanden.
    Die wichtigste von ihnen hätte sie Vikrama am liebsten schon dann gestellt, als sie mit ihm durch den Park gegangen war. Hatte er eine Frau? Oder eine Braut?
    Verwirrt stellte sie fest, dass sie beinahe so etwas wie Eifersucht spürte, obwohl sie doch gar nicht wusste, wie die Antwort lautete.
    Damit diese beiden Frauen aus ihrer Fantasie sie nicht noch weiter durcheinanderbrachten, versuchte sie sich vorzustellen, wie diese seltsame Kampfkunst aussehen würde. Fochten sie wie die Ritter? Oder kämpften sie eher wie bei diesen Ringkämpfen in den Hinterhöfen Londons? Natürlich hatte sie dergleichen noch nie beobachten können, Victorias reiße­rische Romane hatten allerdings ausgereicht, um ihre Fan­tasie zu entfachten. Von seltsamer Erregung erfasst, schloss sie die Augen und glitt in einen unruhigen Schlaf voller Träume von seltsamen Männern in noch seltsameren weißen Gewändern.
    In den nächsten Wochen suchte Grace beständig nach Möglichkeiten, das Leben der Pflückerinnen kennenzulernen, die Umgebung zu erkunden und dabei zufällig auf Vikrama zu treffen, von dem sie das Gefühl hatte, dass unter seinem Pflichtbewusstsein nach und nach auch sein

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