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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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zanken?«
    Ein bitteres Lächeln huschte über sein Gesicht.
    Diana fragte sich unwillkürlich, ob er je versucht hatte, ­ihrer Tante näherzukommen. Selbst als sie verwitwet war, war Emmely doch jung genug gewesen, um sich zumindest einen Liebhaber zu leisten.
    »Ich erinnere mich noch gut an Ihre Großmutter, Miss Diana«, sagte der Arzt, nahm dann einen Schluck und schloss schwelgend die Augen. »Was für ein wunderbarer Tee! Wie stehen die Chancen, dass Mr Green mir seine Bezugsquelle verrät?«
    »Da müssen Sie ihn selbst fragen.«
    Sayers stieß einen zweifelnden Laut aus. »Ich bezweifle, dass er das tun würde, der alte Geheimniskrämer. Klingt sicher komisch, wenn ich das sage, wo ich doch noch gut dreißig Jahre älter bin als er.« Er lachte auf und nahm dann noch einen Schluck.
    »Ach ja, Ihre Großmutter«, setzte der Arzt dann wieder dort an, wo der Tee ihn unterbrochen hatte. »Was für ein hübsches Ding sie doch war! Ich bin ihr in der Nacht, nachdem sie hier angekommen war, begegnet.«
    Ein winziger Teil ihrer Familiengeschichte war Diana bekannt. Ihre Vorfahrin Grace und ihr Ehemann hatten in Ostpreußen, jenem Teil, der nun zu Polen gehörte, Ende des 19. Jahrhunderts ein Haus an der Ostsee gebaut. Bei der Flucht 1945 waren Beatrices Ehemann und ihre Mutter ­Helena, Graces Tochter, ums Leben gekommen. Dianas Groß­mutter hatte sich irgendwie nach England durchgeschlagen, schwanger und halb verhungert. Emmelys Mutter hatte sie hier aufgenommen, als das Gutshaus noch als Lazarett diente.
    »Obwohl sie aufgrund ihres Zustandes nicht viel im Lazarett helfen konnte, hat sie sich doch bemüht, zuzupacken und uns zur Seite zu stehen. Auch wenn Deidre das nicht gern gesehen hat.«
    Seine Augen schienen nun wieder in die alte Zeit zu wandern, jene Zeit, in der er ein junger Mann war und wahrscheinlich der Schwarm vieler Mädchen.
    »Sie sollte sich wegen ihres Zustandes schonen, nehme ich an.«
    »Das zum einen, und zum anderen schien Deidre ihr nicht zu vertrauen. Immerhin gab es keinen Beweis ihrer Herkunft. Nur einen Brief.«
    Diana wurde hellhörig. »Einen Brief?«
    »Ja, etwas, das sie bei sich trug. Einen Brief, den ihr ihre Mutter mitgegeben haben soll. Ich selbst habe ihn nicht gesehen, doch ich habe Deidre und Emmely davon reden hören. Das war offenbar der einzige Strohhalm, an den sich Beatrice halten konnte. Sonst hätte Deidre sie wohl fortgeschickt.«
    »Und Emmely?«
    »Oh, die war von Anfang an vernarrt in Beatrice, sah in ihr wohl so etwas wie eine ältere Schwester.«
    Die Männerherrschaft wurde zu einem Matriarchat, schlichen Mr Greens Worte wieder durch Dianas Kopf.
    »Auf jeden Fall waren Emmely und Beatrice von Anfang an unzertrennlich, was zunächst wohl eher von Emmely ausging, die es sich in den Kopf gesetzt hatte, der Verlorenen etwas Gutes zu tun. Beatrice war sehr in sich zurückgezogen, wahrscheinlich wurde sie von Erinnerungen an die Flucht gequält. Erst nach einigen Monaten wurde sie etwas zugänglicher. Das, was sie erlebt hatte, vertraute sie niemandem an, doch es verlieh ihr eine Stärke, die ihre gesamte Gestalt noch schöner und strahlender wirken ließ.«
    Ein entrücktes Leuchten erschien in den Augen des Arztes, das kurz darauf von einem Schatten vertrieben wurde. »Bea­ trices Tod bei der Geburt ihrer Tochter Johanna war für uns all e ein großer Schock. Hin und wieder war sie schwächlich gewesen, doch das schoben wir auf die Entbehrungen der Flucht und auf die Schwangerschaft. Auch wenn wir hier einigermaßen gut versorgt waren, reichte es nicht, um Fett anzusetzen.«
    Diana umschlang ihre Schultern. Die Geschichte des ­Todes ihrer Großmutter war nie ein Thema bei ihnen gewesen. ­Emmely erzählte sie niemandem, und ihre Mutter kannte sie nicht. Damit, sie jetzt zu hören, hätte Diana nicht gerechnet. »Während des Pressens kam es auf einmal zu einer unver­mutet starken Blutung. Die Hebamme und ich waren vollkommen ratlos. Wir vermuteten einen Riss im Gewebe, hofften, die Blutung durch eine Operation stoppen zu können. Nachdem das Kind geboren war, kämpfte ich noch eine Stunde um sie, doch vergebens. Der Blutverlust war zu hoch.« Sayers’ Schultern, die sich plötzlich angespannt hatten, als stünde er noch immer im OP-Saal, fielen schlaff herunter. »Als ich ihre Leiche obduzierte, bemerkte ich, dass sie einen Granatsplitter im Leib hatte. Keine Ahnung, warum er ihr nie aufgefallen ist. Denkbar ist, dass er nicht bemerkt wurde, im Körper

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