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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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verstarb, war Tremayne House an ihm hängen geblieben. An ihm, der sich grollend vorstellte, wie sein Bruder in der Fremde seine Freiheit genoss und Abenteuer erlebte, die ihm für immer verschlossen sein würden, weil er die Kette mit sich herumschleppte, die Richard zugedacht gewesen war.
    Ein Klopfen riss Henry aus seinen Überlegungen fort. Der Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es Zeit für seine Verabredung war.
    »Herein!«, rief er, während er sich hinter den Schreibtisch stellte.
    Beim Eintreten straffte sich Mr Vikrama sichtlich und neigte dann grüßend den Kopf. »Guten Morgen, Sir, ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Nachtruhe.«
    »Darauf kann ich Ihnen nur antworten, was ich auch schon meinem Butler heute Morgen erzählt habe: Ich habe geschlafen wie ein Stein und hätte mich im Schoße meiner Mutter nicht wohler fühlen können.« Als er dem jungen Mann die Hand reichte, umzuckte dessen Lippen ein kleines Lächeln. Henry bemerkte, dass sein Blick zum Fenster abschweifte, doch als er sich umwandte, konnte er nichts entdecken.
    »Das freut mich zu hören, Sir«, sagte Vikrama, während seine Miene wieder ernst wurde. »Einige Europäer haben ­anfangs Probleme mit den klimatischen Verhältnissen des Landes.«
    »Wir hatten in Colombo etwas Zeit, uns einzugewöhnen. In der ersten Nacht in diesem Land war ich so müde, dass ich neben einer Schiffsturbine hätte schlafen können. – Setzen Sie sich doch.«
    Henry deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch. Mit einer Geschmeidigkeit, die ihm selbst über die Jahre verloren gegangen war, setzte sich sein Besucher.
    »Sie sind also so eine Art Vormann auf der Plantage.«
    »Das kann man so nennen. Ihr Bruder bestellte mich in seiner Güte dazu.«
    Henry betrachtete ihn eine Weile. Kaum zu glauben, dass dieser kultivierte und offenbar kluge Mann der Sohn eines Arbeiters und einer Tamilin war!
    »Seit wann standen Sie in den Diensten meines Bruders?«
    »Seit ich vierzehn bin«, antwortete Vikrama. »Aber auf der Plantage lebe ich schon, seit ich ein Kind war. Meine Mutter hat hier als Pflückerin gearbeitet, Sir Richard hat mich ­zusammen mit anderen Kindern in die Schule geschickt, damit wir schreiben und lesen lernen. Er war der Meinung, dass ihm kluge Mitarbeiter mehr nützen würden als ungebildete – besonders bei so einem sensitiven Geschäft wie Tee. Ich glaube, auf diese Idee hat ihn Mr Taylor gebracht, von dem er die ersten Teepflanzen erwarb.«
    Henry erinnerte sich noch gut daran, dass Richard James Taylor in einem seiner ersten Briefe erwähnt hatte. Damals, als er noch versucht hatte, um Verständnis für seinen Entschluss zu werben und zumindest die Zuneigung seines Bruders zu behalten.
    Henry hatte vorgegeben, sich nicht dafür zu interessieren, doch der Brief, den er immerhin einmal gelesen hatte, war so gut in seinem Verstand haften geblieben, dass er noch immer wusste, dass James Taylor mit einer Kiste Setzlingen aus Kalkutta nach Ceylon gereist war, um dem damals noch üblichen Kaffeeanbau Konkurrenz zu machen. Das Schicksal war ihm hold gewesen, aus Kaffeebauern wurden Teebauern, und mit t­lerweile breiteten sich die Anbaugebiete immer weiter aus.
    Die Erinnerung beiseiteschiebend räusperte sich Henry, dann sagte er: »Und wo hat mein Bruder diese ausgebildeten jungen Leute beschäftigt?«
    »Vorwiegend in der Verwaltung. Es sei denn, ein Schüler hat sich dumm angestellt.« Eine ferne Erinnerung ließ ­Vikrama kurz lächeln. »Meine Mutter hat mich stets dazu ­angehalten, der Beste zu sein. Nur so würde ich es zu etwas bringen. Natürlich haben alle anderen sie für verrückt gehalten, doch Sir Richard hat meine Fähigkeiten erkannt und gefördert. Nur durch ihn bin ich zu dem Mann geworden, der vor Ihnen sitzt, und von daher bedaure ich sein furchtbares Schicksal sehr.«
    »Das tun wir alle.« Henry faltete die Hände vor sich auf der Tischplatte, als wollte er beten. Die unbekannte Seite an seinem Bruder verwirrte ihn genauso wie dieser Junge vor ihm, dessen Fähigkeiten offenbar über normale Schulbildung hinausgingen. »Aber ich versichere Ihnen, dass der Geist meines Bruders hier weiterleben wird. Gibt es diese Schule, von der Sie gesprochen haben, noch?«
    Vikrama nickte. »Ja, Sir, einer meiner ehemaligen Klassenkameraden führt sie und bringt den tamilischen Jungen alles bei, was sie wissen müssen.«
    »Und die Singhalesen?«
    Ein leichter Ausdruck von Verachtung erschien in Vikramas Augen. »Die wollen lieber unter

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