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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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»Wissen Sie, was das zu bedeuten hat?«
    Mr Green schüttelte den Kopf. »Nein, woher sollte ich? Ihre Tante hat mir nichts über die Hintergründe verraten, nur die Spuren in die Hand gedrückt und mir die Weisung ge­geben, sie gut dosiert anzubringen. Aber wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf, da der Grabstein wohl nicht in England steht, sollten Sie mit dem Gemälde beginnen.«
    »Sie meinen, ich soll es abhängen?« Diana blickte fragend zu Jonathan, der eine Unschuldsmiene zog.
    »Warum nicht? Ich glaube, das Stück Wand darunter möchte auch mal wieder Licht sehen.«
    Mit pochendem Herzen verließ sie die Küche, gefolgt von Jonathan und Mr Green. Als sie vor dem Bild stand, das den vertrauten Moment zwischen zwei Schwestern und ihrer Mutter so meisterhaft eingefangen hatte, zitterten ihre Hände so stark, dass sie zunächst nicht glauben konnte, es jemals zu berühren. Was würde sie hier finden? Noch ein paar Aufzeichnungen? Sie zögerte. Was würde noch ans Licht kommen?
    »Keine Angst, Diana, es ist doch nur die Wahrheit, die auf dich wartet«, schien ihre Tante ihr zuzuwispern. Dann war es, als würden fremde Hände ihr helfen, die eigenen zu heben. Die Hände von Grace, Victoria und Emmely. Vorsichtig ließ sie ihre Finger unter den schweren Rahmen gleiten, dann hob sie das Bild an.
    Als Erstes fiel ihr ein alter Zeitungsartikel entgegen, den die Zeit in seinem Versteck so dünn gemacht hatte, dass er wie eine Feder zu Boden schwebte. Jonathan hob ihn auf und las: »Calypso in Seenot – deutscher Frachter kommt englischem Postschiff zu Hilfe.«
    »Calypso?«, fragte Diana, denn der Name ließ etwas in ihr klingeln. War das nicht das Schiff, das Cahill in seinen Notizen erwähnt hatte? Sie würde gleich noch einmal nachsehen.
    Als sie mit Jonathan das Bild herumdrehte, entdeckte sie in dem uralten Keilrahmen ein weißes Blatt, nein vielmehr war es weißer Zeichenkarton, wie er auch heute noch für Radierungen und Pastelle verwendet wurde.
    Mit dem Gefühl, ihren Puls im gesamten Körper zu spüren, drehte sie das Blatt um, dann schlug sie die Hand vor den Mund.
    »Das ist das Gesicht des Engels!«
    Die sehr lebensecht wirkende Zeichnung war mit demselben Schmetterling signiert, den sie auf dem Fensterbrett in Vannattupp u cci gefunden hatte – und hinter dem Victorias Geständnis gesteckt hatte. Daneben standen die Buchstaben V. T. »Victoria muss ihn gezeichnet haben, doch woher …«
    Plötzlich dämmerte es ihr. Nicht der Engel war die Vorlage für das Bild gewesen. Vielmehr war das Bild Vorlage für den Engel gewesen!
    »Wäre es möglich, dass dieser Mann … Vikrama ist?‹«
    Sie blickte sich zu Jonathan um, der die Zeichnung genau betrachtete.
    »Möglich wäre es schon, denn dieser Mann hat eindeutig indische Züge.«
    »Aber hier hat er einen Bart und als Engel …«
    »Ich habe noch nie einen bärtigen Engel gesehen!«, wandte Mr Green ein. »Aber höchstwahrscheinlich hat sich Mrs Woodhouse die künstlerische Freiheit genommen, ihn zu ­rasieren.«
    »Das hieße dann also, dass Vikrama über Beatrice wacht?«
    »Ein schöner Gedanke, nicht wahr?«
    »Ja, ein sehr schöner.«
    »Und eine schöne Wiedergutmachung dafür, dass Beatrice die ewige Ruhe bei ihren Vorfahren von Deidre verwehrt worden war, weil diese offenbar auf Seiten des Großvaters stand und Grace ebenso als Ausgestoßene sah wie er.«

Epilog

    Polen, 2009
    Es hatte ein Weilchen gedauert, bis sie den Friedhof ausgemacht hatten, auf dem sich das Grab befinden sollte. Das erste Foto von Mr Green, der letzte Hinweis, war keine besonders große Hilfe gewesen, denn der Krieg und sechs weitere Jahrzehnte hatten das Gesicht der Gegend verändert. Der kleine Dorffriedhof war nahezu in Vergessenheit geraten. Nachdem die Deutschen fort waren, hatten die Einheimischen ihrem Zorn über das, was ihnen deutsche Truppen angetan hatten, freien Lauf gelassen. Das Dorf war verschwunden, doch die Grabsteine hatte man glücklicherweise nicht angetastet. Entweder aus Aberglauben oder in dem Wissen, dass Tote keine Forderungen mehr stellen konnten.
    Dianas Blick schweifte über das Eingangstor, dessen Gitter schon seit vielen Jahren verschwunden waren, wie der Rost an den Scharnieren bewies. Die aus Feldsteinen gemauerten Pfeiler ragten wie die Finger eines Riesen aus dem Boden.
    Da es niemanden gab, der sich um die Hecke kümmerte, wucherte sie wild und hüllte, wie im Märchen vom Dornröschen, alles ein.
    Das Grabkreuz stand ein wenig

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