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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Vorbereitung auf das Treffen mit Jonathan Singh unternahm Diana am nächsten Vormittag eine geführte Tour durch die Stadt, die sie ins Museum und in einige sehr schöne Tempel brachte, die sie mit ihrer Kamera festhielt. Wie sie richtig vermutet hatte, handelte es sich bei den Palmblattmanuskripten im Museum nicht um Weissagungen, sondern um Erzählungen und Geschichtsaufzeichnungen, wie ihr Führer, Mr P. Suma, erklärte. Obwohl er recht gutes Englisch sprach, schwirrte Diana schon bald der Kopf von den zahlreichen tamilischen Bezeichnungen und Namen, die er aufzählte, als es um die Geschichte seines Landes ging.
    Um sich von der kurzen Fahrt in einem der halsbrecherisch fahrenden roten Minibusse abzulenken, dachte Diana an den kommenden Abend und verspürte eine vorfreudige Erregung. Nicht nur, weil sie sich Informationen über das Palmblatt erhoffte, irgendwie freute sie sich auch, Jonathan Singh wiederzusehen.
    Als sie in der vergangenen Nacht ihr Gespräch noch einmal rekapituliert hatte, war ihr aufgefallen, dass er ein sehr sympathischer und humorvoller Mann war. Und wieder waren ihr seine Augen in den Sinn gekommen, die sie wunderschön ­gefunden hatte. Unsinnigerweise versuchte sie sich vorzustellen, wie diese Augen in unterschiedlichen Situationen dreinblicken würden.
    Zurück im Hotel, nach einer Dusche und einigen Augenblicken Ruhe, stand sie ratlos vor ihrem Spiegel und war der festen Überzeugung, zu wenig an Kleidern mitgenommen zu haben. Sie wollte einen möglichst guten Eindruck auf Mr Singh machen. Auch wenn der sich wahrscheinlich nur für ihre Fotos interessierte.
    Ihre Wahl fiel schließlich auf einen knielangen, weit schwingenden weißen Rock, der am Saum mit einem Blütenmotiv bestickt war, und auf eine kurzärmelige schwarze Bluse.
    Wie sie von Mr P. Suma erfahren hatte, wurden T-Shirts zwar geduldet, aber man sah sie hier nur als ordentliche Kleidung für Kinder an. Da sie das Hotel verlassen würden, wollte sie auf keinen Fall durch schludrige Kleiderwahl auf sich aufmerksam machen.
    Nachdem sie einen dezenten Duft aufgelegt und die Fotos samt einem Notizbuch in der Tasche verstaut hatte, begab sie sich in die Lobby, in der gerade eine Reisegruppe angekommen war. Suchend reckte sie den Hals, konnte Singh aber nicht finden. Ihr Blick wanderte zur Uhr oberhalb des Empfangstresens. Fünf vor acht. Wahrscheinlich ist er pünktlich. Oder ein bisschen zu spät, was bei seinem Job kein Wunder wäre.
    Als sie die Blicke einiger männlicher Reiseteilnehmer gewahrte, begab sie sich zu der Sitzgruppe, die wie vieles andere hier im spätviktorianischen Kolonialstil gehalten war. Das Stimmengewirr auszublenden gelang ihr ebenso wenig, wie ihre Nervosität unter Kontrolle zu bekommen.
    Was würde sie an diesem Abend erwarten?
    »Miss Wagenbach?«
    Diana blickte überrascht auf. Jonathan Singh stand neben ihr wie plötzlich aus dem Boden gewachsen.
    »Oh, hallo!«, entgegnete sie ein wenig verlegen, während sie sich erhob und ihm die Hand reichte. »Schön, Sie zu sehen, Mr Singh.«
    »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite. Ich hoffe, Sie warten noch nicht allzu lange.«
    »Nur ein paar Minuten.« Diana lachte verlegen. »Deutsche Pünktlichkeit, Sie wissen schon.« Kaum hatte sie das gesagt, hätte sie sich ohrfeigen können. Schlimm genug, dass dieses Klischee immer noch am Leben war. Doch Singh schmunzelte darüber nur.
    »Was halten Sie davon, wenn wir nach Pettah gehen? Wie Sie feststellen werden, ist die Stadt zu Nachtzeiten recht ruhig, aber in Pettah erwacht der große Bazar erst am Abend. Dort finden wir sicher ein Restaurant, in dem Sie die Küche Sri Lankas unverfälscht kennenlernen können.«
    »Das klingt sehr gut«, gab Diana zurück, worauf sie das Hotel verließen und dann zu Fuß durch die Stadt gingen.
    Tatsächlich hatte sich der Verkehr auf den Straßen ein wenig beruhigt. Da auch die Zahl der Passanten abnahm, konnte man einen Blick auf die Straßen werfen, auf denen Früchte vor sich hin faulten und kleine Hunde auf der Suche nach Futter waren. Einige Schlaglöcher waren so tief, dass man sich wunderte, dass keine größeren Unglücke geschahen. Dennoch wirkte hier alles freundlicher als in einer unbelebten deutschen Straße, wo Häuser mit leeren Augen auf den makellosen bis geflickten Asphalt blickten.
    »Wie ist das Gespräch mit Ihrem Verleger verlaufen?«, fragte Diana, als sie das Hotel hinter sich gelassen hatten.
    »Besser, als ich erwartet hätte«, gab Jonathan

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